Nina

Hallo liebe Eltern,

ich gehöre zu den ganz wenigen hier im Verein, die ihren leiblichen Vater finden konnten, und ich möchte Euch ein Stück von dieser sehr langen Geschichte erzählen und was sie für eine Bedeutung für mich hat: Es hat mich so sehr befreit, die Wahrheit zu erfahren, das ist mit Worten nicht zu beschreiben. Es war als wenn ich in tiefes klares Wasser schaue, bis zu meinem Ursprung hin und endlich sehe ich, was da ist. Es war ein Gefühl, als dürfte ich endlich aus einem Gefängnis gehen, in dem ich mich so lange befunden hatte. Endlich die Türen auf, endlich alles richtig und stimmig, endlich frei in mein ganzes Leben zu gehen.

Ich konnte auch endlich meiner eigenen Wahrnehmung trauen, denn ich habe es gespürt, es fühlte sich an, „als sei ich von woanders hergekommen“, ich passte nicht so ganz in meine Familie. Anderes Aussehen, andere Begabungen, ein deutlicher großer „fremder“ Teil in mir. „Fremd“ für meine Familie, in der ich groß geworden bin, aber so vertraut für mich selbst. Ich habe diesen Zwiespalt nur schwer ausgehalten, jahrelang zwei parallele Welten in mir getragen. Die Realität in meiner Familie und die zweite Realität nur in mir. Ich habe so viele Jahre mit Selbstfindung verbracht, bis ich irgendwann in einer Familienaufstellung meinen
zweiten Vater gesehen habe.

Das Unterbewusste im ganzen Familiensystem  weiß sowieso darum, ihr entscheidet nur, ob ihr es in Worten aussprecht.  Das Familiensystem weiß es und es leidet an verschiedensten Stellen. Für die Eltern muß ja irgendwo auch immer die (verdrängte?) Angst bleiben, was wäre, wenn das Kind das wüßte? Würde es uns (oder nur den annehmenden Vater) weniger lieb haben? Das muß doch den Aufbau einer tragfähigen Beziehung immens stören? Ich hatte eine schöne Kindheit, manchmal in meiner Eigenart eben sehr allein, aber ich war sehr aktiv
und glücklich, erfolgreich in meinen Dingen. Heute bin ich Ärztin, Yogalehrerin und Akupunteurin. Ich durfte meinen leiblichen Vater finden und kennenlernen, verstehen, warum ich bin, wie ich bin, was alles zu mir gehört. Er hat sich sehr gefreut, obwohl es auch für ihn sehr umwälzend war. Und auch nicht alles leicht. Und ich durfte die Situation mit meinen drei Eltern klären. Ich kann mir selbst nach dieser Erfahrung überhaupt nicht vorstellen, dass es einen anderen wirklich guten Weg gibt.

Ich habe mit 28 herausgefunden, woher ich komme und es war eine Sache, die so sehr an meinen Grundfesten gerüttelt hat, etwas, was viel zu groß war, es in den ersten Jahren zu begreifen – ich war in zwei Psychotherapie-Kliniken. Wir haben zusammen insgesamt fünf Jahre für die Verarbeitung gebraucht und ein besseres, friedlicheres, liebevolleres Gefühl habe ich nie in meiner Familie gehabt wie jetzt! Es ist jetzt alles in Ordnung, im wahrsten Sinne des Wortes. Jeder hat seinen Platz. Ich habe eine Mutter und zwei Väter. Jeder mit seinem besonderen Platz. Der eine Vater hat mich ins Leben geschickt, mir ein Erbe mitgegeben, und mich in die Hände des anderen Vaters gegeben, der mein Vater im Leben wurde. Alles gut so.

Ich danke Allen Dreien so sehr, dass ICH ihr Kind bin!! Und ich bin einfach soooooooo befreit. Ich Danke Gott oder jedweder höheren Macht, daß ich dieses Glück hatte und ich bin so froh, dass meine jahrelange verzweifelte Suche nach mir selbst endlich auch zu mir selbst
geführt hat. ICH wußte immer schon um mich selbst, aber es macht einen riesen Unterschied, wenn die eigene innere Wahrheit und die äußere, sichtbare Wahrheit endlich zusammenpassen. Und ES endlich alles wahr wird. Das hat in mir Frieden erzeugt.