Bericht über die Kinderwunsch Tage in Berlin am 18./19. Februar 2017

Am 18. und 19. Februar 2017 fanden in Berlin die „Kinderwunsch-Tage“ statt. Nach Angaben des Veranstalters sollte die Messe Informationen zur Erfüllung des Kinderwunsches übermitteln, Produkte und Dienstleistungen zeigen und den Austausch der Teilnehmer ermöglichen. Der Verein Spenderkinder kritisiert, dass unter dem Deckmantel einer Informationsveranstaltung jedoch von Seiten der Aussteller vor allem kommerzielle Interessen verwirklicht wurden, die aus dem Leid kinderloser Menschen Profit schlagen und dabei auch die Überschreitung rechtlicher Grenzen hinnehmen. Die Bedürfnisse Dritter, insbesondere der entstehenden Kinder, werden dabei nicht ausreichend berücksichtigt.

Für eine Eintrittsgebühr von 20 Euro präsentierten sich überwiegend Reproduktionszentren aus dem Ausland, die keine Kosten und Mühen scheuen, das Leid der Wunscheltern mit allen technisch möglichen Methoden zu beheben – auch mit Eizellspenden und Leihmutterschaften. Diese Verfahren sind in Deutschland verboten, da die Spenderinnen und Leihmütter bei ihrer Leistung erheblichen gesundheitlichen und psychischen Risiken ausgesetzt sind. Ganz zu schweigen von den Auswirkungen auf das entstehende Kind und dessen Bedürfnisse. Auch anonymisierte Keimzellspenden waren im Angebot. Das widerspricht dem in Deutschland geltenden Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung, das auch für Spenderkinder 2015 höchstrichterlich bestätigt wurde (Urteil des BGH vom 28.01.2015).

Als Besucher haben Mitglieder des Vereins Spenderkinder mit VertreterInnen verschiedener Organisationen und BesucherInnen der Messe sehr aufschlussreiche Gespräche geführt. Kliniken mit umstrittenen Verfahren, wie z.B. die ukrainische Klinik Intersono, begründeten ihre Verfahren damit, dass es letztlich die Entscheidung und Verantwortung der Eltern bleibe, an welchen ethischen und rechtlichen Grenzen sie sich orientieren. Als sie auf die in Deutschland geltenden Rechte der Kinder angesprochen wurden, lächelten sie darüber hinweg. Dagegen wurde mit Erleichterung festgestellt, dass zumindest die auf der Veranstaltung vertretenen deutschen Reproduktionszentren und Samenbanken die Ansicht teilen, dass anonyme Spenden nicht vertretbar sind.

Erfreulich war, dass sich viele Wunschelternpaare in ihrem Entscheidungsprozess für oder gegen reproduktionsmedizinische Verfahren prinzipiell offen für die Perspektive der Kinder zeigten und diese ernst nahmen. Umso bedenklicher ist es, wenn VertreterInnen wichtiger Anlaufstellen, wie DI-Netz, offensichtliche Problematiken, die z.B. das familiäre Ungleichgewicht genetische und soziale Elternteile betreffend, öffentlich von sich weisen. Dazu gab es sogar einen Workshop einer DI-Mutter, die mit den TeilnehmerInnen zusammen überlegen wollte, wie so unangenehme Begriffe wie „künstlich“, „gespaltene Elternschaft“ und „Bestellung“ aus dem öffentlichen Diskurs genommen werden können. Aus Spenderkinderperspektive bilden diese Begriffe jedoch ethische Problematiken ab, die auch mit geschönten Formulierungen nicht aufgelöst werden können.

Eine ernste und kritische Auseinandersetzung mit ethischen Aspekten, Trauer und Abschied oder individuellen Grenzen des Kinderwunsches fand, wenn überhaupt, nur sehr vordergründig statt. Reproduktionsmedizinische Verfahren wurden übereinstimmend als notwendige Weiterentwicklung gesehen, die zu einer modernen Gesellschaft eben dazugehöre. Es machte den Eindruck, dass die Mehrheit der dort Anwesenden eine ethische Debatte über Werte und Grenzen als religiös motiviert und/oder fortschrittsfeindlich ansieht. Eine echte Debatte, die Vor- und Nachteile aus verschiedenen Perspektiven akzeptiert und zur Sprache bringt, war offensichtlich nicht erwünscht. So wurde auch das Angebot des Vereins Spenderkinder, einen Vortrag über die Notwendigkeit der Aufklärung aus der Perspektive der Spenderkinder zu halten, im Vorhinein abgelehnt.

Wir hoffen, dass die umstrittene Veranstaltung wenigstens dazu beitragen konnte, im Nachhinein die aus unserer Sicht überfällige umfassende Debatte darüber anzustoßen, welche Werte und Grenzen unser Handeln als Gesellschaft leiten sollen.

Autorin: Anja