Dem Hausarzt haben wir deinen Werdegang erzählt, und für ihn war es ganz klar, dass es wichtig für dich und für unsere ganze Familie ist, dass du bald erfährst, auf welche Weise es uns geglückt ist, dich zu bekommen. Da ich gar nicht wusste, wie du reagieren würdest, wollte ich es dir zu einem Zeitpunkt sagen, wo ich und du auch viel Zeit hätten, also keine Reise oder ähnliches in Aussicht stand.
Und so ergab es sich am 6.6.1994, als ich von einem Tagesausflug mit der Schule zurückkam. 14 Tage vorher fragtest du mich unvermittelt, was ich von einer Ei-Spende hielt (aus der Elternzeitschrift), du interessiertest dich für diese Themen sehr. Ist das Zufall??
Ich brachte dich ins Bett und da sagtest du plötzlich: Wie kommt es eigentlich, dass ich Papa gar nicht ähnlich sehe? (Das hat zwar keiner gesagt, aber schließlich du.) So habe ich dir erzählt, wie es mit mir und Papa war. Deine Reaktion: Dann habe ich ja noch einen anderen Vater. Du sagtest dann: Dann bin ich ja unecht. Wie heißt der Mann? Ich nenne ihn einfach Heinrich. Trotzdem machst du ja vieles so wie Papa, einfach durch das Zusammenleben. Das fandest du alles aufregend und ich saß noch ganz lange an deinem Bett.
Viele Fragen: Wer weiß es nicht? Was, Omi weiß es nicht? Das muss ich unbedingt Judith erzählen! (das hast du wohl auch gleich getan, aber ich denke, sie hat es gar nicht verstanden.) Warum hast du denn nicht den Samen von Onkel XXX genommen? Was hat Heinrich denn für gute Seiten? Warum habt ihr mir das denn nicht früher gesagt? (Da hättest du das doch noch gar nicht verstanden) Gibt es noch mehr Familiengeheimnisse? Kennst du noch andere Kinder, die auf diese Weise geboren sind?
In den folgenden Tagen kam immer wieder das Gespräch darauf. Ich versuchte dir noch zu erklären, dass das ja auch nicht alle Menschen wissen müssen, dass du dir überlegen kannst, wem du es sagen willst. Nun ist schon lange nicht mehr das Gespräch darauf gekommen. Du bist ein sehr fröhliches Kind mit vielen guten Gaben.