Immer wieder vergleichen Medienberichte die in Deutschland durch das Embryonenschutzgesetz verbotene Eizellspende mit Samenspenden und stellen das Verbot als unfaire Ungleichbehandlung dar. Auch bei der diesjährigen Tagung des Ethikrats wird das Verbot der Eizellspende (neben Leihmutterschaft) diskutiert werden. Aber ist eine Eizellspende wirklich mit einer Samenspende vergleichbar? Aus unserer Sicht sprechen gute Gründe für die Beibehaltung des Verbots. Sollte Eizellspende in Deutschland trotzdem zugelassen werden, dann nur unter umfangreichen begleitenden Regelungen in einem Fortpflanzungsmedizingesetz.
Gesetzgeber möchte mit Verbot gespaltene Mutterschaft verhindern
Nach der Begründung des Embryonenschutzgesetzes aus dem Jahr 1989 (Bundestags-Drucksache11/5460) soll mit dem Verbot der Eizellspende eine Aufspaltung der Mutterschaft in eine genetische Mutter – die Eizellspenderin – und eine austragende Mutter verhindert werden. Der Gesetzgeber befürchtet, dass diese gespaltene Mutterschaft zu besonderen Schwierigkeiten bei der Selbstfindung des Kindes führt und negative Auswirkungen auf die seelische Entwicklung hat, weil dieses entscheidend sowohl durch die von der genetischen Mutter stammenden Erbanlagen als auch durch die enge während der Schwangerschaft bestehende Bindung zur austragenden Mutter geprägt wird.
Unterschiede zur Samenspende
Einige unserer Mitglieder können diesen Grund gut nachvollziehen. Der Unterschied zur Samenspende ist, dass das Kind bei einer Eizellspende genetisch von der einen Mutter abstammt, während die andere Mutter durch das Austragen ganz existenziell dazu beigetragen hat, dass sich der Embryo zu einem ausgewachsenen Menschen entwickelt. Beide Mütter übernehmen also biologische, existenzielle Komponenten, während bei der Samenspende die Aufteilung in biologisch und sozial klar ist. Diese Aufspaltung empfinden einige von uns als deutliche Herausforderung für das Selbstbild. Diese könnte noch schwieriger dadurch werden, dass die Bindung zur Mutter eine andere als zum Vater ist.
Auch halten einige von uns die Eizellspende für schwieriger, weil sie künstlicher als eine Samenspende ist. Bei der Samenspende hat die Mutter ein Kind mit einem anderen Mann (wenn auch ohne sexuellen Akt), während bei der Eizellspende die Eizelle einer anderen Frau eingepflanzt wird, wo sie auf natürlichem Wege nicht herangewachsen wäre.
Andere Mitglieder von Spenderkinder sehen die gespaltene Mutterschaft bei einer Eizellspende nicht grundsätzlich als Problem, so lange die Eltern – wie sie es bei der Samenspende sollten – von Anfang an offen mit dieser Entstehungsweise umgehen und die Eizellspenderin gegenüber dem Kind nicht anonym ist.
Kommerzialisierung als besonderes Problem der Eizellspende
Ein weiterer sehr bedenklicher Aspekt bei der Eizellspende ist jedoch die mögliche Kommerzialisierung. Die Entnahme von Eizellen ist ein nicht ungefährlicher medizinischer Eingriff, der eine belastende Hormonbehandlung zur Stimulierung der Eierstöcke und eine Entnahme unter Narkose erfordert. Die Hormonbehandlung kann in Extremfällen zu Nierenversagen und Thrombosen führen. In Spanien beträgt die „Aufwandsentschädigung“ für eine Eizellspende wegen dieser Risiken daher etwa 900 Euro. Eine solche Summe ist finanziell stark motivierend und stellt eigentlich keine Spende mehr dar. Für die „Spenderin“ kann die Inaussichtstellung einer solchen Summe dazu führen, dass sie nicht an die Folgen ihrer Spende (die Zeugung eines Kindes, das sie möglicherweise einmal kennenlernen möchte) und die Gefahren für ihren eigenen Körper denkt. Für uns Spenderkinder ist die Vorstellung außerdem belastend, dass unsere genetischen Eltern ihre Samen- oder Eizellen nur aufgrund des Geldes „gespendet“ haben.
Fortpflanzungstourismus kein Argument für Zulassung in Deutschland
Das Argument, nur bei einer Zulassung der Eizellspende in Deutschland könnte das Recht der betroffenen Kinder auf Kenntnis ihrerAbstammung gewahrt werden, weil deutsche Frauen dann keine zwingend anonymen Eizellspenden in Tschechien und Spanien mehr in Anspruch nehmen müssen, finden wir dagegen nicht überzeugend. Der Verstoß gegen ein Verbot kann nicht dazu führen, dass man diese Handlung erlaubt. Auch hat ein Verbot die Wirkung, dass die Betroffenen zumindest über den Grund des Verbots nachdenken und für die Umgehung einen deutlich höheren Aufwand betreiben müssen. Im Übrigen könnte der Reproduktionstourismus von Deutschland aus auch eingedämmt werden, indem das Verbot der ärztlichen Vermittlung stärker durchgesetzt wird und die Werbung von tschechischen und spanischen Kliniken über Internet-Suchmaschinen in Deutschland untersagt wird.
Wenn überhaupt, Zulassung in Deutschland nur unter strengen Voraussetzungen
Wenn Eizellspenden in Deutschland trotz dieser Bedenken zugelassen werden sollte, dann nur unter den folgenden Voraussetzungen:
- Um die Fehler nicht zu wiederholen, die bei der Samenspende gemacht wurden, kann das Verfahren nicht einfach zugelassen werden, sondern muss von umfassenden Regelungen im Rahmen eines Fortpflanzungsgesetzes begleitet werden.
- In diesem sollten die Forderungen umgesetzt werden, die wir für Samenspenden aufgestellt haben, insbesondere die Sicherung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung durch Eintragung der Spender in die Geburtsurkunde oder in einem unabhängigen Zentralregister, und eine vorherige verpflichtende Beratung für die Empfängerin.
- Zur Verhinderung der Kommerzialisierung der Eizellspende sollten nur unentgeltliche Eizellspenden zugelassen werden. So könnten zum Beispiel Frauen, denen Eizellen für eine In-vitro-Fertilisation entnommen werden, überzählige Eizellen spenden. Entsprechend der Regelungen bei Organspenden könnten außerdem Spenden von Verwandten und engen Freunden erlaubt werden, wenn diese über die möglichen emotionalen Komplikationen aufgeklärt wurden.
- Da Frauen – anders als Männer – natürlich nur bis zu einem bestimmten Alter schwanger werden können, sollte eine Altersgrenze für die Empfängerinnen festgelegt werden, um die Zeugung so natürlich wie möglich zu halten. Eine Eizellspende sollte außerdem nicht nur deswegen in Anspruch genommen werden, weil die Familienplanung zu lange aufgeschoben wurde.
- Eine Kombination von Eizell- und Samenspenden (fälschlicherweise teilweise als Embryonenspende bezeichnet) muss verboten werden. Kein Kind sollte zwei Spender als Eltern haben, die sich noch nicht einmal kannten, weil diese vollkommen künstliche Erzeugung sehr hohe Anforderungen an die Selbstfindung stellt.
- Werbung für anonyme Eizellspenden, wie sie im Moment zum Beispiel bei der Eingabe des Suchworts „Eizellspende“ bei Internet-Suchmaschinen erscheint, sollte verboten werden.
Meine Güte!
Was bin ich froh, dass es das Ausland gibt!!
Ja, es ist schon ärgerlich, dass man Reisen muss, um sich seinen Kinderwunsch erfüllen zu können. Andererseits: Selbst wenn die Eizellspende zu euren „Konditionen“ hier erlaubt wär, würd ich lieber ins Ausland fahren. Eintragung der Spenderin in die Geburtsurkunde… ich glaub echt, es hakt! Schon mal daran gedacht, dass auch die Spenderin vielleicht anonym bleiben möchte? Dass die Eltern vielleicht gar nicht aufklären wollen?
Muss man sich in diesem Land wirklich soooo zwanghaft in Familieninternas einmischen? Woher rührt dieses Bedürfnis eigentlich, anderen Menschen immer alles vorschreiben zu wollen? Das ist ja schon fast krankhaft in Deutschland.
Dass die Spenderdaten aufgehoben werden, okay.
Würde ich auch begrüßen.
Aber wenn die Eltern nicht aufklären wollen, dann wollen sie eben nicht.
Das ist dann eben auch mal zu akzeptieren und zu tolerieren!
Und was machen Paare, die auf Embryonenspende angewiesen sind?
Die dürfen sich ihren Kinderwunsch dann nicht erfüllen?
Also darf sich die Frau, die in die vorzeitigen Wechseljahre gekommen ist nicht in den ehemaligen Hodenkrebspatienten verlieben. Und wenn doch, dann sollen beide ihren Kinderwunsch eben ausschalten. Den Schalter umlegen, wie man das mit dem Lichtein- und -ausschalten auch macht.
Tolle Wurst!!
Schöne Grüße aus Prag,
Flummi
Besser hätten wir die bevormundende Haltung mancher Eltern selbst nicht ausdrücken können.
Kinder aus Eizell- und Samenspende haben ein Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung. Im Moment obliegt es noch den Eltern, zu entscheiden, ob ihr Wunschkind von seiner Entstehungsweise erfahren soll. Das ist eine Bevormundung des erwachsenen Kindes, die wir nicht einfach hinnehmen und akzeptieren. Eine Missachtung unseres Persönlichkeitsrechts sind nicht nur „Familieninterna“. Die Wunschkinder müssen insofern auch vor manchen Eltern geschützt werden. Deswegen setzen wir uns dafür ein, dass – genau wie bei Adoptierten – alle Menschen anhand eines Auszugs des Geburtsregisters mit 16 Jahren erfahren können sollen, wer die biologischen Eltern sind. Aus den gleichen Gründen kann es auch keine anonymen Spenden geben. Wer anonym bleiben möchte, sollte keine Kinder zeugen.
„Erfüllung des Kinderwunsches“ klingt, als würde man sich ein Auto kaufen. Ein Kind ist aber ein eigenständiger Mensch mit Rechten. Die reproduktive Selbstbestimmung des einzelnen Menschen endet dort, wo sie Rechte anderer verletzt. Jedem Menschen steht es frei, sich ein Kind zu wünschen und die Weichen zur Wunscherfüllung günstig zu stellen – ein Recht auf ein Kind gibt es jedoch nicht. Niemand „muss“ ins Ausland reisen, um sein vermeintliches Recht auf ein Kind umzusetzen. Das zu tun, ist eine bewusste Entscheidung von erwachsenen Menschen, die damit nicht nur Ländergrenzen überschreiten, sondern in der Regel auch die Persönlichkeitsrechte der entstehenden Menschen missachten, wenn Spenden dort nur anonym erfolgen. Niemand ist auf eine Embryonenspende angewiesen – man kann sich um eine Adoption oder Pflegschaft bewerben, oder genauer nachdenken, ob man wirklich bereit ist alle ethischen Grenzen zu überschreiten, um ein Kind zu bekommen.
Hallo Flummi,
ich stimme Dir voll und ganz zu! Mein Mann und ich haben uns dieses Jahr ebenfalls in Prag (durch EZS) unseren Kinderwunsch erfüllt und haben lange überlegt, ob wir unser Kind später einmal aufklären wollen. Nachdem wir die Seite www. spenderkinder.de eingehend „durchforstet“ haben, steht für uns fest, dass wir unser Kind NICHT aufklären werden, da es hier seltsamerweise viele Menschen zu geben scheint, die mit ihrer eigenen Entstehungsgeschichte nicht zurechtkommen, obwohl sie früh von ihren Eltern aufgeklärt wurden. Das steht in krassem Gegensatz zu den vielen schwammigen Empfehlungen, mit denen man im Netz geradezu überflutet wird… Da wird immer von einem „Recht“ auf Kenntnis der eigenen Abstammung gesprochen, aber was bedeutet denn dieses fiktive „Recht“ überhaupt? Was soll ein Mensch mit einem „Recht“ anfangen, das ihn ja offensichtlich eher belastet und unglücklich macht als dass es ihm etwas bringt? Also ist für mich die alles entscheidende Frage: Was wäre MIR lieber, ein glückliches Leben mit einer liebevollen Familie, auch wenn ich meine genetische Abstammung nicht kenne, oder das „Recht“ auf Kenntnis blah blah blah? Mein Mann und ich haben schließlich eine Antwort auf diese Frage gefunden und wir werden unser Baby in Liebe großziehen und mit der Überzeugung, dass es Situtationen im Leben gibt, in denen es besser sein kann, eben nicht die Wahrheit zu sagen. Das Wichtigste ist, dass unser Kind glücklich wird. Dass es froh ist, zu leben. Und froh, dass es die Person ist, die es ist! 🙂
LG
Chiara
Hallo Chiara,
Ihr Kommentar spiegelt eindrücklich die Macht der Wunscheltern wider. Wir Spenderkinder können nicht verhindern, dass sich auch weiter Eltern über die Rechte ihrer Kinder hinwegsetzen. Wir können lediglich auf die Rechte und Bedürfnisse der Kinder aufmerksam machen, sie trotzdem zu ignorieren steht allen Eltern frei.
Auf unserer Seite machen wir auf die Problematik des Verschweigens aufmerksam und setzen uns deshalb für eine frühe Aufklärung ein. Unter uns gibt es sowohl früh-aufgeklärte Mitglieder, als auch im Erwachsenenalter aufgeklärte Spenderkinder, von denen einige selbst herausgefunden haben, dass sie nicht biologisch mit ihrem sozialen Vater verwandt sein können. Eine späte oder unfreiwillige Aufklärung stellt für die Eltern-Kind-Beziehung eine größere Herausforderung dar, weil offenbar wird, dass das Kind getäuscht und sein Vertrauen in die Wunscheltern missbraucht wurde. Werden Kinder früh aufgeklärt, fällt dieses Problem weg und dem Kind wird eine kontinuierliche Identitätsbildung ermöglicht, was aus psychosozialer Sicht für Kind und Familie förderlicher ist.
Unsere frühaufgeklärten Mitglieder leiden nicht unter der Tatsache, dass sie aufgeklärt wurden und haben auch nicht notwendigerweise eine schlechte Beziehung zu ihren Eltern. Wir leiden darunter, dass wir große Schwierigkeiten haben, unser Recht auf Kenntnis unserer biologischen Herkunft umzusetzen. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass das für künftige Spenderkinder einfacher wird und hatten auch bereits einige ermutigende Erfolge. Wir appellieren daher eindringlich an alle Wunscheltern, bei der Realisierung ihres Kinderwunsches darauf zu achten, dass der entstehende Mensch die Möglichkeit hat, den unbekannten biologischen Elternteil kennenzulernen.
Hallo Anne,
gerne hätten wir unserem Kind die Möglichkeit gegeben, die Spenderin später mal kennenzulernen, aber nach unserem langen Weg mit den vielen erfolglosen Kinderwunschbehandlungen kam es einfach nicht mehr in Betracht, uns für eine Eizellspende in Großbritannien weitere 3-4 Jahr auf die „Warteliste“ setzen zu lassen, für eine Behandlung, deren Ausgang ja auch wieder ungewiss ist. Nach Prag zu fahren und es dort mit einer Eizellspende zu versuchen, war unser allerletzter Versuch, wirklich kurz vor dem Aufgeben. Zum Adoptieren wären wir inzwischen übrigens auch zu alt gewesen. Daher wird unser Kind wohl nicht erfahren, wer die Spenderin ist, obwohl wir von der Klinik noch relativ „viele“ Informationen erhalten haben. Also bleiben uns jetzt nur noch 2 Möglichkeiten: entweder unserem Kind zu sagen, dass es genetisch nicht von mir abstammt, und hoffen, dass es diese Information irgendwie ohne größeren Schaden zu nehmen in seine Lebensgeschichte einbaut, oder diesen Teil seiner Entstehungsgeschichte bewusst zu verschweigen und ihm damit nicht die Last aufzuerlegen, die die meisten von Ihnen ja doch sehr zu drücken scheint. Ich finde nicht, dass das eine leichte ENtscheidung ist, auch wenn man immer wieder liest, wie unproblematisch es doch sei, sein Kind früh aufzuklären. Ich war anfangs überzeugt davon, genau das tun zu wollen. Erst als ich hier anfing, die Beiträge zu lesen, wurde ich stutzig, weil doch einige, die lange vor der Pubertät aufgeklärt wurden, trotzdem mit sich und ihrer Entstehungsgeschichte hadern. Ich stand in einem anderen familiären Zusammenhang vor ein paar Jahren ebenfalls vor der Wahl, jemandem die Wahrheit zu sagen (eine Wahrheit von geringerer Tragweite), und habe mich für die Wahrheit entschieden, weil ich dachte, es sei immer besser, aufrichtig zu sein. Leider ging das komplett nach hinten los und es hat mir einen Teil meiner Familie zerstört.Ich bereue nichts mehr in meinem Leben, als damals die Wahrheit gesagt zu haben. KÖnnte ich die Zeit zurückdrehen, hätte ich es einfach nicht gesagt und ich hätte heute noch Kontakt zur betreffenden (eng verwandten) Person. Man muss sich gut überlegen, wer welche Wahrheit verträgt. Was man sagt, kann man nicht mehr zurücknehmen und wir Menschen nehmen Gesagtes sehr unterschiedlich auf, egal wie vorsichtig wir unsere Worte wählen. Deshalb glaube ich auch immer weniger an diese „One-size-fits-all“-Lösungen. (Rest siehe Antwort an Sunny.)
Der Egoismus, der sich hier so deutlich zeigt, macht mich sprachlos. Wie können Sie einem ungeboren Menschen schon von vorne herein seine Grundrechte absprechen? Nur weil man mit aller Macht ein Kind haben will. Das ist kein Haustier, was Sie sich aus dem Ausland mitgenommen haben. Es steht Ihnen nicht zu, zu entscheiden mit welchem Wissen oder Nichtwissen Ihr Kind glücklich ist. Das weiß der individuelle Mensch nur selbst. Ich wurde mit 10 aufgeklärt und ich bin unendlich dankbar, dass meine Eltern mich mit diesem Respekt behandelt haben. Respektieren Sie die Tatsache, dass Ihr Kind nicht Ihr Eigentum ist und Rechte hat.
Hallo Sunny,
mit „Eigentum“ oder „Egoismus“ hat das nichts zu tun. Eltern treffen Entscheidungen für ihre Kinder, jeden Tag und überall auf der Welt. Meine Eltern haben das getan, Ihre ebenfalls.Einige Entscheidungen erweisen sich im Nachhinein als falsch, andere als richtig. Für manche ENtscheidungen bin ich meinen Eltern dankbar, andere habe ich ihnen vorgeworfen, aber eines ist mir mittlerweile ganz klar: Sie haben alle Entscheidungen aus Liebe getroffen, auch wenn ich persönlich sie nicht immer richtig finde und auch wenn ich persönlich anders gehandelt hätte. Wenn ich meinem Kind diese Information weitergebe, will ich davon überzeugt sein, dass es das Richtige ist. Momentan habe ich dieses Gefühl nicht.
Liebe Chiara,
die Wahrheit kann nie falsch sein. Sie kann weh tun und Dinge zerstören, aber das muss man sich überlegen, bevor man diese Wahrheit „produziert“. Wenn man seinen Partner betrügt, ist es seine Entscheidung, wie er damit umgehen will. Ob derjenige sich von einem trennt, oder einem noch eine Chance gibt. Dem Partner diese Entscheidung aber von vorneherein wegzunehmen, indem man ihm davon nicht erzählt ist einfach nicht fair. Das ist es, was ich mit Respekt meine. Du solltest dein Kind soweit respektieren, als das es seine eigenen Entscheidungen treffen und eigenen Gefühle erleben kann. Das kann es nur, wenn es alle erforderlichen Informationen dazu hat. Heimlichkeiten zerstören eine Beziehung immer mehr als Aufrichtigkeit. Dein Job ist es, dein Kind in seinem Weg zu begleiten, durch gute und schlechte Zeiten. Du kannst die schlechten Zeiten nicht verhindern, aber du kannst für dein Kind da sein.
Darüber hinaus ist es nie ausgeschlossen, dass die Wahrheit auf eine andere Weise heraus kommt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das in deinem Interesse wäre.
Liebe Sunny,
ich dachte auch, die Wahrheit könne nie falsch sein. Kann sie aber leider doch. Die Wahrheit, die ich damals „produziert“ habe, hat nichts mit Betrügen, Fremdgehen oder dergleichen zu tun. Im Gegenteil, ich habe mit einem Familienmitglied, das vor langer Zeit aufgrund eines Streits in „Ungnade“ gefallen ist, Kontakt aufgenommen und einen Schlussstrich unter diesen unsinnigen Streit gezogen. Das war die von mir produzierte Wahrheit. Daraufhin fiel ich nun selbst bei einigen Familienmitgliedern in Ungnade. Hätte ich einfach den Mund gehalten und heimlich den gelegentlichen Kontakt, den wir jetzt haben, gepflegt, wäre die Situation für alle Beteiligten besser gewesen. Das meine ich, wenn ich sage „Nicht jeder verträgt jede Wahrheit“. Das aber nur am Rande. Natürlich hast Du Recht und es SOLLTE so sein, dass die Wahrheit nie falsch sein kann…
Was mich interessieren würde, falls Du oder jemand von den anderen (Eva, Anne, Kevin, etc?) möchtest: Versucht euch doch mal in die Lage meines (jetzt erst wenige Monate alten) Kindes hineinzuversetzen. Stellt euch vor, ihr könntet bestimmen, wie Mama und Papa mit der Wahrheit über die EZS umgehen. Wann und wie sollten wir es euch sagen? Welche Worte würdet ihr an unserer Stelle wählen? Wie sollten wir anderen gegenüber mit dem Thema umgehen? (Bisher weiß es noch niemand.) Bedenkt bei eurer Antwort, dass es sich halt nun mal um eine streng anonyme EZS im Ausland handelte und wohl keine Chance auf ein späteres Kennenlernen besteht. Und dass Teile unserer Familie „extrem“ religiös sind und künstliche Befruchtungen allgemein und Gametenspenden im Besonderen verteufeln. (Diese Kinder seien nicht gottgewollt und sollten eigentlich gar nicht existieren.) Könnt ihr euch wirklich vorstellen, dass unser Kind vor diesem Hintergrund ein (überwiegend) glücklicher und zufriedener Mensch wird, wenn wir ihm die Wahrheit sagen? Ein Mensch, der vielleicht schon das eine oder anderen Mal traurig über die fehlenden Puzzleteile seiner Herkunft sein „darf“, aber NICHT sein Leben und seinen Alltag von diesem Thema bestimmen lässt? Einer, der im Endeffekt froh ist, in dieser Konstellation zur Welt gekommen zu sein und zu leben? Ich bin gespannt auf eure Antworten! LG
Hallo,
genau meine Meinung, wir haben Zwillinge aus Prag und eine Tochter aus Deutschland mit ICSI gezeugt.
Wir werden ihr nicht sagen, dass es nur ihre Halbgeschwister sind, was sollte das?
Es bringt alles durcheinander und sie wäre traurig!
Ein klares Nein!!!
Liebe Frau Weiß,
vielen Dank für Ihren Kommentar. Es ist verständlich, dass Sie Ihre Kinder nicht beunruhigen oder traurig machen möchten.
Die Erfahrungen, die in den letzten 45 Jahren im Bereich der Keimzellspende gesammelt wurden, sprechen jedoch eindeutig dafür, dass Sie ihren Kindern die Wahrheit über deren Entstehungsweise sagen sollten. Und zwar von Anfang an. So muss später nichts korrigiert werden, sondern Sie ermöglichen Ihren Kindern eine kontinuierliche Identitätsentwicklung.
Durcheinandergebracht wird nichts, wenn das Kind die Wahrheit erfährt, sondern wenn es angelogen wird und später herausfindet, dass es von seinen Eltern getäuscht wurde. Es ist recht wahrscheinlich, dass eines Ihrer Kinder seine Entstehungsweise (und dadurch auch die Entstehungsgeschichte seiner Geschwister) aufdeckt. Einige unserer Mitglieder haben beispielsweise durch einen Abgleich der Blutgruppen oder andere Abweichungen herausgefunden, dass sie nicht biologisches Kind ihrer beiden Eltern sein können. Eine späte Aufklärung unter solchen Umständen wird in der Regel als großer Vertrauensbruch der Eltern erlebt und die Beziehung zwischen Eltern und Kindern auf eine harte Probe gestellt, da Vertrauen ein wichtiger Grundbaustein tragfähiger Beziehungen ist.
Viele unserer spät-aufgeklärten Mitglieder empfanden die Aufklärung nicht nur als Schreck, sondern gleichzeitig auch als eine Erleichterung. Sie hatten schon vorher gespürt, dass irgendetwas nicht stimmt, konnten es aber nicht einordnen.
In Deutschland haben Kinder außerdem ein Recht auf Kenntnis ihrer Abstammung. Dieses Recht sollten Eltern respektieren und ihre Kinder auch deshalb informieren.
Warum und in welchem Alter aufgeklärt werden sollte, haben wir in einem Extra-Text auf unserer Homepage ausführlich beschrieben: http://www.spenderkinder.de/infos/aufklaerung/#frage1
Viele Grüße,
Anne
Liebe Chiara, liebe Flummi,
ich spüre, dass Ihr Euch sehr ein Kind wünscht und Euch fragt, wieso man Euch das Recht auf ein eigenes Kind verwehren möchte. Es scheint, als ob das Kind ein bißchen weniger „eigen“ wäre, wenn dessen genetische Herkunft zu stark im Vordergrund steht.
Auch meine Eltern dachten das. Sie dachten, wenn sie es nur lange genug totschweigen würden, dass sie es selbst vergessen würden und sich alles einfügt.
Aber es war für sie selbst ein Dorn, der sie unablässig gestochen hat.
Dazu kam, dass ich als Kind und Jugendliche meine Eltern immer gefragt habe, ob ich wirklich von Ihnen wäre. Obwohl ich meinem Vater, der nicht mein genetischer Vater ist, ähnlicher sehe als meiner Mutter, die ja meine leibliche Mutter ist (Gott hat Humor;-).
Es war einfach ein Gefühl. Ein leises, aber immer Anwesendes.
Als ich in der Oberstufe dann in Biologie Humangenetik hatte, hab ich natürlich meine Eltern wieder gefragt. Nach Blutgruppe, Rhesusfaktor, Herkunft der Grosseltern,….
Das war aber das letzte Mal.
Erst als ich 35 Jahre alt war, haben meine Eltern sich mir offenbart.
Sie konnten das Geheimnis selbst nicht mehr ertragen. Außerdem hatte mein Vater Angst, dass er eines Tages sterben könnte und wir (ich habe noch einen Bruder) es nie erfahren würden. Auch meine Eltern dachten, dass sich alles schon regeln würde. Das Verheimlichen hat sie selbst jedoch am meisten belastet. Auch wenn man nie darüber spricht, kann das Unausgesprochene und die eigenen Gefühle darüber sehr existent sein.
Wieso ich das hier schreibe?
Ich möchte Euch zeigen, dass niemand hier das Familienglück von Paaren mit Infertilität verhindern will.
Wir haben nur erlebt, was es bedeuten kann, spät die Wahrheit zu erfahren.
Und alles, was ich Euch ans Herz legen möchte ist: denkt darüber nach, zu Euren zukünftigen Kindern ehrlich zu sein. Sie werden Euch deshalb nicht weniger lieben. Aber die Atmosphäre wird eine andere sein und Ihr müsst aus Euren Herzen keine Mördergrube machen.
Alles Gute für Euren Weg!
Liebe Eva,
Deine Zeilen haben mich sehr berührt. Ich werde über das nachdenken, was Du geschrieben hast. Leider fallen mir gerade die Augen zu und ich werde mich jetzt zu meinem geliebten kleinen durch EZS entstandenen Schätzchen legen und für den Rest der Nacht die Frage des Aufkläres oder Nichtaufklärens einfach mal ruhen lassen… 🙂 LG
Hallo Flummi, hallo Chiara,
bezüglich der Aufklärung der Spenderkinder:
Ich finde es fair, sich erst einmal in die Lage der Wunscheltern zu versetzen. Es fühlt sich zunächst wahrscheinlich unnötig bevormundend an, sich von Außenstehenden anzuhören, wie man deren Meinung nach mit Spenderinformationen umgehen sollte. Die Entscheidung bezüglich der Aufklärung des Kindes über dessen Herkunft liegt bei den Eltern. Punkt…
Fair ist es aber ebenso, die Perspektive des nicht aufgeklärten Wunschkindes zu beleuchten, das sehr wahrscheinlich irgendwann spüren würde, dass es im Dunkeln gelassen wurde. Von den eigenen Eltern. Die simple Bestimmung der Blutgruppe kann zum Beispiel große Fragen aufwerfen, die innerhalb von Minuten das gigantische Familiengerüst ins Wanken bringen können, das man so liebevoll über Jahre aufgebaut und bewahrt hat. In der Familie unübliche charakterliche Eigenschaften, Begabungen und Interessen oder auch unbekannte Erbkrankheiten können bei einem unaufgeklärten Spenderkind, neben Frustration und Enttäuschung über die jahrelange Täuschung durch die eigene Familie, Isolationsgefühle auslösen, die einen unterbewussten inneren Druck zur Anpassung oder Abspaltung zur Folge haben können.
Wächst ein Spenderkind aber mit dem Wissen auf, dass es einen eingetragenen Spender gibt, den es ab einem gewissen Zeitpunkt kontaktieren kann, steht ihm die Tür zu diesem Teil seiner Wurzeln offen und mögliche spätere Identitäts- oder Vertrauenskrisen aufgrund von Verheimlichung/ Täuschung werden aus dem Weg geräumt. Kinder definieren sich selbst über ihre Eltern und haben daher ein Recht auf Kenntnis ihrer Herkunft. Ob Eltern von Spenderkindern ihnen dieses Recht zugestehen, ist ihnen selbst überlassen. Wünschenswert wäre es jedoch, wenn Wunscheltern die Erfahrungen und Bemühungen von ‘uns‘ Spenderkindern hier nicht als „zwanghaftes Einmischen in Familieninternas“ ansehen, sondern verstehen könnten, dass ihr zukünftiges Wunschkind möglicherweise in 20 Jahren selbst als Mitglied des Vereins ‘Spenderkinder‘ Beiträge wie diese verfasst.
Hallo Kevin,
leider kann ich aus „babystressbedingtem“ Zeitmangel nicht so ausführlich auf alle Nachrichten antworten, wie ich es eigentlich möchte. Daher nur kurz:
Danke erstmal, dass Du Dich (ich sag jetzt einfach mal „Du“) in die Situation der Wunscheltern hineinversetzt. Wir sind tatsächlich keine egoistischen Monster, die nur an sich selbst denken, wenn es um die Zeugung eines Kindes und später um die Frage der Aufklärung geht. Es ist eine folgenreiche Entscheidung, die wir treffen müssen, so oder so. Und bei aller verständlichen Wut oder Enttäuschung oder spät oder gar nicht aufklärende Eltern ist es dennoch so, dass auch diese Entscheidungen in einer ganz bestimmten Lebenssituation, in einem ganz bestimmten Umfeld und sicherlich von zwei liebenden Elternherzen getroffen wurden. Auch wenn die späte Aufklärung schmerzt oder, noch schlimmer, wenn das „Spenderkind“ durch Zufall von der Spende erfährt und das Gefühl hat, hintergangen worden zu sein, solltet ihr euch über eins bewusst sein: Ihr seid Wunschkinder! Ihr seid gewollt und voll und ganz angenommen, und das ist wiederum etwas, was nicht jeder von sich behaupten kann. Damit will ich nicht versuchen, eure Probleme wegzuwischen oder abzuschwächen, aber es ist etwas, was man nicht vergessen sollte… LG
Liebe Chiara,
wir kennen viele Wunscheltern und haben natürlich nicht den Eindruck, dass Wunscheltern egoistische Monster sind. Ich glaube auch nicht, dass das aus unserer Internetseite hervor geht. Wunscheltern sind keine homogene Masse und gehen sehr unterschiedlich mit ihrem Kinderwunsch um. Nicht zuletzt sind unsere eigenen Eltern welche. Leider ist es aber doch so, dass ein gewisser Teil gedanklenlos, egoistisch, oder zumindest bequem handelt, natürlich teilweise auch dadurch bedingt, dass Unfruchtbarkeit und unerfüllter Kinderwunsch eine starke psychische Belastung darstellen. Ich weiß dass viele Eltern ihre Kinder nicht aufklären wollen, um sie zu „schützen“. Meiner Meinung nach machen sie damit genau das Gegenteil, und vielleicht ist der Schutz des Kindes auch eher die anerkannte Rechtfertigung sich selbst gegenüber, sich den Mühen der Aufklärung nicht aussetzen zu wollen. Denn auf den ersten Weg ist Aufklärung natürlich anstrengender: einige Menschen werden einen sicherlich nicht verstehen, und bestimmt gibt es auch ab und zu Gerede. Die Nachteile der Nichtaufklärung auf die Familiendynamik, aber auch das Kind werden dabei übersehen. Wenn ich mir vorstelle, meiner Tochter so etwas nicht zu sagen, und dann irgendwann zu bemerken, dass ich Charakterzüge oder ihr Aussehen keinen bekannten Verwandten zuordnen könnte – oder wenn sie mich sogar fragt, woher sie manche dieser Sachen hat – ich glaube mein schlechtes Gewissen würde mich umbringen.
Das Wunschkind-Argument hören wir natürlich oft. Bezeichnenderweise sagt mir das aber nie jemand ins Gesicht, sondern immer nur übers Internet. Ich vermute weil bei einem persönlichen Kontakt klar ist, dass wir keine Kinder sind und eine über 30jährige sich nicht über die Gewolltheit von ihren Eltern definiert. Dazu kommt noch, dass ich, vielleicht auch bedingt durch meine Mittelstandsfamilienherkunft, sowohl jetzt wie auch im Umfeld meiner Tochter nur Wunschkinder kenne und es daher nichts Besonderes für mich ist. Der Kinderwunsch ist heute nun mal sehr planbar. Meine herkömmlich gezeugte Tochter ist auch ein Wunschkind. Und wird man voll angenommen, wenn die eigene Abstammung einfach übergangen wird? Leider mussten auch einige Spenderkinder die Erfahrung machen, dass sie im Nachhinein doch nicht so gewollt waren und voll angenommen wurden, weil ihre Eltern mit der Familiengründung zu Dritt im Nachhinein nicht klar kamen. Wunscheltern zu sein, bedeutet leider nicht, die besseren Elternqualitäten zu haben.
Liebe Chiara,
es tut mir leid, dass Dich die Berichte auf unserer Internetseite dazu gebracht haben, von einer Aufklärung Deiner Tochter eher abzusehen. Meine Intention als Spätaufgeklärte, meine Geschichte zu erzählen, war, dass ich hoffe das andere Eltern deswegen nicht die gleichen Fehler wie meine Eltern machen, nämlich die Wahrheit über meine Abstammung nicht oder viel zu spät zu erzählen.
Bei unseren frühaufgeklärten Mitgliedern kann ich nicht erkennen, dass sie mit ihrer Entstehungsart per se “hadern”. Sie sind nicht einverstanden mit der Anonymität der Spender. Den Effekt von einer Aufklärung zu erhoffen, finde ich aber auch etwas viel verlangt. Es geht aber aus den Berichten hervor, dass sie ihren Eltern die Ehrlichkeit hoch anrechnen und nie diesen Schock wie Spätaufgeklärte verarbeiten mussten. Ich glaube übrigens die meisten unserer Mitglieder würden sich trotz ihrer Entstehungsweise als glücklich bezeichnen. Und bezeichnenderweise habe ich noch nie gehört, dass jemand von uns im Nachhinein gesagt hat, dass sie von der Samenspende lieber doch nicht gewusst hätten.
Ich habe selbst eine neun Monate alte Tochter und kann gut nachvollziehen, dass man sein Kind einfach nur glücklich sehen möchte. Aber das Beste dafür ist, die Kinder stark für die Wahrheit zu machen, auch wenn das oft als erst mal schwieriger ist. In einem neueren Kommentar hast Du etwas von Deiner Familiensituation geschrieben – da das nicht alles so idyllisch zu sein scheint, liegt die Vermutung nahe, dass die Geheimhaltung der Eizellspende vielleicht auch für Dich der einfachere Weg zu sein scheint. Aber da Du ja eh in vielen Dingen nicht mit Deiner Familie überein zu stimmen scheinst, wäre da Ehrlichkeit meiner Meinung nach auch das Beste. Eine Eizellspende ist in Deutschland zwar nicht erlaubt, aber die Eltern machen sich auch nicht strafbar.
Vielleicht liest Du mal die Zusammenfassung über die Erfahrungen unserer frühaufgeklärten Mitglieder (http://www.spenderkinder.de/erfahrungen-unserer-fruehaufgeklaerten-mitglieder/) und nimmst Kontakt zu der Elternorganisation DI-Netz auf, die sich auch für Aufklärung einsetzen und selbst kleine Kinder haben. Vielleicht hörst Du dann da nochmal Erfahrungen von Eltern, die gerade in einer ähnlichen Situation wie Du sind.
Alles Gute
Stina
PS: Da ja auch andere diese Kommentare lesen, möchte ich noch kurz klar stellen, dass die Wartezeiten für eine Eizellspende in Großbritannien zwischen 12 und 18 Monaten sind. Um mehr Kunden zu gewinnen, wird das von Kliniken in Tschechien und Spanien oft falsch dargestellt.
Hallo Stina,
danke für Deinen Beitrag! Leider kann ich gerade nur kurz antworten, obwohl das, was ihr alle schreibt, schon sehr viele weitere Fragen bei mir aufwirft. Der Gedanke, der mich momentan beschäftigt, ist aber folgender: Spätaufgeklärte wie Du sagen immer, es würde ihnen besser gehen, wenn sie früh aufgeklärt wären. Aber ich habe schon in einigen Profilen gelesen, dass früh Aufgeklärte in den ersten Jahren nach der „Aufklärung“ überhaupt keine Probleme mit ihrer Entstehungsart hatten. Die kamen dann später, meist etwa in der Pubertät. Ist es nicht IMMER so, dass kleine Kinder zunächst mal nur die positive Seite der Gametenspende verstehen, also die Tatsache, dass sich die Eltern ein Kind wünschten und dabei die Hilfe einer dritten Person in Anspruch nahmen. Das Problem der Genetik, Abstammung etc. wird ihnen ja erst Jahre später richtig bewusst. Diesen Zeitpunkt des Bewusstwerdens können die Eltern ja unmöglich steuern. Es ist immer so viel die Rede von „im Laufe der Zeit kommen immer mehr Fragen, die man dann dem Entwicklungsstand der Kinder entsprechend beantworten sollte“. Das erscheint mir so wahnsinnig oberflächlich. Ich glaube mittlerweile, dass der Moment, in dem es den Kindern klar wird, dass sie mit einem Elternteil nicht genetisch verwandt sind, IMMER ein Schock ist, denn dieser Moment kommt immer in einem späteren Alter. Und zu Deiner Frage: Ja, ich hätte auch nie gedacht, dass ich von meinem Aufklärungswillen immer weiter weg komme, je mehr ich auf eurer Website lese. Als ich durch EZS schwanger wurde, war ich überglücklich und hochmotiviert, meinem Kind gleich mit 4-5 Jahren die Wahrheit zu sagen. Auch wenn das, was ihr in euren Profilen schreibt, mich eigentlich dabei unterstützen sollte, habe ich das unbestimmte Gefühl, zwischen den Zeilen etwas anderes zu lesen, etwas, was mich davon abbringt. Es ist seltsam. Eins weiß ich aber: Ich werde mich noch lange Zeit mit diesem Thema beschäftigen und bin euch für alle, aber wirklich alle Beiträge sehr dankbar! LG
Liebe Chiara,
ich habe den Eindruck, dass es im Laufe unserer Diskussion weniger darum geht, ob eine Wahrheit „richtig“ oder „falsch“ ist, eine Wahrheit kann nur „wahr“ sein, und das bleibt sie, ob man drüber spricht, oder nicht. Ich habe eher den Eindruck, es geht um den Umgang mit persönlichen Entscheidungen und darum, ob man sich trauen kann, zu seinen persönlichen Entscheidungen auch nach außen hin zu stehen, oder nicht.
Um auf Deine Frage einzugehen, wie wir uns wünschen, dass Eltern sich in Deiner Situation verhalten sollen: Voraussetzung einer Entscheidung für eine Familiengründung zu Dritt sollte sein, dass die Eltern zu ihrer Entscheidung stehen können. Familien durch Keimzellspende sind keine normalen Familien, weil eine dritte Person eine existentielle Rolle für das Kind inne hat. Selbst wenn die Eltern das Kind nicht aufklären, wirkt diese Tatsache auf die Eltern und die Familiendynamik. Viele Spenderkinder hat die Aufklärung erleichtert, weil sie schon vorher etwas gespürt haben, ihr Gefühl aber nicht zuordnen, sich nicht erklären konnten. Das Kind nicht aufzuklären bedeutet, ihm willentlich ganz wesentliche Informationen vorzuenthalten. Das mag bei einem kleinen Kind noch nicht so merklich sein, aber je älter das Kind wird, desto mehr ist es eine Form der Bevormundung. Kommt die Wahrheit später unfreiwillig ans Licht, ist das eine echte Herausforderung für das Vertrauensverhältnis zwischen Eltern und Kind. Ich habe meine Eltern schon mit 10 Jahren gefragt, warum sie mir das nicht gleich gesagt hätten. Und obwohl mir meine Mutter dazu sagte, dass sie nichts über den Spender wüsste und die Spende anonym gewesen sei, war ich erleichtert über die Information und wollte sofort wissen, wer der andere Mann ist. Mittlerweile wird die Aufklärung der Kinder im Kindergartenalter empfohlen, so, dass das Kind es weiß, sobald es sich für die Entstehung von Menschen interessiert. Unter unseren Links findet sich ein Aufklärungsbuch für Kinder aus Samenspende, das sich mit vertauschten Rollen auf die Eizellspende abwandeln lässt.
Viele Eltern, auch meine, schieben vor, dass sie ihr Kind schützen wollten, indem sie es nicht (von Anfang an) aufklärten. Unsere Erfahrung ist die, dass die Geheimhaltung kein Schutz der Kinder ist, sondern ein Schutz der Eltern, die selbst nicht richtig hinter ihrer Entscheidung für diese Form der Familiengründung zu Dritt stehen. Großeltern, Bekannte, etc. sind häufig skeptisch oder ablehnend. Ohne Auseinandersetzung mit ihnen wird es langfristig nicht gehen. Vielleicht gehen auch manche Beziehungen daran zu Bruch, wenn Menschen die Entscheidung nicht nachvollziehen können und die Ablehnung der Eltern oder Kinder dadurch so stark wird, dass weiterer Kontakt nicht gut tut. Banal gesagt stellt sich dann die Frage: Was ist euch wichtiger? Eine ehrliche, aufrichtige Beziehung zu eurem Kind und das Vertreten eurer Überzeugung und Werte oder euch den vermeintlichen Vorgaben der Umwelt zu fügen? Eigentlich sind dies alles Fragen, die vor einer Entscheidung für eine Familiengründung zu Dritt stehen sollten, damit Eltern für sich überlegen können, ob sie zu ihrer Entscheidung stehen können und ihrem Kind einen selbstbewussten Umgang mit seiner persönlichen Entstehungsgeschichte vorleben können.
Nun seid ihr schon einen Schritt weiter und euer Kind ist da. Ich fänd es toll, wenn ihr auch jetzt noch zu eurer Entscheidung stehen könntet – eurem Kind zuliebe. Es ist für Spenderkinder ganz wichtig, dass die Eltern das können, damit das Kind mit ihnen über seine Entstehung sprechen kann, seine Fragen und Gedanken dazu, auch seine Wünsche und Bedürfnisse. Unterschätzt euer Kind nicht. Auch uns wurde gesagt, die Spender seien anonym und es gebe keine Möglichkeit sie kennenzulernen. Vielleicht engagiert sich euer Kind auch eines Tages und gründet einen Verein für Menschen aus Eizellspende. Die allermeisten von uns kennen ihre Erzeuger nicht. Deswegen führen wir trotzdem sehr vielseitige Leben.
Nur weil wir leben und zufriedene Leben führen, sind wir nicht automatisch froh, ausgerechnet durch eine (anonyme) Samenspende entstanden zu sein. Erwartet das auch nicht von eurem Kind. Das sind zwei verschiedene Dinge. Was ihr tun könnt und solltet, ist, eurem Kind vorzuleben und zu vermitteln, dass es durch seine Entstehungsweise nicht weniger wert ist und dass die Entstehungsweise auch nichts ist, wofür man sich zu schämen braucht. Dann kann euer Kind selbstbewusst damit umgehen und seine Haltung auch gegenüber skeptischen Leuten vertreten. Dabei ist es wichtig, dass euer Kind mit all seinen Fragen und Gedanken zu dem Thema zu euch kommen kann und offen darüber sprechen kann.
Das ist etwas, was ich meinen Eltern hoch anrechne: Ich kann mit ihnen über meine Entstehungsgeschichte reden und sie unterstützen mich bei der Suche nach dem Spender. Sie haben sich damals keine Gedanken gemacht, was die Anonymität für das Kind, für mich, bedeuten kann. Heute bereuen sie es, dass sie sich auf einen anonymen Spender eingelassen haben. Das bedeutet mir viel, weil es zeigt, dass sie mich verstehen und zumindest nachträglich mein Bedürfnis nach Kenntnis meiner Abstammung anerkennen. Was ihr tun könnt, ist nachträglich alle Informationen, die ihr von der Klinik habt, festzuhalten und für euer Kind aufzubewahren.
Liebe Chiara, liebe Flummi,
liebe alle,
ich denke, die Sensitivität dieser Sache – vor allem aus Sicht der Eltern – ist sehr gerechtfertigt und für mich ist es obligatorisch, zu versuchen, auch eure Perspektive nachzuvollziehen.
Ich bin mir ganz sicher, dass hier das Wohl eures Kindes ein sehr prioritäres Interesse für euch einnimmt.
Trotzdem möchte ich beim Stichwort „Kind“ direkt zum Punkt kommen und muss – abseits aller Dialoge – nur kurz und knapp darauf hinweisen, dass aus dem WunschKind irgendwann ein intelligenter Erwachsener werden wird. Und spätestens dann wandeln sich die Perspektiven und es zählt nicht mehr nur das, was die ältere Generation – in diesem Fall ihr – entscheidet.
Ich für mich werte es spätestens im Erwachsenenalter des Kindes für (entschudigt den harten Terminus) eine Form der Anmaßung, für diesen erwachsenen Menschen festzulegen, was gut für ihn ist und was nicht. Schon auf Grund dieser Tatsache würde ich an eurer Stelle von Anfang an die Wahrheit mit auf den Weg geben. Das wird das Kind weit weniger belasten als euch im Laufe des Aufwachsens diese Lüge bzw. das Verschweigen, welches ihr jedes Mal vor Augen haben solltet, sobald ihr euren Nachwuchs anschaut.
Ihr wisst nicht, ob euer – beispielshalber – dreißigjähriges Kind so entscheiden würde wie ihr – und deshalb solltet ihr nicht das Recht für euch beanspruchen, dies vorwegzunehmen.
Ich bin sicher, ihr werdet das richtig entscheiden.
Aber vergesst nicht: Das Wunsch-Kind wird die kürzeste Zeit seines Dasein ein Kind sein.
Alles Gute für euch, Emmi
Hallo liebe Eltern,
ich gehöre zu den ganz wenigen hier im Verein, die ihren leiblichen Vater finden konnten, und ich möchte Euch ein Stück von dieser sehr langen Geschichte erzählen und was sie für eine Bedeutung für mich hat. Es hat mich so sehr befreit, die Wahrheit zu erfahren, das ist mit Worten nicht zu beschreiben. Es war als wenn ich in tiefes klares Wasser schaue, bis zu meinem Ursprung hin und endlich sehe ich, was da ist. Es war eine Gefühl, als ich dürfte ich endlich aus einem Gefängnis gehen, in dem ich mich so lange befunden hatte. Endlich die Türen auf, endlich alles richtig uns timmig, endlich frei in mein ganzes Leben zu gehen. Ich konnte auch endlich meiner eigenen Wahrnehmung trauen, denn ich habe es gespürt, es fühlte sich an, „als sei ich von woanders hergekommen“, ich passte nicht so ganz in meine Familie. Anderes Aussehen, andere Begabungen, ein deutlicher großer „fremder“ Teil. „Fremd“ für meine Familie, in der ich groß geworden bin, aber so vertraut für mich selbst. Ich habe diesen Zwiesplat nur schwer ausgehalten, jahrelang zwei parallele Welten in mir getragen. Die Realität in meiner Familie und die zweite Realität nur in mir. Ich habe so viele Jahre mit Selbstfindung verbracht, bis ich irgendwann in einer Familienaufstellung den zweiten Vater gesehen habe. Das Unterbewusste im ganzen Familiensystem weiß sowieso darum, ihr entscheidet nur, ob ihr es in Worten aussprecht. Es weiß es und es leidet an verschiedensten Stellen. Für die Eltern muß ja irgendwo auch immer die (verdrängte?) Angst bleiben, was wäre, wenn das Kind das wüßte. Das muß doch den Aufbau einer tragfähigen Beziehung immens stören? Ich hatte eine schöne Kindheit, manchmal in meiner Eigenart eben sehr allein, aber ich war sehr aktiv und glücklich, erfolgreich in meinen Dingen. Heute bin ich Ärztin, Yogalehrerin und Akupunteurin. Ich durfte meinen leiblichen Vater kennenlernen, verstehen, warum ich bin, wie ich bin, was alles zu mir gehört. Und ich durfte die Situation mit meinen drei Eltern klären. Ich kann mir selbst überhaupt nicht vorstellen, daß es einen anderen wirklich guten Weg gibt. Ich habe mit 28 herausgefunden, woher ich komme und es war eine Sache, die so sehr an meinen Grundfesten gerüttelt hat, etwas, was viel zu groß war, es in den ersten Jahren zu begreifen – ich war in zwei Psychotherapie-Kliniken. Wi r haben zusammen insgesamt fünf Jahre für die Verarbeitung gebraucht und ein bessseres, freidlicheres, liebevolleres Gefühl habe ich nie in meiner Familie gehabt, wie jetzt! Und ich bin einfach soooooooo befreit. Ich Danke Gott oder jedweder höheren Macht, daß ich dieses Glück hatte und ich bin so froh, daß meine jahrelange verzweifelte Suche nach mir selbst endlich auch zu mir selbst geführt hat. ICH wußte immer schon um mich selbst, aber es macht einen riesen UNterschied, wenn die eigene Wahrheit und die äußere, sichtbare Wahrheit zusammenpassen. Und ES endlich alles wahr wird. Das hat in mir Frieden erzeugt.
Nina
Liebe Nina,
dass Du Deinen Spender gefunden hast, ist sicher ein riesengroßes Glück. Die meisten von euch werden wohl nicht so viel Glück haben. Im Nachhinein denke ich auch, dass es besser gewesen wäre, eine nicht anonyme Spenderin zu haben. Aber jetzt ist es nicht mehr rückgängig zu machen. Die Spenderin zu finden wäre wie ein Sechser im Lotto. Wir haben zwar Angaben zu ihrem Beruf, so dass nicht ein paar Millionen, sondern „nur“ noch ein paar Tausend Einrichtungen rund um Prag (oder sonst irgendwo in der Tschechischen Republik) in Frage kämen… Deshalb eine Frage an Dich: Ganz ehrlich, wenn Du Deinen Spender nicht gefunden hättest, würdest Du Dir dann nicht wünschen, Du hättest es niemals herausgefunden? Wäre es nicht eine geringere Last gewesen, mit den seltsamen Ahnungen und Gefühlen zu leben als mit dem Wissen, dass Dein Vater, der dich groß gezogen hat, nicht Dein leiblicher Vater ist? Wenn Du also davon ausgehst, dass mein Kind seine Spenderin niemals finden wird, würdest Du mir trotzdem raten, aufzuklären? LG Chiara
Liebe Chiara,
Ja, ich bin mir ganz sicher, daß es wichtig ist für einen Menschen seine Wahrheit zu kennen. Auch wenn damit vielleicht etwas Schwieriges verbunden ist. Auch meine Eltern dachten, daß es das Schlimmste für mich wäre, wenn ich erfahren würde, daß mein Vater nicht mein leiblicher Vater ist. Es war aber das Beste, was mir je passieren konnte. Ich kann Dir das wirklich kaum beschreiben, aber es war so unendlich befreiend für mich. Weißt Du, es ist ein furchtbar verunsichernder Zustand, wenn Du Wahrnehmungen hast, die als unwahr deklariert werden. Du bist ständig mit Deiner eigenen Wahrnehmung im Zweifel. Ich glaube, das kann im Schlimmsten Fall zu sehr ernsten psychischen Krankheiten führen, da es eine Art „schizophrene Situation“ ist. Tu das Deinem Kind nicht an. Eröffne ihm/ihr alles, was Du weißt und helfe ihm/ihr damit umzugehen. Ich glaube, schon die Tatsache, welcher Nationalität seine/ihre Spenderin angehört, kann ganz wichtig sein für Dein Kind. Dann kann es sich auch mit dieser Kultur beschäftigen, vielleicht nach Prag reisen und andere Menschen in Prag kennenlernen und darüber sich selbst etwas näher kommen. Auch über den Beruf der Spenderin. Das wollen bei uns ganz viele wissen. Ich denke schon, daß es schwer gewesen wäre, meinen zweiten Vater nicht kennen lernen zu können. Am Anfang meiner Suche hatte ich mich jedoch darauf eingestellt. Gerade als ich das für mich so hingenommen hatte, daß ich vermutlich nie fündig werde, habe ich ihn dann gefunden. Ich war also bereits auf dem Weg mich damit auseinanderzusetzen und mich damit zu arrangieren. Aber diese Befreiung von meiner eigenen Wahrheit zu erfahren, die würde ich niemals missen wollen. Ich denke, das war die viel größere, wichtige Sache oder Tatsache, daß ich selbst rund geworden bin. Daß meine Welt endlich gestimmt hat, daß ich mich auf einmal auf meine Wahrnehmungen und meine Gefühle und MICH verlassen konnte. Das ist, wie wenn Du nicht richtig sehen kannst, ganz schwierig Dich dann richtig zu orientieren. Du bist immer im Zweifel. Ich war schon immer ein Mensch mit sehr viel Feingefühl und auf der Suche nach mir selbst, daher hat es mich vielleicht besonders mitgenommen diese Wahrnehmungen und besonders befreit, die EINE Wahrheit kennenzulernen. Nicht alle Spenderkinder beschreiben das so deutlich.
Es gibt viele Geschichten von Menschen, die ihre leiblichen Eltern nicht kennenlernen konnten oder nicht mehr finden konnten (One Night Stand, amerikanische Soldaten-Väter und und und…). Jeder Mensch hat ein Schicksal und wir sind in der Lage dazu, damit umzugehen, wenn wir eine stabile Basis haben. Gib Deinem Kind, Dir, Deinem Mann diese gemeinsame Basis. Ihr werdet seine/ihre Eltern sein und es braucht Euch und die Tatsache, daß Vertrauen möglich ist. Das ist wirklich wichtig! Auf solch einer Familienbasis kann man stehen.
Ich habe auch die Erfahrung gemacht, daß es wichtig ist, diesen dritten Platz einzuräumen. Du bist seine/ihre Mutter im Leben, sehr sehr wichtig. Ein unglaublich schöner Platz. Und es gibt noch eine Eizell-Mama. Ich würde ihr einen Platz geben. Von ihr kam die Kraft, die Dein Kind ins Leben geschickt hat. So ähnlich wie bei einer Adoption. Du hast zusätzlich eben auch noch die Erfahrung, daß das Kind in Deinem Bauch groß wurde, was die Verbindung sicher noch verstärkt zwischen Euch. Ein Stück weit wirst Du dadurch auch zur leiblichen Mutter. Aber nicht allein. Gib allen ihren Platz und das wird Frieden bringen.
Also ganz klar JA, sag es Deinem Kind. Und vertrau in seine (und Deine) Kraft, mit seiner Geschichte und seiner Wahrheit umgehen zu können. Das wird gut klappen, wenn ihr alle zusammen haltet und füreinander da seid 🙂
Lg Nina
Liebe Chiara,
eins möchte ich noch erwähnen.
Das Leben läuft nie rund. Und schon gar nicht geradeaus. Bei niemand.
Deswegen habe ich meinen Eltern die Lüge nicht krumm genommen.
Schlimmer war, dass ich mein Leben lang ein Gefühl hatte, das falsch sein sollte. Das hat meinen intuitiven Kompass falsch justiert, um es einmal metaphorisch zu formulieren.
Wenn es die Angst ist, die Eltern-Kind-Bindung durch zu viel Wahrheit zu zerstören, da können einigevon uns Euch vielleicht beruhigen. Im Großen und Ganzen bleibt sie, wie sie immer schon war.
Ein ganz schönes Beispiel über Genetik und soziale Band beschreibt folgender Artikel:
http://www.zeit.de/2014/09/vertauschte-kinder-abstammung-erfahrung
Es lohnt wirklich, den Text bis zum Ende zu lesen. Die Eltern-Kind-Bindung wird nämlich von den Genen nicht im geringsten beeinträchtigt.
Deshalb sollte man seine Kinder ruhig aufklären. Und zwar dann, wenn man intuitiv das Gefühl hat, dass es passt.
Alles Gute Euch und dem kleinen Zwerg!
Liebe Eva,
ich finde es gut, dass Du Deinen Eltern das Geheimnis nicht nachträgst. Zumal ihnen sicher beide Entscheidungen nicht leicht gefallen sind, zuerst die Entscheidung, zum Schutz von Dir und Deinem Bruder zu schweigen, und später die Entscheidung, Euch doch die Wahrheit zu sagen. Nach dem was Du in Deinem ersten Beitrag geschrieben hast, fühle ich so richtig, wie sehr sie Dich und Deinen Bruder lieben… Ich merke schon jetzt, dass dieser Weg, den wir gewählt haben, eine riesengroße Herausforderung darstellt, so oder so. In meinem Leben war es bisher immer so, dass ich meine Entscheidungen intuitiv getroffen habe. Von daher denke ich, dass ich den Rat in Deinen letzten Sätzen „automatisch“ befolgen werde. Zum Glück habe ich noch etwas Zeit, um mich weiter intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen. Ganz ehrlich gesagt bin ich aber heilfroh, dass wir noch niemandem etwas gesagt haben. So ist zumindest von außen kein Druck da und man kann von innen heraus entscheiden, was man wie, wo und wann tut. Ich hoffe nur, dass mein Kind, falls ich aufkläre, mit der Anonymität der Spenderin leben kann. Schlimm wäre es, wenn es sich auf eine schier ausweglose Suche begeben würde, die nie endet und die mein Kind völlig fertig macht. Davor habe ich mittlerweile die meiste Angst… Suchst Du Deinen Spender eigentlich auch oder konntest Du Dich mit dem Gedanken arrangieren, dass es etwas in Deinem Leben gibt, was Du nicht ergründen kannst? (Bei mir gibt es solche Dinge übrigens auch, auch wenn es nichts mit Gametenspende zu tun hat… :-))
Vielen Dank für den Link zu dem Artikel! Er sagt viel aus über das, was Menschen wirklich verbindet…
LG Chiara
Hallo Chiara,
ich möchte bezüglich deines letzten Kommentars meine Position einmal kurz darstellen. Zwar hast du Eva gefragt bezüglich der „schier endlosen Suche“, aber vielleicht kann ich Dir mit meiner Position eine Antwort geben.
Vielleicht ganz kurz vorab zu meiner Person: Ich wurde damals im Alter von 12 aufgeklärt und bin froh darüber. Ich vertrete zwar fest die Meinung, dass auch das schon etwas zu spät ist, und eine frühe Aufklärung im Alter von 6-8 Jahren besser wäre. Aber bei mir passte es damals gut in unsere Situation. Ich trage es meinen Eltern absolut nicht nach, dass sie sich damals für eine Samenspende entschieden haben und auch nicht, dass sie es mir „erst“ mit 12 sagten. Obwohl auch ich als kleineres Kind oft fragte, ob ich auch wirklich von Mama und! Papa bin und natürlich immer ein „Ja“erhielt.
Nun bin ich 20 und ich suche nicht endlos nach meinem Spender. Mit 12 damals war ich erstmal nicht so interessiert daran und habe es ohne Bedenken hingenommen und konnte auch nichts schlimmes aus meiner Entstehung entnehmen. Erst mit 15/16, in der Pubertät, hat sich Interesse entwickelt. Ich habe 2 Briefe an die Klinik damals geschrieben, aber (natürlich) nur ernüchternde Antworten erhalten. Selbstverständlich machte mich das damals traurig.
Bis jetzt habe ich aber noch keine weiteren Versuche für die Suche unternommen. Es ist nicht so, dass ich nicht interessiert bin an meinem Spender, aber ich fühle mich durch meine Entstehung nicht benachteiligt und habe eine wunderbare Familie. Natürlich gibt es da etwas, das „fehlt“ und wenn ich manchmal darüber nachdenke macht mich dieses Unwissen auch traurig.
Das Ausmaß des Interesses ist ja auch von Person zu Person unterschiedlich. Ich bin aber auf jeden Fall nicht auf einer schier endlosen verzweifelten Suche. Ich denke auch nicht, dass die anderen Spenderkinder unheimlich verzweifelt suchen und unglücklich sind. Nur das Ausmaß der Suche kann ja bei jedem anders sein.
Trotzdem würde auch ich Dir dringend empfehlen, dein Kind (früh!) aufzuklären, da jeder Mensch das Recht über die Aufklärung seiner Abstammung hat. Denn ich bin mir ziemlich sicher, je mehr Zeit Du Dir damit lässt, desto mehr schiebst du es vor Dir hinaus. Und Dein Kind wird Dich genauso lieben, auch wenn es genetisch nicht von Dir ist. Ich denke die Genetik ist für die familiäre Beziehung nicht ausschlaggebend, aber solche wichtige Tatsache jahrelang zu verschweigen wird zum Zeitpunkt einer zu späten Aufklärung sehr sehr ausschlaggebend für die Beziehung sein.
Liebe Grüße
Julia
Hallo zusammen,
ich finde die Bedenken grundsätzlich nachvollziehbar. Jedoch gibt es meiner Ansicht nach ein Argument, welches diese nach meiner Einschätzung überbieten dürfte: Das Leben.
Ist es aus ethischer Sicht verantwortbar, zu verhindern, dass ein Mensch gezeugt wird und das Licht der Welt erblickt, weil Schwierigkeiten in seinem Selbstfindungsprozess zu erwarten sind?
Würden Kinder, die aus einer Eizellspende oder Embryonenspende hervorgingen heute sagen „Es wäre besser, nicht geboren zu sein“?
Ich könnte mir gut vorstellen, dass Eltern von Spenderkindern einer Art von Schulungspflicht unterliegen sollten, damit sie mit den besonderen Informationsbedürfnissen der Kinder besser umzugehen lernen.
Ein grundsätzliches Verbot ist jedoch mit meiner Weltanschauung nicht vereinbar, da es „potentielle Erdbewohner“ doch der Möglichkeit beraubt, überhaupt zu leben.
LG, Lothar
Hallo Lothar,
vielen Dank für Ihren Einwand, dass durch eine Eizellspende oder Embryonenadoption Leben entsteht, das sonst nicht entstehen würde.
Auch für mich hat das Leben einen hohen Stellenwert und ich erachte es als überaus schützenswert. Das bedeutet aber nicht, dass ich jede Methode, Leben zu erzeugen, für ethisch verantwortbar halte. Gerade mit Hinblick auf das entstehende Leben, steht aus meiner Sicht nicht an erster Stelle, unter allen Umständen (Menschen-)Leben zu erzeugen, sondern darauf zu achten, dass die Erzeugung menschenwürdig geschieht. Mit dem Argument des andernfalls nicht entstehenden Lebens könnte letztlich jetzt Methode der Menschenerzeugung gerechtfertigt werden.
Glücklicherweise verpflichtet auch eine schwierige Entstehungsweise einen Menschen nicht dazu, mit seinem Leben unglücklich zu sein. Wer mit seinem Leben (trotz eventuell schwieriger Entstehungsweise) zufrieden ist, muss deshalb aber noch lange nicht seine Entstehungsweise gut heißen. Sonst müssten wohl alle Spenderkinder pro Keimzellspende eingestellt sein – das ist nicht der Fall. Ohne Frage wachsen viele Kinder in psychisch anspruchsvollen Familienkonstellationen auf. Ein Kind jedoch bewusst in solch eine Situation zu zeugen, halte ich für ethisch überdenkenswert.
Viele Grüße,
Anne