Über ein Jahr ist es her, dass CDU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart haben, dass Recht von durch Samenspende gezeugten Menschen auf Kenntnis ihrer Abstammung rechtlich regeln zu wollen. Passiert ist bisher leider nichts. Grund genug für uns, den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas an das Vorhaben zu erinnern:
Sehr geehrter Herr Minister,
ich schreibe Ihnen als Vorstand des Vereins Spenderkinder, ein Zusammenschluss von durch Samenspende gezeugten Erwachsenen.
Wir haben uns sehr gefreut, dass die Regierungskoalition in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen hat, das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft bei Samenspenden gesetzlich zu regeln. Leider haben wir jedoch bislang nicht von einer entsprechenden Gesetzesinitiative gehört. Bekannt geworden ist uns lediglich die Einberufung eines Arbeitskreises Abstammung zur Regelung von so genannten „privaten Samenspenden“.
Wir möchten Sie bitten, das Thema der rechtlichen Regelung von über Kliniken und Ärzten vorgenommenen Samenspenden (denn das sind die meisten Samenspenden) unabhängig von der Einberufung dieses Expertenkreises engagiert zu verfolgen. Private Samenspenden betreffen unserer Erfahrung nach andere Interessen: diese werden vor allem gewählt, um die (anfängliche) Anonymität der Samenspender bei über Kliniken und Ärzte vermittelten Samenspenden zu vermeiden. Oft ist auch ein geteiltes Sorgerecht oder ein Umgangsrecht geplant, über das in der Folge gestritten wird.
Bei über Reproduktionskliniken und -ärzte vermittelten Samenspenden gibt es jedoch Probleme, die seit Jahren bekannt sind. Schätzungen zufolge klären nur 10 % der Eltern ihre durch Samenspende gezeugten Kinder über ihre Entstehungsart auf. Faktisch wurde den Spendern lange Zeit Anonymität zugesichert und ein ein Recht auf Kenntnis der Abstammung von mit einer Samenspende gezeugten Menschen geleugnet. Erst das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm von 6. Februar 2013 hat hier eine gewisse Klärung gebracht. Ein gesetzlich fixierter Auskunftsanspruch würde dieses Recht kodifizieren und auch eine Ausstrahlungswirkung auf Ärzte und Eltern haben.
Für viele durch eine Samenspende gezeugte Menschen ist die Realisierung ihres Auskunftsanspruchs weiterhin schwierig. Viele Ärzte und Kliniken behaupten, nach 10 Jahren die Behandlungsunterlagen vernichtet zu haben. Andere berufen sich darauf, dass der Auskunftsanspruch inzwischen aufgrund eines Ablaufs von mehr als 30 Jahren verjährt sei. Auch heute beträgt die Aufbewahrungsdauer für Behandlungsunterlagen nur 30 Jahre – eine deutliche Ungleichbehandlung zu Adoptierten.
Wir bitten Sie daher, über Ärzte und Samenbanken vermittelte Samenspenden möglichst schnell umfassend zu regeln. Neben einem gesetzlich kodifizierten Auskunftsanspruch sollte eine umfassende Regelung beinhalten:
- eine Eintragung des Spenders in das Geburtenregister, entsprechend der Regelung bei Adoptivkindern, oder zumindest ein nationales Register dass die Daten für die Lebenszeit eines Menschen speichert,
- eine effektive Kontrolle der Vorgabe des Bundesärztekammer, dass von einem Spender nicht mehr als 10 Kinder gezeugt werden,
- eine Freistellung des Samenspenders vor Unterhalts- und Erbansprüchen,
- eine Verpflichtung der Wunscheltern zu einer unabhängigen psychologischen Beratung vor Inanspruchnahme einer Samenspende, da diese sich unserer Erfahrung nach oft nicht der besonderen Herausforderungen bewusst sind, die eine Familiengründung mit Hilfe eines Dritten lebenslang beinhaltet. In dieser Beratung sollte auf das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung hingewiesen werden.
Wir würden uns daher freuen, wenn Sie uns über den Ansatz und den Zeitplan für die Umsetzung des Rechts von Kindern aus Samenspenden auf Kenntnis ihrer Abstammung informieren könnten. Gerne sind wir auch bereit, unsere Erfahrungen in den Gesetzgebungsprozess oder einen Arbeitskreis mit ein zu bringen.
Mit freundlichen Grüßen