Kurz vor Weihnachten hat die Bundesregierung in der Kabinettsitzung am 22. Dezember 2016 den Gesetzentwurf zur Regelung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung bei heterologer Verwendung von Samen beschlossen.
Erfreulicherweise wurden
einige der von uns in der Verbändeanhörung im November 2016 geäußerten Kritikpunkte aufgenommen:
- Daten von Samenspenden vor Inkrafttreten des Gesetzes müssen 110 Jahre aufbewahrt werden (Artikel 1 § 13 Absätze 3 und 4 des Gesetzentwurfs). Damit können sich Ärzte und Reproduktionskliniken nicht mehr auf die lediglich 30jährige Aufbewahrungsdauer aus § 15 Absatz 2 des Transplantationsgesetzes berufen.
- Die Spender haben die Möglichkeit, zusätzlich zu den vorgesehenen Pflichtangaben freiwillig zusätzliche Daten speichern zu lassen, zum Beispiel über ihre Persönlichkeit oder ihre Motivation zur Spende. Diese Daten können sie zu einem späteren Zeitpunkt auch wieder löschen lassen (Artikel 1 § 2 Absatz 3 des Gesetzentwurfs).
- Bei der Verwendung von Samenspenden aus anderen Staaten muss der Arzt oder die Reproduktionsklinik sicherstellen, dass die Samenbank, von der sie den Samen erhalten hat, dem DIMDI auf dessen Anforderung die Pflichtangaben über den Samenspender zukommen lässt (Artikel 1 § 5 Absatz 1 Satz 2 des Gesetzentwurfs). Damit können die Regelungen nicht umgangen werden, indem anonyme Samenspenden aus anderen Staaten bestellt werden (zum Beispiel Dänemark).
- Klar gestellt wurde außerdem, dass auch Personen einen Anspruch auf Auskunft aus dem Samenspenderregister gegen das DIMDI haben, die lediglich vermuten, durch eine Samenspende gezeugt worden zu sein (Artikel 1 § 10 Absatz 1 Satz des Gesetzentwurfs).
- Fallen gelassen wurden zum Glück die recht strengen Vorschriften des Vorentwurfs zum Löschen der beim DIMDI gespeicherten Daten des Spenders. Diese hätten dazu führen können, dass ein Spenderkind, das ein Mal Auskunft über die Daten des Spenders vom DIMDI erhalten hat, diese Auskunft aber verloren hat, die Daten nicht ein weiteres Mal hätte anfordern können.
Es bleiben dennoch einige deutliche Regelungslücken:
- Das Gesetz findet nur Anwendung auf Kinder, die voraussichtlich ab Mitte des Jahres 2018 gezeugt werden, weil es erst ein Jahr nach Verkündigung in Kraft tritt. Die Daten von Spenderkindern, die vor Inkrafttreten des Gesetzes gezeugt wurden, werden nicht in das Samenspenderregister aufgenommen, sondern die betroffenen Spenderkinder müssen sich nach wie vor mit dem Arzt oder der Reproduktionsklinik ihrer Eltern auseinandersetzen. Diese müssen die Daten zwar nun immerhin für 110 Jahre ab Verwendung bzw. Gewinnung aufbewahren (Artikel 1 § 13 Absätze 3 und 4 des Gesetzentwurfs), aber es wurden keine Regelungen getroffen, was bei einer Praxisaufgabe bzw. Erlöschen der Gesellschaft mit den Daten passieren soll.
- Durch so genannte Embryonenadoptionen (oder Embryonenspenden) gezeugte Kinder werden nicht im Register erfasst, obwohl diese Verfahren bereits in Deutschland angeboten und durchgeführt werden.
- Die Zahl der durch einen Samenspender gezeugten Kinder wird nicht begrenzt.
- Über das Register können Spenderkinder keinen Kontakt zu Halbgeschwistern aufnehmen. Die einzige Möglichkeit hierzu wird durch einen Vergleich der Spendenkennungssequenz oder der eindeutigen Spendennummer bestehen, bei denen allerdings nicht klar ist, ob sich der Auskunftsanspruch auch auf diese richtet, oder ob Halbgeschwister durch einen DNA-Test selbst identifiziert werden müssen.
- Es werden weiterhin keine Maßnahmen gegen die geringe Aufklärungsquote von durch Samenspende gezeugten Menschen vorgesehen. Zumindest muss der Arzt oder die Reproduktionsklinik die Empfängerin der Samenspende aber hinweisen auf das Auskunftsrecht des Kindes über den Samenspender und die Bedeutung, die die Kenntnis der Abstammung für die Entwicklung eines Menschen hat sowie die Möglichkeit, sich über die Folgen einer Samenspende beraten zu lassen (Artikel 1 § 4 Satz 1 Nummer 1 des Gesetzentwurfs).
Wie es jetzt weiter geht: Der Regierungsentwurf geht zunächst zur Stellungnahme an den Bundesrat, dann zurück zur Bundesregierung, die ggf. eine Gegenäußerung verfassen kann. Dann kommt der Entwurf in den Bundestag. Es ist zu hoffen, dass einige Schwächen des Entwurfs in den dortigen Beratungen noch behoben werden.