Archiv der Kategorie: Spenderkinder Verein

Spenderkinder bei der öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses

Am 16. Oktober 2015 fand eine öffentliche Anhörung des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages statt zu einem Gesetzentwurf der Grünen (BT-Drucksache 18/3279). Dieser forderte, die bisherige Regelung in § 25a SGB V, wonach miteinander verheiratete Paare die Hälfte der kosten von bis zu drei künstlichen Befruchtungen erstattet wird, wenn der Samen des Ehemannes verwendet wird, auch auf unverheiratete Paare, Lebenspartner und Samenspenden zu erweitern.

Wir lehnen die Übernahme der Kosten von Samenspenden durch die gesetzliche Krankenversicherung ab, insbesondere weil Samenspenden bislang rechtlich nur unzureichend geregelt sind und insbesondere die Rechte der hierdurch gezeugten Menschen auf Kenntnis ihrer Abstammung nicht ausreichend geschützt sind. Eine finanzielle Förderung würde daher ein politisch völlig falsches Signal senden. Auch handelt es sich bei Samenspenden – anders als bei der homologen Insemination – nicht um eine Behandlung von Unfruchtbarkeit,
sondern um eine besondere Form der Familiengründung zu Dritt. Diese ist mit
psychologischen Herausforderungen verbunden, und sollte nur nach gründlicher
Aufklärung und Reflektion zu den damit verbundenen Herausforderungen eingegangen
werden – ähnlich wie eine Adoption. Eine solche gründliche Überlegung wird aber
voraussichtlich entfallen, wenn die gesetzliche Krankenversicherung die
Behandlungskosten für Samenspenden übernimmt und damit vermittelt, dass
hier kein Unterschied zu einer homologen Insemination bestünde, bei der ein von beiden
Wunscheltern genetisch abstammendes Kind gezeugt wird.

Bei der Anhörung habe ich für Spenderkinder drei Fragen der Parlamentarier beantwortet. Von der CDU/CSU wurde ich gefragt, was wir bei der Samenspende unter einem „bewussten Vorenthalten des genetischen Vaters“ verstehen und was dies für ein Spenderkind und seine Familie bedeutet, und was für psychologische Auswirkungen eine späte Aufklärung für die Betroffenen hat und ob dies vergleichbar mit den Erfahrungen Adoptierter ist. Die Linke hat uns nach der derzeitigen Rechtslage zwischen Spenderkind und Spender gefragt, welchen Reformbedarf wir sehen und ob es hierfür international vorbildliche Regelungen gibt.

Die meisten schriftlichen und mündlichen Stellungnahmen waren eher kritisch gegenüber dem Gesetzentwurf, insbesondere wegen der Rechtslücken bei Samenspenden und wegen des offenen Rechtsbegriffs der „auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft“, bei der eine Kostenerstattung möglich sein soll. Das Schicksal des Gesetzentwurfs wird auf einer der nächsten Bundestagssitzungen entschieden – dass er abgelehnt werden wird, war aber auch schon vor der Anhörung relativ klar, weil er von der Opposition eingebracht wurde und außerdem recht hohe Kosten für die gesetzliche Krankenversicherung bedeutet hätte.

Wir haben uns sehr über das Interesse der Parlamentarier an der Sicht unseres Vereins gefreut. Leider schloss direkt die nächste Anhörung an, so dass wenig Zeit für einen Austausch blieb, aber das Thema wird den Bundestag ganz sicher wieder beschäftigen.

Die Aufzeichnung der Anhörung kann man sich auf der Seite des Bundestages ansehen, genauso wie unsere ausführliche schriftliche Stellungnahme.

Termine im Bundestag

In der nächsten Woche sind wir gleich zwei Mal zu Veranstaltungen im Bundestag eingeladen.

Am Montag, den 12. Oktober veranstaltet die Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen ein Fachgespräch zu „Änderungsbedarf im Abstammungsrecht“. Außer uns nehmen Vertreter des Deutschen Richterbundes, der Berliner Samenbank, von DI-Netz und Dr. Petra Thorn teil. Besprochen wird ein Antragsentwurf, der überlegt, Samenspenden über das Adoptionsverfahren zu regeln.

Am Mittwoch, den 14. Oktober, findet eine öffentliche Anhörung des Ausschusses für Gesundheit des Deutschen Bundestages zu einem Gesetzentwurf der Grünen vor, der eine Kostenübernahme von Behandlungskosten zur Samenspende durch die Gesetzliche Krankenversicherung fordert (Bundestags-Drucksache 18/3279). Mit uns sind einige andere Sachverständige eingeladen, deren schriftliche Stellungnahmen man auch nachlesen kann.

Wir freuen uns, unsere Anliegen im Bundestag vorstellen zu können und freuen uns auf viele spannende Diskussionen.

Artikel in der SZ: Das Rätsel ihres Lebens

In der Süddeutschen Zeitung Online ist gestern der Artikel „Kinder von Samenspendern – Das Rätsel ihres Lebens“ erschienen, in dem Spenderkinder-Mitglieder Jule und Elisa ihre Geschichte erzählen sowie ihre Vermutung, dass sie Halbeschwestern sind. Die beiden haben sich über unseren Verein kennengelernt und stammen aus der Praxis von Herrn Dr. Kupka in Düsseldorf, der inzwischen verstorben ist.

Song „novum“ – eine Antwort an Samenbanken auf der ganzen Welt, die sich weigern, Spenderkinder über deren Herkunft zu informieren

Spenderkinder-Mitglied Kevin hat vor zwei Tagen seine neue Single ’novum‘ veröffentlicht. In dem Song, der nach der Klinik benannt ist, in der Kevin gezeugt wurde, schildert er seine Gefühle über den unbekannten genetischen Vater und die Ohnmachtsgefühle aufgrund dieses Nichtwissens. Es ist ein wunderschönes Lied, und Kevin hat eine unglaublich tolle Stimme.

Gleichzeitig hat Kevin eine Online-Suchaktion gestartet, um seinen Spender zu finden. Bitte teilt sein Suchvideo auf Youtube, damit er auf diesem Weg vielleicht Informationen über seinen Spender findet. Als kleines Dankeschön bietet Kevin allen, die seinen Appell über facebook oder andere sozialen Netzwerke teilen und ihm davon über facebook einen screenshot schicken, ’novum‘ kostenlos als MP3 or WAV an. Und was sehr berührend ist: unter beiden Videos finden sich sehr viele unterstützende Botschaften für Kevin.

Hier die Lyrics zu ’novum‘:

Verse 1:
Undercover for so long,
what have i become?
Empty, desolate I waste away in the bitterness.
In the broken dreams
in which i always seek my identity
that you stole from me.
What a nice design, Dr. Frankenstein!
Indeterminate, unidentified.

Pre-Chorus 1:
Strangers for so long.
Tell me where I belong.

Chorus 1:
I’m not gonna fall in line! (Who are you to own us all?)
No I’m not gonna waive this right! (Always wondering what if i knew…)
What if I knew…

Verse 2:
I’ve tried to let it go
but it numbs me not to know.
Yeah it numbs me! It haunts me!
In the mirrors! In the diaries!
All the compliments, the accomplishments
never weighed as much as the silence…

Pre-Chorus 2:
…of uncertainty for so long, but i will hold on.

Repeat Chorus 1

Bridge:
Who you really were – so familiar.
To look into the eyes that look just like mine…

Chorus 2:
No I’m… I’m gonna chase this light! (all the way until the end!)
I’m… I’m gonna win this fight! (no more wondering what if I knew)
What if I knew (the truth)

 

Die Position des Vereins Spenderkinder zur Embyonenadoption (Embryonenspende)

In letzter Zeit wird zunehmend auch die Durchführung und Zulassung der so genannten Embryonenspende in Deutschland diskutiert, die wir als Embryonenadoption bezeichnen. Das ist Anlass für den Verein Spenderkinder, hierzu Position zu beziehen, denn auch die so gezeugten Kinder sind Spenderkinder. Die folgende Stellungnahme basiert auf einer Online-Befragung unserer Mitglieder, an der etwa ein Drittel teilgenommen hat, und einem Fragenkatalog, den wir für eine Anhörung beim Deutschen Ethikrat beantwortet haben.

Embryonenadoption ist keine Win-win-Situation, sondern eine ethisch und psychosozial herausfordernde Situation

Die Zulassung oder vermehrte Durchführung der Embryonenadoption in Deutschland wird teilweise vehement gefordert und dabei unkritisch als „Win-win-Situation“ beschrieben. Typisch dafür ist folgende Darstellung: „Infertilen Paaren kann hierdurch ihr Kinderwunsch erfüllt werden, die „Eltern“ der überzähligen Embryonen werden aus ihrem moralischen Dilemma befreit, vielleicht lebensfähige, aber von ihnen nicht mehr benötigte Embryonen der Vernichtung anheimzustellen, und – das ist entscheidend – die Embryonen selbst erhalten eine Chance zum Weiterleben.1

Diese Darstellung birgt jedoch die Gefahr, die psychosozialen und ethischen Herausforderungen dieser Art der Familiengründung zu unterschätzen.

1. Was ist Embryonenadoption?

Unter Embryonenadoption verstehen wir die Weitergabe von bei In-vitro-Fertilisationen entstandenen Embryonen, die ursprünglich den Kinderwunsch der genetischen Eltern realisieren sollten, an andere als die genetischen Eltern.2

Den Begriff „Embryonenspende“ für diese Form der Familiengründung lehnen wir ab und finden wegen der Parallelen zur Adoption den Begriff „Embryonenadoption“ passender. Insbesondere stehen hinter den Begriffen „Spende“ und „Adoption“ unterschiedliche Konzepte, wie die Beziehungen zwischen den Beteiligten aussehen werden.3 Die Verwendung des Begriffs „Spende“ spiegelt die Intention der Reproduktionsmedizin wider, die Weitergabe des Embryos – wie bei Samen- und Eizellspenden – lediglich als Möglichkeit der Erzielung einer Schwangerschaft und nicht als eine gesonderte Form der Familiengründung zu viert (d.h. mit zwei genetischen und zwei sozialen Elternteilen) zu sehen.

Außerdem ist der Begriff der „Spende“ mit positiven, sozial anerkannten Assoziationen an eine „gute Tat“, „Großherzigkeit“ etc. verknüpft. Tatsächlich erwächst die Weitergabe überzähliger Embryonen aber aus einem moralischen Dilemma heraus, dessen Handlungsalternativen „Vernichten“ oder „Weitergeben“ beide ethisch bedenklich sind.

Bei der Frage, ob es ethisch geboten ist, die Embryonen durch Weitergabe an andere Paare nicht sterben zu lassen, muss berücksichtigt werden, dass es sich bei dem Großteil der in Deutschland in Reproduktionszentren gelagerten Embryonen nicht um Embryonen im Rechtssinn handelt, bei denen die Zellverschmelzung schon stattgefunden hat, sondern um so genannte Vorkerne, auch bezeichnet als imprägnierte Eizellen oder 2-PN-Zellen. Bei diesen ist das Spermium zwar bereits in die Eizelle gelangt, doch die Kerne von beiden Zellen sind noch nicht miteinander verschmolzen. Das genetische Material der Eltern ist daher noch getrennt, die Befruchtung wird durch das Einfrieren gestoppt. Auf diese Weise können Mediziner viele Eizellen in einem Zyklus befruchten, ohne gegen die im Embryonenschutzgesetz verbotene Vorratshaltung von Embryonen zu verstoßen.4 Da die eigentliche Verschmelzung der Zellen noch nicht stattgefunden hat, ist es nicht ganz fernliegend, dass es sich hierbei noch nicht um menschliches Leben handelt, dass geschützt werden muss. Für andere bedeuten dagegen vielleicht auch Vorkerne schon menschliches Leben, weil die Verschmelzung von Ei- und Samenzelle nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, ohne beide Zellen zu zerstören und die Zellverschmelzung stattgefunden hätte, wenn die Zellen nicht eingefroren worden wären.

Bei einer ausdrücklichen Zulassung würde die Embryonenadoption ein erlaubtes reproduktionsmedizinisches Verfahren darstellen, das auch bei der Unfruchtbarkeit beider Eltern oder der Frau die Einleitung einer Schwangerschaft ermöglicht und das außerdem eine hohe Erfolgsrate bietet und vergleichsweise kostengünstig ist.5

Es ist umstritten, ob die Embryonenadoption derzeit in Deutschland nach dem Embryonenschutzgesetz erlaubt ist.6 Trotz dieser rechtlichen Unklarheit und der fehlenden rechtlichen Regelungen des gesamten Verfahrens vermittelt das so genannte Netzwerk Embryonenspende jedoch bereits Embryonen (Kritik am Netzwerk Embryonenspende).

2. Embryonenadoption und Samenspenden sind nicht gleichzusetzen

Aus Sicht einer deutlichen Mehrheit unserer Mitglieder (78 % der Teilnehmenden an unserer internen Befragung) bestehen deutliche Unterschiede zwischen einer Samenspende und einer Embryonenadoption. Die meisten unserer Mitglieder stellen sich diese Zeugungsart als schwieriger für den auf diese Weise entstandenen Menschen vor und sind daher froh, nicht auf diese Weise entstanden zu sein.

Als bedeutendsten Unterschied zur Samenspende wird gesehen, dass das Kind bei einer Embryonenadoption mit beiden Elternteilen nicht biologisch verwandt ist. Das ist ein gravierender Unterschied zur Familiengründung durch Fremdsamenspende und stellt eine Parallele zur Adoption dar.7

Auch treffen Menschen aus Embryonenadoption, die ihr Recht auf Kenntnis ihrer genetischen Abstammung in Anspruch nehmen, nicht wie durch Samenspende gezeugte Menschen auf einen Spender und mögliche Halbgeschwister, sondern auf eine komplette Parallelfamilie, in der es Vollgeschwister und ein genetisches Elternpaar gibt. Ihnen wird sich die Frage stellen, wie es gewesen wäre, wenn sie bei ihrer leiblichen Familie hätten aufwachsen können, und warum sie in eine andere Familie gegeben wurden.

Als weiteren bedeutenden Unterschied sehen unsere Mitglieder, dass bei der Embryonenadoption nicht nur eine Keimzelle gespendet wird, sondern ein vollständiger Embryo. Ein Embryo wird vielfach bereits als Mensch gesehen.

Es gibt natürlich auch Gemeinsamkeiten zwischen Embryonenadoption und Samenspende: Eine Embryonenadoption ist wie auch die Samenspende ein Verfahren der künstlichen Befruchtung, mit denen ein Kind erzeugt wird, dessen Geburtseltern (teilweise) nicht seine genetischen Eltern sind. Sowohl bei durch Samenspende als auch bei durch Embryonenadoption gezeugten Menschen können negative Gefühle wegen des Aspekts bestehen, abgegeben und von den genetischen Eltern nicht gewollt worden zu sein.8

Sowohl eine Familiengründung durch Samenspende als auch eine durch Embryonenadoption stellt nicht nur die Befriedigung eines Kinderwunsches dar, sondern einen dynamischen und lebenslangen Prozess für alle Beteiligten. Es ist wichtig, die sozialen Eltern darüber aufzuklären, dass ihr auf diese Weise entstehendes Kind im Wissen um seine Entstehungsweise aufwachsen sollte.9 Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es im Laufe seines Lebens Kontakt zu seinen genetischen Elternteilen aufnehmen wollen.10 Dieses Interesse ist auch von Adoptivkindern bekannt und unabhängig von der Beziehung zu den sozialen Eltern.11

3. Besondere Herausforderungen der Embryonenadoption

A Aus Sicht der durch eine Embryonenadoption gezeugten Kinder

Insbesondere aus der Perspektive der durch Embryonenadoption gezeugten Kinder bestehen große Herausforderungen aufgrund dieser Zeugungsart.

aa Fremdheitsgefühle – gehöre ich hier hin?
Bei Menschen, die durch eine Embryonenadoption gezeugt werden, sind genetische und soziale Eltern vollständig verschieden. Das kann zu Fremdheitsgefühlen gegenüber den sozialen Eltern führen12, während durch eine Eizell- oder Samenspende gezeugte Menschen zumindest mit einem genetischen Elternteil aufwachsen und sich an diesem orientieren können.

bb Herausforderung durch gespaltene Mutterschaft
Im Gegensatz zu Samenspende-Kindern werden Embryonenadoption-Kinder von einer anderen als der genetischen Mutter ausgetragen. Während die austragende Mutter dies häufig als positiven Aspekt bewertet, bedeutet es für das Kind den Umstand einer gespaltenen Mutterschaft. Dies möchte das deutsche Embryonenschutzgesetz ausdrücklich verhindern, da vermutet wird, dass dieser Umstand die Identitätsfindung des Kindes erschwert.13 Auch unsere Mitglieder schätzen in unserer internen Umfrage eine gespaltene Mutterschaft als schwieriger ein als die gespaltene Vaterschaft, da zwei Mütter entscheidend zur Entstehung des Menschen beitragen und eine eindeutige Unterscheidung in biologische Mutter und soziale Mutter nicht möglich ist. Dieser Zusammenhang erhöht außerdem den Grad der Künstlichkeit der Entstehungsweise dieser Menschen.

cc Zweite Wahl?
Bei Kindern, die als Embryonen abgegeben werden, besteht als Unterschied zu durch Samenspende gezeugten Menschen der Aspekt, dass es sich bei ihnen um die übrig gebliebenen Embryonen handelt, die nicht für gut genug befunden wurden, um sie der genetischen Mutter zum Austragen einzupflanzen.

dd Verletzung durch Abgabe durch die genetischen Eltern
Bei Menschen, die mit einer Samen- oder Eizellspende gezeugt wurden, wird eine der Keimzellen gespendet, damit daraus Leben entstehen kann. Bei einer Embryonenadoption wird dagegen bereits beginnendes Leben abgegeben. Es ist davon auszugehen, dass die Wahrnehmung eines Embryos als ein individuelles Wesen eher dazu führt, dass Embryonenadoption-Kinder ihre Abgabe weitaus persönlich verletzender erleben, als durch Samenspende gezeugte Kinder die Abgabe der Keimzellen durch den Samenspender.

Dadurch ergeben sich wichtige psychosoziale Parallelen zur Situation adoptierter Menschen:
Viele Adoptierte äußern, dass es wichtig für sie ist, den Grund zu verstehen, weswegen ihre leiblichen Eltern sie abgegeben haben. Es ist fraglich, ob z.B. der Grund, dass die Familienplanung abgeschlossen war, von durch Embryonenadoption gezeugten Menschen als Notwendigkeit für ihre Abgabe akzeptiert wird. Hinzu kommt, dass auch die Erzeugung der Embryonen kein Zufallsgeschehen war, sondern beabsichtigt. Die genetischen Eltern wünschten sich also durchaus ein oder mehrere Kinder und entschieden sich dafür ein Verfahren in Anspruch zu nehmen, das die Entstehung „überzähliger“, von den genetischen Eltern nicht gewünschter Embryonen, in Kauf nimmt. Das Elternpaar hat also von vornherein einkalkuliert, dass mehr Embryonen entstehen als dass sie Kinder austragen und versorgen möchten. Der Embryo, bzw. der daraus erwachsende Mensch erhält dadurch einen Objektstatus. Über ihn wird verfügt. Er wird erzeugt, verwendet, verworfen oder weitergegeben. Das ist per se eine Kränkung für ein Subjekt, ein Angriff auf seine Würde als Mensch.

B Herausforderungen für die genetischen Eltern

Ein Samenspender hat von vornherein die Absicht, seine Keimzellen einem Paar mit Kinderwunsch zu spenden. Bei einer Embryonenadoption wollten die genetischen Eltern zunächst ihren eigenen Kinderwunsch erfüllen. Erklärt das Paar die eigene Familienplanung für abgeschlossen, obwohl noch zuvor erzeugte Embryonen vorhanden sind, ergibt sich für das Paar ein moralisches Dilemma, wenn es die Vernichtung der erzeugten Embryonen oder der bereits imprägnierten Eizellen moralisch ablehnt.

Studien zu den abgebenden Eltern von Embryonenadoptionen ergaben, dass diese die Embryonen in stärkerem Maße als bereits existierendes Leben, einen Teil von sich oder bereits als ihre Kinder ansehen, als dies bei Keimzellspendern der Fall ist.14

Entscheiden sich die abgebenden Eltern für eine Weitergabe, müssen sie sich bewusst sein, dass ein Kind, das genetisch vollständig ihr eigenes ist, bei einer anderen Familie aufwächst. Die vom Netzwerk Embryonenspende betonte Solidarität durch die Weitergabe des Embryos an ein Paar, das sich bisher vergeblich ein Kind wünscht, übersieht diese emotionalen Herausforderungen an die abgebenden Eltern und suggeriert, einen Embryo könne man weitergeben wie ein nicht mehr gebrauchtes Kleidungsstück. Darüber hinaus ist der Fall denkbar, dass das abgebende Paar seinen eigenen Kinderwunsch mit einer In-vitro-Fertilisation nicht erfüllen konnte und Embryonen übrig bleiben, weil die Frau zum Beispiel gesundheitlich nicht mehr in der Lage dazu ist, ein Kind auszutragen. Die Umsetzung des aus Kindersicht wünschenswerten Kontakts im Sinne einer offenen Adoption kann dann eine ganz besonders große Herausforderung sein.

C Unterschied der Embryonenadoption zur Samenspende aus Sicht der Empfängereltern

Die sozialen Eltern eines durch Embryonenadoption erzeugten Kindes haben – wie bei einer Adoption – eine symmetrische Beziehung zum Kind, weil sie beide nicht mit dem Kind genetisch verwandt sind. Bei einer Keimzellspende ist die Beziehung dagegen asymmetrisch, da ein sozialer Elternteil gleichzeitig auch genetischer Elternteil ist. Diese ungleiche Ausgangsposition kann Spannungen zwischen den Eltern begünstigen.15

Aus Adoptivfamilien ist bekannt, dass es den sozialen Eltern häufig schwer fällt, auch den genetischen Eltern von Adoptivkindern einen wertschätzenden, würdigen Platz zu geben ohne sich zu ihnen in Konkurrenz zu fühlen. Dies ist jedoch wichtig, damit das Kind in keinen Loyalitätskonflikt zwischen den beiden Elternpaaren gerät, sondern alle Beteiligten nebeneinander anerkennen kann.16 Bei der Familiengründung durch Samenspende wird der genetische Vater des Kindes von den sozialen Eltern ebenfalls häufig als potenter Konkurrent des sozialen Vaters wahrgenommen,17 was immer noch viele Eltern davon abhält, ihre Kinder über ihre Entstehungsweise aufzuklären.

Bei der bei einer Embryonenadoption vorhandenen kompletten Parallelfamilie mit genetischem Elternpaar und leiblichen Vollgeschwistern ist zu vermuten, dass bei den empfangenden Eltern in noch stärkerem Maße Konkurrenzgefühle entstehen können. So äußern soziale Eltern in Embryonenadoptions-Familien in Studien die Befürchtung, dass eine Aufklärung der Kinder die bisherigen sozialen innerfamiliären Beziehungen zerstören könne.18 Entsprechend haben Studien ergeben, dass die Aufklärungsbereitschaft der sozialen Eltern in Embryonenadoptions-Familien noch geringer als bei Samenspenden ausfällt19, die Aufklärungsbereitschaft sich jedoch erhöht, je mehr Informationen über die abgebenden Eltern erhältlich sind.20
4. Embryonenadoptionen sollten – wenn überhaupt – nur unter strengen Voraussetzungen zugelassen werden

Wegen diesen erheblichen Herausforderungen an die so gezeugten Kinder, aber auch an die abgebenden und empfangenden Eltern, sehen wir eine mögliche Zulassung der Embryonenadoption sehr kritisch.

Diese Haltung beruht insbesondere auch auf den eigenen Erfahrungen der Mitglieder unseres Vereins: Durch eine Samenspende gezeugte Menschen sehen sich einer schwierigeren Familiensituation ausgesetzt als Menschen, die bei ihren genetischen Eltern aufwachsen. Die Familiengründung mit Hilfe eines Dritten wird von den Eltern oft ausgeblendet oder unterschätzt. Viele Spenderkinder werden nicht über ihre Zeugungsart aufgeklärt und erfahren diese, wenn überhaupt, nur zufällig oder in ungünstigen Situationen, wie einem Familienstreit oder erst im Erwachsenenalter. Möchten sie mehr über ihre genetische Abstammung erfahren, treffen sie oft auf Unverständnis oder negative Emotionen ihrer Eltern sowie auf Reproduktionsmediziner, die die Daten der Spender – rechtswidrig – nur unzureichend dokumentiert haben. Hinzu kommt, dass von ihnen Verständnis für die Situation ihrer Eltern erwartet wird und sie teilweise auch das Gefühl haben, diese schonen zu müssen und ihnen nicht die Belastung aufbürden zu können, dass sie sich für ihre Abstammung interessieren.21

Wir vermuten, dass die Situation für durch Embryonenadoption gezeugte Menschen noch schwieriger ist. Wegen dieser Herausforderungen an die Identitätsfindung spricht sich eine knappe Mehrheit unserer Mitglieder (46 %) grundsätzlich gegen die Zulassung der Embryonenadoption in Deutschland aus. Die andere große Gruppe (36 %) tendiert ebenfalls eher zu einem Verbot, kann sich aber eine Zulassung unter strengen Bedingungen vorstellen.

Dazu gehören:

A Frühe Aufklärung der Kinder und Auseinandersetzung der Eltern mit fortbestehender Unfruchtbarkeit

Studien zu Embryonenadoptions-Familien haben noch geringere Aufklärungsquoten als bei Familien erkennen lassen, die mit Hilfe einer Samenspende entstanden sind.22 Die so gezeugten Menschen werden sehr häufig möglicherweise nur durch Zufall, auf jeden Fall aber zu spät von ihrer Zeugungsart erfahren. Dieses Verhalten zeigt, dass die Eltern sich wenig mit ihrer Unfruchtbarkeit und den Herausforderungen einer Familiengründung zu viert auseinandergesetzt haben und ihren Kindern auch nicht selbstbewusst als „nur“ soziale Eltern gegenüber auftreten können.

Das bestätigt die Ansicht unseres Vereins, dass es nicht der richtige Weg ist, Familiengründungen mit Hilfe von Dritten (oder wie bei der Embryonenadoption mit Hilfe eines anderen Paares) alleine der Reproduktionsmedizin zu überlassen. Diese behandelt solche Methoden der Familiengründung vornehmlich wie ein medizinisches Problem, das durch eine Schwangerschaft gelöst wird, und nicht als einen dynamischen, unbegrenzten und lebenslangen Prozess für alle Beteiligten. Hinzu kommt außerdem das finanzielle Interesse der Reproduktionsmedizin, die entsprechenden Behandlungen und Untersuchungen vornehmen zu können. Daher bedarf es deutlicher rechtlicher Regeln, die diese Formen der Familiengründung größtenteils der Entscheidungsfreiheit der Reproduktionsmedizin entziehen.

Der Verein Spenderkinder fordert daher, dass Eltern, die ihr Kind mit Hilfe einer Eizell-, Samenspende oder durch Embryonenadoption bekommen, zur Aufklärung ihrer Kinder verpflichtet werden. Wie andere Verpflichtungen auch, die in das familiäre Umfeld eingreifen (zum Beispiel das Recht auf gewaltfreie Erziehung), wird die Durchsetzung dieses Rechts schwierig sein. Trotzdem würde die ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung eine Leitwirkung auf die Eltern ausüben. Die rechtliche Verpflichtung sollte außerdem durch weitere Maßnahmen wie die Eintragung der genetischen Eltern im Geburtenregister und einer eingehenden psychosozialen Beratung flankiert werden.

B Parallelen zur Adoption erfordern intensive psychosoziale Beratung vor und nach der Geburt

Familiengründung mit Hilfe von Dritten – insbesondere aber die Embryonenadoption mit ihren sehr deutlichen Parallelen zur Adoption – sollten von einer intensiven psychosozialen Beratung sowohl vor als auch nach der Geburt des Kindes begleitet werden. Im internationalen Vergleich ist dies in Neuseeland der Fall.23 Konkret informiert werden sollte über die Notwendigkeit der Aufklärung des Kindes über seine Entstehungsweise sowie die zukünftige Situation, dass das Kind interessiert an einem Kontakt zu den genetischen Eltern sein kann und ein Recht hat, zu erfahren, wer diese sind. Außerdem sollte in Beratungsgesprächen auf mögliche Spannungen aufgrund der mangelnden Verwandtschaft zu dem Kind und die notwendige Auseinandersetzung mit der eigenen Unfruchtbarkeit eingegangen werden.

Idealerweise sollte das Kind im Wissen um seine Entstehung aufwachsen um eine kontinuierliche Identitätsentwicklung zu ermöglichen.24 Das bedeutet, Fragen des Kindes zu seiner Entstehung von Anfang an altersgemäß aber ehrlich zu beantworten. Erste Fragen dazu treten in der Regel im Kindergartenalter auf. Eine Geheimhaltung der Entstehungsweise kann auf die Dauer nicht nur eine Belastung für die Eltern darstellen, sondern bedeutet auch eine Bevormundung des entstandenen Menschen, die Werte wie Aufrichtigkeit und Gleichwertigkeit der Familienmitglieder untergräbt.

Adoptionsbewerber werden intensiv auf die Herausforderungen einer Adoption vorbereitet und auch nach der Adoption weiterhin betreut. Dies findet bei Eltern, die ihre Kinder mit einer Eizell-, Samenspende oder durch Embryonenadoption bekommen, nicht statt. Wir erwarten daher, dass eine verbesserte psychosoziale Beratung auch zu einer verbesserten Aufklärungsquote führen wird. In Großbritannien sind Reproduktionsärzte und -kliniken außerdem verpflichtet, Wunscheltern darauf hinzuweisen, dass sie ihre Kinder über ihre Entstehungsart aufklären sollten.

C Offenes Verfahren der Weitergabe

In Neuseeland kann eine Embryonenadoption nur in einem offenen Verfahren durchgeführt werden, bei dem die abgebenden und die empfangenden Eltern Kontakt zu einander aufnehmen.25 Ein ähnliches Verfahren sieht das christlich geprägte Snowflake Programm in den USA vor.26 Das deutsche Netzwerk Embryonenspende praktiziert mit einer Anonymität von abgebenden und empfangenden Eltern das Gegenteil.

Ein offenes Verfahren vermittelt sowohl abgebenden als auch empfangenden Eltern sichtbarer und spürbarer die Herausforderungen dieser Art der Familiengründung.

Für die abgebenden Eltern kann die Offenheit die Abgabe sowohl erschweren als auch erleichtern. Sehen die abgebenden Eltern die Weitergabe der Embryonen vor allem als Spende und Akt der Solidarität (so die Darstellung des Netzwerks Embryonenspende), zwingt die bewusste Auseinandersetzung mit den Empfängereltern sie dazu, sich damit auseinanderzusetzen, dass ein von ihnen gezeugtes Kind tatsächlich entstehen kann und bei anderen Eltern aufwachsen wird. Gleichzeitig kann für die abgebenden Eltern aber die Möglichkeit, Wünsche über die Empfänger zu äußern oder sie auszuwählen, auch die Entscheidung erleichtern, die Embryonen abzugeben, da sie die Embryonen bereits als ihre Kinder wahrnehmen und Einfluss darauf haben möchten, in welchem Umfeld sie aufwachsen.27

Für das durch Embryonenadoption entstandene Kind kann die Möglichkeit der abgebenden Eltern, Wünsche über das Empfängerpaar zu äußern, das Bewusstsein vermitteln, dass seine genetischen Eltern sich um sein Wohlergehen sorgten und daran interessiert waren, dass es ihm gut geht. Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass die Zuordnung zu den sozialen Eltern für das Kind auch bei einem Mitspracherecht der abgebenden Eltern eine willkürliche Entscheidung bedeutet. Es bleibt immer die Frage im Raum, wie ein Aufwachsen bei den genetischen Eltern und leiblichen Geschwistern gewesen wäre.

D Notwendige langfristige Dokumentation beider genetischen Elternteile und Auskunftsrecht

Für durch Embryonenadoption gezeugte Menschen ist die Kenntnis und Dokumentation der genetischen Eltern möglicherweise noch wichtiger als für durch Samen- oder Eizellspende gezeugte Menschen, weil bei ihnen soziale und genetische Elternschaft vollständig voneinander getrennt sind.

Aus den Erfahrungen von durch Samenspende gezeugten Menschen mit der problematischen Dokumentationspraxis der Reproduktionsärzte empfehlen wir außerdem, dass es bei der Embryonenadoption, wenn sie überhaupt zugelassen werden sollte, deutliche Regeln zur langfristigen und auch unabhängigen Dokumentation beider Elternteile geben muss. Die problematische Dokumentationspraxis der Reproduktionsärzte wird derzeit fortgesetzt: So hat das Netzwerk Embryonenspende zumindest in der Vergangenheit vertreten, nur über den leiblichen Vater Auskunft geben zu müssen, weil Mutter nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch nur die Frau sei, die das Kind geboren habe.28

Wie bei Adoptionen sollte die Identität der genetischen Eltern im Geburtenregister festgehalten werden. Dies würde auch die Bereitschaft der Eltern erhöhen, ihre durch Embryonenadoption gezeugten Kinder über ihre Entstehungsart aufzuklären. Einen Auszug aus dem Geburtenregister fordern fast alle Standesämter für die Anmeldung einer Eheschließung .29 Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass das Kind die Tatsache der Entstehung durch eine Embryonenadoption an einem bestimmten Zeitpunkt seines Lebens erfährt. Diese Tatsache – zusammen mit der intensiven Adoptionsbetreuung – führt dazu, dass bei Adoptierten etwa 90 % der Kinder über ihre Abstammung aufgeklärt werden. Alternativ wäre ein nationales Register denkbar, bei dem die Personalien der Spender festgehalten werden und an das sich Betroffene mit ihrem Auskunftsanspruch wenden können. Dieses Register hat jedoch den Nachteil, dass es – anders als die Eintragung im Geburtenregister – keinen Anreiz für die Eltern darstellt, die Kinder über ihre Abstammung aufzuklären.

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28. Januar 2015 ist das Recht auf Kenntnis der Abstammung nicht von einem bestimmten Alter abhängig. Entsprechend sollten Menschen aus Embryonenadoption ebenfalls von Anfang an Auskunft über die Identität ihrer genetischen Eltern erhalten können. Es wäre wünschenswert, dass wie bei Adoptierten der Kontakt von den Adoptionsvermittlungsstellen begleitet werden kann.

E Verhinderung direkter oder indirekter Kommerzialisierung zur Wahrung der Menschenwürde

Obwohl Reproduktionsmediziner bei allen Formen der Familiengründung zu dritt oder viert ausschließlich das Wort „Spende“ benutzen, wird oft eine Aufwandsentschädigung gezahlt, die einer Kommerzialisierung entspricht. So geben zumindest einige frühere Samenspender an, dass sie vor allem auf Grund des finanziellen Anreizes gespendet haben.

Dies stellt für die so gezeugten Menschen eine Kränkung und weitere Ablehnung dar und beeinträchtigt ihre Würde als Mensch. Dies gilt in noch stärkerer Form für die Embryonenadoption, wo nicht „nur“ eine Keimzelle gespendet wird, sondern ein Embryo weitergegeben wird. Eine Kommerzialisierung der Embryonenadoption sollte daher unbedingt verhindert werden. Diese versteckt sich teilweise nicht nur in einer direkten Aufwandsentschädigung. So erhalten Frauen in Großbritannien teilweise In-vitro-Fertilisationen zu reduziertem Behandlungsgebühren, wenn sie sich bereit erklären, überzählige Eizellen zu spenden. Bei der Embryonenadoption sollten die empfangenden Eltern daher höchstens die Kosten für erforderliche Untersuchungen bei den abgebenden Eltern übernehmen, nicht jedoch die Cryokonservierung oder den Aufwand der Hormonstimulation für die ursprüngliche In-vitro-Fertilisation, bei der die Embryonen entstanden sind.

F Bereits zugelassene Verfahren sollten zunächst so geregelt werden, dass die Rechte der hierdurch gezeugten Menschen geschützt werden

Vor der Überlegung, ob weitere Formen von künstlicher Befruchtung zugelassen werden, durch die Spenderkinder erzeugt werden, sollte beachtet werden, dass die rechtliche Situation in Deutschland in den 45 Jahren, in denen Samenspenden in Deutschland erlaubt sind, noch immer nicht zufriedenstellend geregelt ist (siehe die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen Das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung vom 18.05.2015). Bevor weitere Verfahren der Reproduktionsmedizin zugelassen werden, sollten zunächst die bereits legalisierten rechtlich so geregelt werden, dass die Rechte der dadurch entstehenden Menschen geschützt und realisierbar werden können.

Bis dies soweit ist, sollte die Einhaltung des Embryonenschutzgesetzes durch Ordnungs- und Strafverfolgungsbehörden sichergestellt werden, damit Reproduktionsmediziner wie das Netzwerk Embryonenspende nicht weiterhin vollendete Tatsachen schaffen und dabei die in der Vergangenheit bei Samenspenden gemachten Fehler wiederholen.

  1. So Martin Löhning, Zivilrechtliche Aspekte der Samenspende de lege ferenda, Zeitschrift für Rechtspolitik 2015, 76, S. 77, dessen Artikel sich auch im Übrigen nicht durch Verständnis für die psychosozialen Herausforderungen von Familiengründungen durch Reproduktionsmedizin auszeichnet. []
  2. Teilweise wird der Begriff „Embryonenspende“, den wir Embryonenadoption nennen, jedoch auch für die Kombination von einer Eizellspende mit einer Samenspende verwendet. Im Unterschied zur ersten Variante wird hierbei der Embryo gezielt für die nicht-genetischen Eltern erzeugt. Diese Variante wird im Folgenden nicht gemeint. []
  3. vgl. Blyth, E., Frith, L., Paul, M. S. & Berger, R. (2011). Embryo Relinquishment for Family Building: How should it be conceptualised? International Journal of Law, Policy and the Family, 25 (2), 260–285, S.260. []
  4. Siehe auch Lea Wolz, Embryo zur Adoption freizugeben, Stern Online, 24.06.2015. []
  5. Keenan, J. A., Gissler, M. & Finger, R. (2012). Assisted reproduction using donated embryos: outcomes from surveillance systems in six countries. Human Reproduction, 27 (3), 747–752, S. 747. []
  6. Kern des rechtlichen Streits ist, ob die Weiterkultivierung eines Vorkerns mit der Absicht der Übertragung auf eine andere Frau eine nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Embryonenschutzgesetz verbotene „Befruchtung“ zur Übertragung an eine andere Frau darstellt. Den Verbotstatbestand als erfüllt sehen Taupitz J., Hermes B., Eizellspende verboten – Embryonenspende erlaubt? Neue Juristische Wochenschrift 2015, 1802-1807, S. 1807; sowie Börgers, N. & Frister, H. (2010). Rechtliche Probleme im Zusammenhang mit der Kryokonservierung von Keimzellen; für die Legalität des Verfahrens spricht sich Monika Frommel, die zum Netzwerk gehört, in einem für das Netzwerk erstellten Rechtsgutachten aus. []
  7. Börgers, N. & Frister, H. (2010). Rechtliche Probleme im Zusammenhang mit der Kryokonservierung von Keimzellen. []
  8. vgl. z.B. Textor, M. R. (1988). Offene Adoption von Säuglingen. Unsere Jugend, 40, 530-536; Haar, R. (2010). Eltern unter Druck: Beratung von hilflosen und überforderten Eltern. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht. []
  9. z.B. Blyth, E., Langridge, D. & Harris, R. (2010). Family building in donor conception: parents’ experiences of sharing information. Journal of Reproductive and Infant Psychology, 2 (28), 116-127, S. 124f.; Rumball, A. & Adair, V. (1999). Telling the story: parents’ scripts for donor offspring. Human Reproduction, 5 (14), 1392-1399, S. 1397. []
  10. Beeson, D., Jennigs, P. & Kramer, W. (2011). Offspring searching for their sperm donors: how family type shapes the process. Human Reproduction, 9 (26), 2415–2424, S. 2419; Hertz, R., Nelson, M. & Kramer, W. (2013). Donor conceived offspring conceive of the donor: The relevance of age, awareness, and family form. Social Science & Medicine, 86, 52-65, S.56; Scheib, J., Riordan M. & Rubin S. (2005). Adolescents with open-identity sperm donors: reports from 12–17 year olds. Human Reproduction, 20, 239-252, S. 248; Blake, L., Casey, P., Jadva, V. & Golombok, S. (2014). ‘I Was Quite Amazed’: Donor Conception and Parent–Child Relationships from the Child’s Perspective. Children & Society, 28, 425-437. []
  11. Oelsner, W. & Lehmkuhl, G. (2008). Adoption: Sehnsüchte – Konflikte – Lösungen. Düsseldorf: Patmos. []
  12. Carroll, H.: Donor IVF baby who says ‚I wish I’d never been born‘ – Daily Mail 25.06.2014. []
  13. Siehe Gesetzesbegründung zum Embryonenschutzgesetz, Bundestag-Drucksache 11/5460, 1989, S. 7. []
  14. Paul, M.S., Berger, R., Blyth, E. & Frith, L., (2010). Relinquishing Frozen Embryos for Conception by Infertile Couples. Families, Systems & Health, 28 (3), 258-273, S. 264, 267; Blyth, E., Frith, L., Paul, M. S. & Berger, R. (2011). Embryo Relinquishment for Family Building: How should it be conceptualised? International Journal of Law, Policy and the Family, 25 (2), 260–285, S. 277; de Lacey, S. (2005). Parent identity and ‘virtual’ children: why patients discard rather than donate unused embryos. Human Reproduction, 20 (6), 1661–1669, S. 1661. []
  15. Scheib, J., Riordan, M., Rubin, S. (2003). Choosing identity-release sperm donors: the parents’ perspective 13-18 years later. Human Reproduction, 5 (18), 1115-1127, S. 1118; Owen, L. & Golombok, S. (2009). Families created by assisted reproduction: Parent-child relationships in late adolescence. Journal of Adolescence 32, 835-848, S. 846. []
  16. Oelsner, W. & Lehmkuhl, G. (2008). Adoption: Sehnsüchte – Konflikte – Lösungen. Düsseldorf: Patmos. []
  17. Kirkman, M. (2004). Genetic Connection And Relationships in Narratives Of Donor-Assisted Conception. Australian Journal of Emerging Technologies and Society 1 (2), 1-21, S. 12; Lalos, A., Gottlieb, C. & Lalos, O. (2007). Legislated right for donor-insemination children to know their genetic origin: a study of parental thinking. Human Reproduction 6 (22), 1759–1768, S. 1766. []
  18. MacCallum, F. & Golombok, S. (2007). Embryo donation families: mothers‘ decisions regarding disclosure of donor conception. Human Reproduction, 22 (11), 2888-2895, S. 2888 []
  19. MacCallum, F. & Keeley, S. (2008). Embryo Donation Families: A Follow-Up in Middle Childhood. Journal of Family Psychology, 22 (6), S. 799–808, S. 805; MacCallum, D. (2009). Embryo donation parents‘ attitudes towards donors: comparison with adoption. Human Reproduction, 24 (3), 517-523, S. 517. []
  20. MacCallum, D. (2009). Embryo donation parents‘ attitudes towards donors: comparison with adoption. Human Reproduction, 24 (3), 517-523, S. 517. []
  21. Jadva, V., Freeman, T., Kramer, W. & Golombok, S. (2010) Experiences of offspring searching for and contacting their donor siblings and donor. Reproductive BioMedicine Online 20, 523–532, S. 531; Beeson, D., Jennigs, P. & Kramer, W. (2011). Offspring searching for their sperm donors: how family type shapes the process. Human Reproduction, 9 (26), 2415–2424, S. 2420. []
  22. MacCallum, F. & Keeley, S. (2008). Embryo Donation Families: A Follow-Up in Middle Childhood. Journal of Family Psychology, 22 (6), S. 799–808, S. 805. []
  23. Goedeke, S. & Payne, D. (2010). A qualitative study of New Zealand fertility counsellors’ roles and practices regarding embryo donation. Human Reproduction, 25 (11), 2821–2828. []
  24. Blyth, E., Langridge, D. & Harris, R. (2010). Family building in donor conception: parents’ experiences of sharing information. Journal of Reproductive and Infant Psychology, 2 (28), 116-127, S. 124f. []
  25. siehe zu Neuseeland Goedeke, S. & Payne, D. (2010). A qualitative study of New Zealand fertility counsellors’ roles and practices regarding embryo donation. Human Reproduction, 25 (11), 2821–2828. []
  26. Collard, C. & Kashmeri, S. (2011). Embryo adoption: Emergent forms of siblingship among Snowflakes families. American Ethnologist, 38 (2), 307–322. []
  27. de Lacey, S. (2005). Parent identity and ‘virtual’ children: why patients discard rather than donate unused embryos. Human Reproduction, 20 (6), 1661–1669, S. 1668. []
  28. Das ist rechtlich allerdings unbeachtlich, denn das Bürgerliche Gesetzbuch kann als einfaches Gesetz nicht Verfassungsrecht modifizieren, aus dem das Recht auf Kenntnis der Abstammung basiert. Inzwischen (Stand 1. Juli 2015) wurden jegliche Informationen zum Recht des durch Embryonenadoption gezeugten Kindes von der Internetseite des Netzwerks Embryonenspende genommen. []
  29. Obwohl § 12 Absatz 2 Personenstandsgesetz den Auszug aus dem Geburtenregister nicht als beizubringenden Urkunden aufzählt, fordern die meisten Standesämter diesen, um das Bestehen von Ehehindernissen wirksam überprüfen zu können. Siehe zum Beispiel das Standesamt Berlin Lichtenberg. []

Anhörung zur Embryonenspende beim Deutschen Ethikrat am 26. Mai 2015

Spenderkinder-Mitglied Anne hat am 26. Mai 2015 die Perspektive der Spenderkinder auf die so genannte „Embryonenspende“ (aus unserer Sicht „Embryonenadoption“) bei einer Anhörung des Deutschen Ethikrates in Berlin vertreten. Der Deutsche Ethikrat bereitet derzeit eine Stellungnahme zu diesem Thema vor und hat neben uns auch die Elternvertretung des sogenannten DI-Netzes, das bayerische Netzwerk Embryonenspende sowie die britische Forscherin Fiona McCallum als ReferentInnen zu der Thematik befragt. Wir bedanken uns herzlich beim Deutschen Ethikrat für die Einladung und die sich anschließende interessante und lebhafte Diskussion und sind gespannt auf die Stellungnahme.

Vierter Halbgeschwistertreffer

Im Dezember gab es einen weiteren Halbgeschwistertreffer zwischen zwei Spenderkindermitgliedern, diesmal aus dem Novum in Essen. Das ist der vierte Halbgeschwister-Treffer insgesamt und der dritte Treffer über unseren DNA-Test FamilyFinder. Der dritte Halbgeschwistertreffer liegt gerade mal drei Monate zurück – wir sind gespannt, wie es weitergeht!

Wir können alle Spenderkinder und Spender nur ermutigen, sich bei Family Finder zu registrieren, da jede Registrierung die Wahrscheinlichkeit für weitere Treffer erhöht!

Vortrag beim Arbeitskreis Donogene Insemination – vom Wunschkind zum Erwachsenen mit Wünschen

Letzten Samstag waren Spenderkinder-Vorständin Sarah und ich zu Besuch beim Jahrestreffen des Arbeitskreises Donogene Insemination. Wir haben dort einen Kurzvortrag über unsere Wünsche an Reproduktionsmediziner und Samenbanken mit dem Titel „Vom Wunschkind zum Erwachsenen mit Wünschen“ gehalten und mit den Mitgliedern diskutiert. Eine kurze Zusammenfassung des Vortrags findet sich unter diesem Bericht.

Mitglieder des Arbeitskreises sind vor allem Reproduktionsärzte und psychosoziale Berater. Da wir einige Reproduktionsärzte seit Jahren kritisieren und wir uns teilweise schon vor Gerichte getroffen haben, war unser Auftritt nicht ganz unbefangen. Gerade deswegen waren wir aber sehr dankbar für die Gelegenheit, unsere Sicht auf die Arbeit von Reproduktionsmedizinern erklären und diskutieren zu können.

Unser Eindruck war, dass im Arbeitskreis ein sehr breites Spektrum von Meinungen vorhanden ist. Während einige (vor allem jüngere) Mitglieder meinten, dass unsere Wünsche doch alle schon erfüllt würden, zeigten einige Redebeiträge leider, dass dem noch nicht so ist. Insbesondere das Recht auf Kenntnis der Abstammung scheint von einigen immer noch nicht anerkannt zu werden. Interessant war auch, dass die Vorgaben der Ärztekammer, dass nicht mehr als zehn Kinder durch einen Spender gezeugt werden sollen, lediglich als unverbindliche Orientierungshilfe angesehen wird. Auch unsere Forderung nach mehr Engagement für Altfälle, die die seit den 80er Jahre tätigen Ärzte betrifft, schien leider nicht wirklich auf fruchtbaren Boden zu fallen.

Auf jeden Fall war es wichtig, einmal miteinander und nicht wie so häufig nur übereinander zu reden. Hoffnung macht auch, dass gerade die jüngeren Mitglieder des Arbeitskreises offener wirken.

Wünsche des Vereins Spenderkinder an Reproduktionsärzte und Samenbanken

1. Anerkennung der Bedürfnisse von Spenderkindern und mehr Engagement für Altfälle

  • Akzeptanz des Wunsches von Spenderkinderm, ihre genetische Abstammung zu kennen;
  • Freundliche und korrekte Beantwortung von Anfragen, Übermittlung der den Spender identifizierenden Daten, Angebot der Begleitung des Erstkontaktes zum Spender;
  • langjährige Aufbewahrung der Spenderdaten bei einem Notar (solange es noch keine Eintragung im Geburtenregister oder ein zentrales Register gibt).

Mehr Engagement für Spenderkinder, bei denen auf den ersten Blick keine Behandlungsdaten mehr vorhanden sind:

  • ernsthafter Versuch der Beschaffung von Informationen;
  • Befragung von Angestellten, auch ehemaligen;
  • gründliche Sichtung des Aktenbestandes;
  • Kontaktierung von ehemaligen Spendern, die den Empfängern nicht mehr zugeordnet werden können, Bitte um Kontaktaufnahme so dass Zuordnung noch gelingen kann, Hinweis auf DNA Test Family Finder (https://www.familytreedna.com/family-finder-compare.aspx);
  • Suchannonce der Klinik nach ehemaligen Spendern;
  • Angebot, Kontakt zu Spendern und anderen Spenderkindern herzustellen, die sich in Zukunft melden werden.

2. Anerkennung von Verantwortung für die entstehende Familie

  • Weil die Gründung einer Familie mit Hilfe eines Dritten eine andere und auch herausforderndere Situation ist, als ein genetisch eigenes Kind zu bekommen, sollen Eltern diese Möglichkeit nur nach gründlicher Überlegung unter Berücksichtigung ihrer eigenen Wünsche und der Rechte der zukünftigen Kinder wählen.
  • Reproduktionsmediziner müssen Eltern mit Blick auf die Verantwortung für die ganze Familie – und das beinhaltet das zukünftige Kind – beraten. Im Sinne eines informed consent müssen die Wunscheltern auf die psychosozialen Herausforderungen vorbereitet werden. Diese beinhalten:
    – dass sie das Kind auf jeden Fall aufklären sollten, um es nicht zu bevormunden und eine kontinuierliche Identitätsentwicklung zu ermöglichen. Hinweise, dass Eltern rechtlich nicht verpflichtet sind, die Kinder aufzuklären, helfen dagegen überhaupt nicht weiter,
    – dass das Kind höchstwahrscheinlich im Laufe seines Lebens Kontakt zum Spender herstellen möchte,
    – dass der Spender eine existenzielle Rolle durch seine biologische Verbindung zum Kind inne haben wird,
    – dass der Wunschvater Wege finden muss, mit dieser potenziellen Konkurrenzsituation umzugehen, und dass er eine soziale Beziehung anders als bei biologischer Verwandtschaft aktiv herstellen muss.
  • Ärzte sollten daher eine Samenspende nicht einfach als Folgebehandlung empfehlen, wenn die Zeugungsunfähigkeit des Mannes feststeht.
  • Eine ideologisch und wirtschaftlich unabhängige Beratung durch eine psychosoziale Fachkraft vor der Entscheidung für oder gegen eine Familiengründung zu Dritt muss Voraussetzung sein.
  • Hinweis der Wunscheltern auf Organisationen wie Spenderkinder oder DI-Netz.
  • Vorsicht bei der Werbung für Familienbildung durch Samenspende, keine beschönigenden oder verharmlosenden Aussagen wie „Die Scheidungsrate bei den Eltern, die eine entsprechende Behandlung haben durchführen lassen, ist geringer als in der durchschnittlichen Bevölkerung“ oder „das Kind darf von ihnen geliebt aufwachsen“. Forschungsergebnisse legen eine höhere Scheidungsrate nahe (Owen /Golombok (2009), Daniels/Gillett/Grace (2009) Scheib/Riordan/Rubin (2003)). Menschen, die durch Samenspende entstanden sind, sind nicht glücklicher oder dankbarer für ihr Leben als andere Menschen.

3. Eintreten für mehr Offenheit

  • Überzeugtes Eintreten dafür, dass es bei einer Familiengründung durch Samenspenden nichts zu verheimlichen gibt.
  • Förderung von Verbindungen zwischen Spenderkindern, Spender, Familien: Hinweis auf DI-Netz, Spenderkinder, donor siblings registry, Family Finder Test.
  • Geben Sie Familien die Nummer des Spenders, damit sie diese in sozialen Netzwerken verwenden können.
  • bieten Sie Wunscheltern an, Kontakt zu anderen Eltern herzustellen, die ebenfalls Kinder vom selben Spender haben. Verstehen sich alle, könnten die Kinder von Anfang an Kontakt zu ihren Halbgeschwistern haben.
  • Suchen Sie explizit offene Samenspender, für die die Motivation, anderen helfen zu wollen und Leben zu zeugen im Vordergrund steht.
  • Nehmen Sie diese Spender als Mensch war und vermitteln sie ihnen, dass es nicht nur auf ihr Material ankommt, zum Beispiel durch Fragebögen zur Persönlichkeit des Spenders. Spender könnten außerdem schon jetzt mitteilen, welche Form der Kontaktaufnahme sie in 19 Jahren oder später bevorzugen würden.
  • Fragen Sie Samenspender, ob diese an – anonymisierten – Informationen über die durch sie gezeugten Kinder interessiert sind oder bei einem entsprechenden Wunsch auch zu einem Kontakt vor dem 18. Lebensjahr des Kindes bereit sind.

Brief an den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz

Über ein Jahr ist es her, dass CDU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart haben, dass Recht von durch Samenspende gezeugten Menschen auf Kenntnis ihrer Abstammung rechtlich regeln zu wollen. Passiert ist bisher leider nichts. Grund genug für uns, den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas an das Vorhaben zu erinnern:

Sehr geehrter Herr Minister,

ich schreibe Ihnen als Vorstand des Vereins Spenderkinder, ein Zusammenschluss von durch Samenspende gezeugten Erwachsenen.

Wir haben uns sehr gefreut, dass die Regierungskoalition in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen hat, das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft bei Samenspenden gesetzlich zu regeln. Leider haben wir jedoch bislang nicht von einer entsprechenden Gesetzesinitiative gehört. Bekannt geworden ist uns lediglich die Einberufung eines Arbeitskreises Abstammung zur Regelung von so genannten „privaten Samenspenden“.

Wir möchten Sie bitten, das Thema der rechtlichen Regelung von über Kliniken und Ärzten vorgenommenen Samenspenden (denn das sind die meisten Samenspenden) unabhängig von der Einberufung dieses Expertenkreises engagiert zu verfolgen. Private Samenspenden betreffen unserer Erfahrung nach andere Interessen: diese werden vor allem gewählt, um die (anfängliche) Anonymität der Samenspender bei über Kliniken und Ärzte vermittelten Samenspenden zu vermeiden. Oft ist auch ein geteiltes Sorgerecht oder ein Umgangsrecht geplant, über das in der Folge gestritten wird.

Bei über Reproduktionskliniken und -ärzte vermittelten Samenspenden gibt es jedoch Probleme, die seit Jahren bekannt sind. Schätzungen zufolge klären nur 10 % der Eltern ihre durch Samenspende gezeugten Kinder über ihre Entstehungsart auf. Faktisch wurde den Spendern lange Zeit Anonymität zugesichert und ein ein Recht auf Kenntnis der Abstammung von mit einer Samenspende gezeugten Menschen geleugnet. Erst das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm von 6. Februar 2013 hat hier eine gewisse Klärung gebracht. Ein gesetzlich fixierter Auskunftsanspruch würde dieses Recht kodifizieren und auch eine Ausstrahlungswirkung auf Ärzte und Eltern haben.

Für viele durch eine Samenspende gezeugte Menschen ist die Realisierung ihres Auskunftsanspruchs weiterhin schwierig. Viele Ärzte und Kliniken behaupten, nach 10 Jahren die Behandlungsunterlagen vernichtet zu haben. Andere berufen sich darauf, dass der Auskunftsanspruch inzwischen aufgrund eines Ablaufs von mehr als 30 Jahren verjährt sei. Auch heute beträgt die Aufbewahrungsdauer für Behandlungsunterlagen nur 30 Jahre – eine deutliche Ungleichbehandlung zu Adoptierten.

Wir bitten Sie daher, über Ärzte und Samenbanken vermittelte Samenspenden möglichst schnell umfassend zu regeln. Neben einem gesetzlich kodifizierten Auskunftsanspruch sollte eine umfassende Regelung beinhalten:

  • eine Eintragung des Spenders in das Geburtenregister, entsprechend der Regelung bei Adoptivkindern, oder zumindest ein nationales Register dass die Daten für die Lebenszeit eines Menschen speichert,
  • eine effektive Kontrolle der Vorgabe des Bundesärztekammer, dass von einem Spender nicht mehr als 10 Kinder gezeugt werden,
  • eine Freistellung des Samenspenders vor Unterhalts- und Erbansprüchen,
  • eine Verpflichtung der Wunscheltern zu einer unabhängigen psychologischen Beratung vor Inanspruchnahme einer Samenspende, da diese sich unserer Erfahrung nach oft nicht der besonderen Herausforderungen bewusst sind, die eine Familiengründung mit Hilfe eines Dritten lebenslang beinhaltet. In dieser Beratung sollte auf das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung hingewiesen werden.

Wir würden uns daher freuen, wenn Sie uns über den Ansatz und den Zeitplan für die Umsetzung des Rechts von Kindern aus Samenspenden auf Kenntnis ihrer Abstammung informieren könnten. Gerne sind wir auch bereit, unsere Erfahrungen in den Gesetzgebungsprozess oder einen Arbeitskreis mit ein zu bringen.

Mit freundlichen Grüßen