Archiv der Kategorie: Spenderkinder Verein

Urteil des OLG Hamm zugunsten von Sarah

Das OLG Hamm hat Sarah am heutigen Tag Recht gegeben und den Arzt Ihrer Eltern verurteilt, ihr Auskunft über die Identität ihres genetischen Vaters, des Samenspenders, zu erteilen. Die Pressemitteilung des OLG kann man hier als pdf finden, das Urteil im Volltext hier.

Wir hoffen, das Urteil wird weiteren Spenderkindern erleichtern, Auskunft zu erhalten, und zu einem Umdenken bei denjenigen Samenbanken und Ärzten führen, die trotz der rechtlich klaren Lage immer noch auf der Grundlage der Anonymität der Spender operieren. Wir sind sehr glücklich und bedanken uns bei Sarah und Ihrem Anwalt Markus Goldbach für den Mut und das Durchhaltevermögen.

Einige von uns ausgewählte Artikel zu dem Urteil:

Wer nicht Vater sein will, sollte keine Samen spenden Zeit-Online
Urteil macht „Spenderkindern“ Hoffnung FAZ
Urteil im Samenspende-Prozess SPON
Tochter darf Namen von Samenspender erfahren Süddeutsche
„Wir Kinder wurden einfach vergessen“ Süddeutsche

Informationen zu Sarahs Prozess

In den letzten Tagen gab es zahlreiche Medienbeiträge über den Prozess von Sarah, der Vorständin von Spenderkinder, gegen den Reproduktionsmediziner Prof. Thomas Katzorke. Wie es in Medienberichten leider ist, sind diese oft unvollständig. Daher möchten wir Folgendes richtig stellen:

1. Das Urteil wird am 6. Februar verkündet

Das vollständige Urteil wird am 6. Februar 2013 verkündet. Die Pressemitteilung des OLG Hamm findet man hier als pdf. Die Klage eines Spenderkindes auf Herausgabe der Spenderdaten war die erste in Deutschland. Das Urteil gilt deshalb als Grundsatzurteil.
Bereits in der mündlichen Verhandlung im Dezember 2012 hat das OLG Hamm aber erkennen lassen, dass es den Auskunftsanspruch von Sarah grundsätzlich für gegeben hält und es nur noch darauf ankommt, ob Prof. Katzorke die Daten von Sarahs Spender – wie er mittlerweile behauptet – nicht mehr hat. Dies behauptete er aber erstmalig im Prozess, während er sich vorher mehrmals in Medienberichten zitieren ließ, dass er alle Daten aufbewahrt habe. Dazu wechselte er häufiger die Darstellung, wie die Daten aufbewahrt werden und wie sie verloren gegangen sein sollen.
Es geht im aktuellen Prozess NICHT um Aufbewahrungspflichten medizinischer Behandlungsdokumentation, sondern darum, ob herausgebbare Informationen noch vorhanden sind, oder nicht.

2. Es handelt sich nicht um ein rechtlich überraschendes Urteil

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 1989 entschieden, dass jeder Mensch das Recht auf Kenntnis von verfügbaren Informationen über seine bzw. ihre Abstammung hat. Dementsprechend ist es absolut herrschende Meinung in der juristischen Literatur, dass es anonyme Samenspenden in Deutschland nicht geben kann. Aus diesem Grund war eher das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Essen überraschend, das Sarahs Klage noch abweisen wollte. Bisher hat lediglich nie ein Spenderkind gegen einen Reproduktionsmediziner geklagt. Der Grund hierfür liegt unter anderem an der Öffentlichkeit und den Kosten einer solchen Klage. Zudem mussten erst Menschen aus Samenspende erwachsen werden, um selbst klagen zu können. Die meisten erwachsenen Spenderkinder (90-95%) wissen gar nichts von ihrer Entstehungsweise. Es handelt es sich daher nicht um ein rechtlich überraschendes Urteil, sondern nur faktisch um das erste Urteil über den Auskunftsanspruch eines Spenderkindes.

3. Spenderkinder erhofft eine Signalwirkung von einem Urteil

Das Urteil zu Sarahs Fall ist ein Einzelfallurteil, von dem wir uns jedoch eine Signalwirkung erhoffen. Wir von Spenderkinder kritisieren seit langem, dass trotz der Unzulässigkeit von anonymen Samenspenden noch kein Mitglied von uns erfahren konnte, wer der Spender ist. Mit einem stattgebenden Urteil hoffen wir, dass durch die Öffentlichkeitswirkung Spenderkinder einfacher ihre Auskunftsansprüche gegen die Ärzte realisieren können und die Politik der Reproduktionsmedizin strengere Vorgaben zur Beantwortung der Auskunftsansprüche, der Aufbewahrung der Daten und der Zahl der durch einen Spender gezeugten Kinder macht.

Es ist jedoch gut möglich, dass das Urteil von Bundesgerichtshof revisionsrechtlich und möglicherweise auch vom Bundesverfassungsgericht verfassungsrechtlich überprüft wird. Das OLG hat die Revision zwar nicht zugelassen, aber der Beklagte kann hiergegen Beschwerde einlegen. Aufgrund einschlägiger Urteile des Bundesverfassungsgerichts zum Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung denken wir jedoch nicht, dass diese Gerichte zu einem anderen rechtlichen Ergebnis kommen würden.

4. In dem Prozess geht es nicht um Unterhaltspflichten des Spenders

In vielen Medienberichten wird hervorgehoben, dass der Spender potentiell unterhaltspflichtig gegenüber einem Spenderkind ist. Diese Gefahr ist absolut hypothetisch, da sie an mehrere Voraussetzungen geknüpft ist: Zunächst muss das Spenderkind die Vaterschaft des rechtlichen Vaters (zum Beispiel des Ehemanns der Mutter) angefochten haben. Dies ist nur innerhalb von 2 Jahren ab Kenntnis, dass jemand anders der genetische Vater ist, möglich. Sarah kann daher nicht mehr die Vaterschaft ihres Vaters anfechten und möchte dies auch nicht tun.

In einem zweiten Schritt müsste dann ein Gericht feststellen, dass der Spender der genetische Vater des Spenderkindes ist. Erst dann – und nur dann – ist ein Spenderkind unterhaltsberechtigt gegenüber dem Spender. Selbst dann wird der Spender aber nicht zahlen müssen, denn in den Verträgen über Samenspende verpflichten sich die Eltern meistens, dass sie eine mögliche Unterhaltspflicht des Spenders gegenüber dem Kind übernehmen. Wir vermuten, dass auch die Klinik von Prof. Katzorke mit den Eltern eine solche Vereinbarung abgeschlossen hat – wenn nicht, könnte sich der Spender dann auch mit Schadensersatzansprüchen an die Klinik wenden.

Zuletzt wird meistens verschwiegen, dass bei einer formellen Vaterschaftsfeststellung auch das Spenderkind gegenüber dem Spender unterhaltspflichtig wird. Dies ist eine Situation, die auch alle Spenderkinder vermeiden möchten. Unterhaltspflichten zwischen Spender und Spenderkind sind daher sehr hypothetisch. Auch Spenderkinder würde jedoch begrüßen, wenn rechtlich ausgeschlossen würde, dass ein Spender vor dem Gesetz als Vater eines Spenderkindes festgestellt wird. Uns geht es einzig und allein darum, dass wir mehr über unsere Abstammung wissen möchten.

5. Aufbewahrungspflicht ärztlicher Aufzeichnungen bei Samenspende

Vielfach wird eine angeblichen Aufbewahrungspflicht von nur 10 Jahren für ärztliche Behandlungsunterlagen angegeben.
Das ist so nicht korrekt: Die Aufbewahrungspflicht ergibt sich aus der Musterberufsordnung der Ärzte, die der deutsche Ärztetag verabschiedet. Bereits in der Muster-Berufsordnung der Ärzte (MBO) von 1979 steht, dass die MINDESTaufbewahrungsfrist 10 Jahre beträgt, Unterlagen aber länger aufbewahrt werden müssen, wenn der Arzt aus seiner Erfahrung hierfür Anlass sieht. (Im Wortlaut: „Ärztliche Aufzeichnungen sind 10 Jahren nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren, sofern nicht nach anderen gesetzlichen Vorschriften eine längere Aufbewahrungspflicht besteht. Eine längere Aufbewahrung ist auch dann erforderlich, wenn sie nach ärztlicher Erfahrung geboten ist.“, MBO, 1979).

Diese Version der MBO galt bis mindestens 1992. Der Anlass für eine längere Aufbewahrung ist wegen der Rechte des durch die Samenspende gezeugten Kindes gegeben. Das wurde in der juristischen Literatur auch bereits vor dem BVerfG Urteil von 1989 so gesehen.
Darüber hinaus sieht der Deutsche Ärztetag in den Richtlinien zur heterologen IVF bereits seit 1986 eine Aufbewahrungsfrist von 30 Jahren vor. Auch das ist ärztliches Standesrecht.

In den späteren 90er Jahren strich der Deutsche Ärztetag den genauen Grund für eine längere Aufbewahrung und machte eine längere Dokumentation von einer separaten Verpflichtung abhängig. Diese besteht jedoch aufgrund der Richtlinien zur heterologen IVF.
Seit 2007 ist die Aufbewahrungspflicht von 30 Jahren zusätzlich im Rahmen des Transplantationsgesetzes auch für Samenspenden gesetzlich verankert.

6. Samenspenden werden nicht unmöglich in Deutschland

Zuletzt wird in einigen Berichten und Kommentaren nahegelegt, dass die Samenspendebereitschaft sinken würde, wenn Spenderkinder herausfinden können, wer der jeweilige Samenspender war und dass Sarah bzw. wir deswegen egoistisch handeln würden. Diese Unterstellung weisen wir von uns.
In mehreren Nachbarländern wie den Niederlanden, Schweden, Großbritannien, Österreich und der Schweiz sind anonyme Samenspenden verboten, ohne dass es dort zu einem Erliegen von Samenspenden kam. Auch in Deutschland handeln nicht alle Kliniken so ignorant wie die Klinik des beklagten Prof. Katzorke. Es gibt einige Kliniken, welche die Spenderdaten für die Spenderkinder hinterlegen, ggf. sogar bei einem Notar, und den Eltern zur Aufklärung raten. An dieser Stelle möchten wir nochmal auf unseren Wunsch hinweisen, ein eindeutiges Gesetz auf den Weg zu bringen, das ausschließt, dass ein Spender vor dem Gesetz als Vater eines Spenderkindes festgestellt wird (siehe Punkt 4).

Im Übrigen ist das Recht auf Kenntnis der Abstammung Teil eines Grundrechts und bei Adoptierten und sog. Kuckuckskindern absolut anerkannt. Wir tragen keine Verantwortung dafür, dass unfruchtbare Menschen in Deutschland problemlos ihren Kinderwunsch realisieren können. Und es ist auch keine Katastrophe, wenn einem 20 Jahre später ein genetisch verwandtes Kind begegnet. Es gibt dagegen kein Recht, als Samenspender anonym ein Kind zeugen zu können und dafür noch bezahlt zu werden. Der Spender hat sich selbst dafür entschieden, sein Sperma zu spenden und ein Kind damit erzeugen zu lassen. Wir haben dagegen nie eine solche Entscheidung getroffen – daher können uns allein durch unsere Zeugung auch keine Rechte abgesprochen werden.

Vorstand neu gewählt

Nach unserer fünften Mitgliederversammlung im November 2012 haben wir unseren Vorstand per email neu gewählt. Als Vorständin neu gewählt wurde Sara und Babett für ein weiteres Jahr im Amt bestätigt. Beide haben die Wahl angenommen. Wir bedanken uns herzlich bei Antonija für zwei Jahre als Vorständin und freuen und auf eine weiterhin erfolgreiche Arbeit.
Stina

Treffen mit Samenbank in Erlangen

Am 20.09. fand in Erlangen ein Treffen mit dem Team der dortigen Samenbank und einem Mitglied unseres Vereins statt. Wir freuen uns, einem so offenen und gesprächsbereiten Arzt begegnet zu sein und auf die weitere Zusammenarbeit! Angedacht wurde u.a. die gemeinsame Entwicklung einer Informationsbroschüre zum Thema.

Spenderkinder auf Facebook

Seit ein paar Monaten gibt es auch eine Facebook-Seite von Spenderkinder. Da viele Samenbanken und Samenspendergruppen bei Facebook sind, müssen wir auch auf dieser Plattform die Sicht von uns Betroffenen zeigen und Spenderkindern und anderen Interessenten eine Anlaufstelle bieten. Ihr könnt uns über die Seite Nachrichten schicken oder etwas auf die Pinnwand schreiben. Und wenn ihr "Gefällt mir" klickt, können wir euch immer über Neuigkeiten und Medienberichte auf dem Laufenden halten.
Stina

Artikel in der Gesund am 6. Juli und neuer Erfahrungsbericht

Am Freitag, 6. Juli 2012 erscheint im Heft „Gesund“ auf der letzten Seite der Artikel Samenspender-Kind sucht seine Herkunft über die Situation von uns Spenderkindern und ein bisschen über meine Geschichte. Gesund ist eine kostenlose Beilage zu einem Teil der Auflage der Welt, der Berliner Morgenpost, dem Hamburger Abendblatt, der Neuen Presse Hanover, Leipzig, Halle und Dresden. Mich ärgert etwas, dass ich dort zitiert werde, als hätte ich Gedanken gehabt, dass mein sozialer Vater nicht mein „richtiger Vater“ sei, obwohl ich mehrmals gesagt habe, dass ich solche Formulierungen ablehne. Für mich ist mein sozialer Vater mein „Vater“ und der Spender mein „genetischer Vater“. Wer der „richtige Vater“ ist, ist eine wirklich unnötige Interpretation.

Außerdem befindet sich seit zwei Wochen unter „Meinungen und Geschichten“ ein Beitrag von Sarah, in dem sie auch über ihre Klage gegen den Arzt ihrer Eltern erzählt.
Stina

Jahresbericht 2011

Um die Arbeit unseres Vereins etwas plastischer zu machen, möchte ich kurz darstellen, was wir bzw. einzelne Mitglieder von uns letztes Jahr alles so gemacht haben: wir haben an Filmen, Radiobeiträgen und Zeitschriftenartikeln mitgewirkt, Gespräche mit Wissenschaftlern und Schriftstellern geführt, ein Jugendbuch über Spenderkinder gegengelesen, Kontakt zu Politikern aufgenommen, einen Arzt auf Herausgabe der Daten verklagt und in Zusammenarbeit mit amerikanischen Spenderkindern eine passende Datenbank für die Suche nach Spendern und Halbgeschwistern identifiziert. Neben solchen besonderen Projekten fallen immer noch die normalen Sachen an wie die Beantwortung von emails von anderen Spenderkindern, Eltern und Spendern oder das Schreiben von Artikel für die Internetseite. Außerdem musste unser Treffen im Dezember in Köln organisiert und vorbereitet werden. Alles in allem ein fleißiges Jahr, hoffentlich geht es genauso weiter!
Stina

Vorstand bestätigt

Nach unserer vierten Mitgliederversammlung im Dezember 2011 haben wir unseren Vorstand per email neu gewählt. Antonija und Babett wurden für ein neues Jahr im Amt bestätigt und haben die Wahl angenommen, und wir bedanken uns für die erfolgreiche Arbeit im letzten Jahr!
Stina

Wir haben eine Datenbank für Spender- und Halbgeschwistersuche!

Auf unserem jährlichen Spenderkinder-Treffen am 3. Dezember 2012 in Köln haben wir beschlossen, dass wir den Family Finder Test der amerikanischen Firma FTDNA offiziell als unsere Datenbank verwenden werden, um Spender- und Halbgeschwister zu suchen. Wir haben uns schon seit über drei Jahren mit dem Thema eines Registers mit angeschlossenem Gentest beschäftigt, wussten aber nie recht, wie wir als nur ehrenamtlich tätiger Verein die technischen und rechtlichen Probleme eines überwinden sollte. Wir hatten insbesondere Bedenken, welche Art von Test wir wählen sollten und ob wir selbst in Deutschland die Möglichkeit zur anonymen Nutzung hätten anbieten können. Über die amerikanische Mailingliste von Spenderkindern mit dem Namen PCVAI sind wir dann auf den Family Finder Test der US-amerikanischen Firma FTDNA aufmerksam geworden, der diese Probleme löst.

In der Datenbank werden die genetischen Profile aller Teilnehmer auf eine mögliche Verwandtschaft miteinander abgeglichen. Das Besondere an dem Test ist, dass er  Halbgeschwisterbeziehungen erkennen kann, was bei herkömmlichen DNA-Tests schwierig ist. Da einige Mitglieder unseres Vereins Spenderkinder von denselben Kliniken kommen, hoffen wir, dass wir vielleicht bald das erste Halbgeschwisterpaar finden.

Positiv ist außerdem, dass der Test nicht speziell auf Spenderkinder zugeschnitten ist, sondern generell auf Menschen, die interessiert an ihrer Abstammung sind oder nach Verwandten suchen. Momentan sind bereits über 10.000 Personen eingetragen, die meisten von ihnen allerdings US-Amerikaner. Da keine Identitätsüberprüfung stattfindet, kann man auch seine Privatsphäre schützen, weil man sich unter einem anderen Namen anmelden kann. Sollte es dann einen Verwandten-Treffer geben, kann man sich dann auch erst in Ruhe ansehen, wie diese Person ist.

Im Moment ist der Test bis zum 31.2012 im Angebot für 199 USD statt regulär 299 USD. Wer also neugierig ist, sollte schnell ein Test-Kit bestellen.

Mehr Informationen und Links zu Family Finder findet ihr unter dem neuen Menüpunkt „Spender- und Halbgeschwistersuche„.