Das Bundesverfassungsgericht hat gestern entschieden, dass aus dem verfassungsrechtlich geschützten Recht auf Kenntnis der Abstammung nicht folgt, dass ein Verfahren zur sogenannten rechtsfolgenlosen Klärung der Abstammung gegenüber dem mutmaßlich leiblichen, aber nicht rechtlichen Vater bereit gestellt werden muss.
Eine rechtsfolgenlose Klärung der Abstammung bedeutet, dass hiermit keine Konsequenzen in dem rechtlichen Status der Beteiligten folgen, wie zum Beispiel eine Feststellung als Vater oder eine Anfechtung der Vaterschaft. Bislang gibt es eine solche rechtsfolgenlose Klärung der Abstammung nach § 1598a BGB nur zwischen den Personen, die rechtlich als Vater, Mutter und Kind gelten.
Geklagt hat eine 1950 als uneheliches Kind geborene Frau, deren Antrag auf Feststellung der Vaterschaft im Jahr 1954 gerichtlich abgelehnt wurde. Daher war ihr der Weg über die Vaterschaftsfeststellung verwehrt, die mit modernen DNA-Tests möglicherweise anders als im Jahr 1954 ausgefallen wäre. Nachdem im Jahr 2008 mit § 1598a BGB ein „Anspruch auf Einwilligung in eine genetische Untersuchung zur Klärung der leiblichen Abstammung“ geschaffen wurde, versuchte die Klägerin eine Klärung ihrer Abstammung über diese Norm. § 1598a BGB sieht jedoch nur einen Klärungsanspruch des Kindes gegenüber seinem rechtlichen Vater vor (und umgekehrt), nicht jedoch gegenüber dem vermuteten leiblichen, aber nicht rechtlichen Vater.
Das Bundesverfassungsgericht hat nun entschieden, dass es vom Ausgestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt sei, wenn die rechtsfolgenlose Klärung der Abstammung nur innerhalb der rechtlichen Familie, nicht aber gegenüber dem mutmaßlich leiblichen, aber nicht rechtlichen Vater besteht. Die Betonung des Ausgestaltungsspielraums des Gesetzgebers bedeutet jedoch, dass es verfassungsrechtlich möglich ist, dass der Gesetzgeber einen Anspruch auf rechtsfolgenlose Abstammungsklärung auch außerhalb der rechtlichen Familie einführt – er ist verfassungsrechtlich nur nicht dazu verpflichtet.
Der Verein Spenderkinder fordert den Gesetzgeber daher auf, ein Verfahren zur rechtsfolgenlosen Vaterschaftsfeststellung zuführen. Auch für Menschen, die durch Samenspende entstanden sind, kann die rechtsfolgenlose Klärung der genetischen Vaterschaft wichtig sein. Spenderkinder haben zwar einen Anspruch gegenüber dem Arzt oder der Reproduktionsklinik, die Identität des Samenspenders zu erfahren. Es kann jedoch unklar sein, ob dieser tatsächlich der genetische Vater ist. In der Vergangenheit wurden zum Beispiel in einem Zyklus die Proben von zwei verschiedene Spender bei der Mutter verwendet. Der Weg über eine normale Vaterschaftsfeststellung ist nur möglich, wenn man keinen rechtlichen Vater hat. Der Großteil der durch Samenspende gezeugten Menschen hat aber einen rechtlichen Vater und möchte bzw. kann diese rechtliche Vaterschaft auch nicht anfechten
Es kann nicht die Lösung sein, dass eine endgültige Klärung der Vaterschaft mittels eine DNA-Tests nur dann erreicht werden kann, wenn die Vaterschaft des bisherigen rechtlichen Vaters angefochten wird. Grundrechte der betroffenen Männer können dadurch geschützt werden, dass begründete Anhaltspunkte für die Vermutung vorgebracht werden müssen und Ansprüche auf Grund von Vermutungen ins Blaue als unbegründet abgelehnt werden können.