Am 16. Oktober 2015 fand eine öffentliche Anhörung des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages statt zu einem Gesetzentwurf der Grünen (BT-Drucksache 18/3279). Dieser forderte, die bisherige Regelung in § 25a SGB V, wonach miteinander verheiratete Paare die Hälfte der kosten von bis zu drei künstlichen Befruchtungen erstattet wird, wenn der Samen des Ehemannes verwendet wird, auch auf unverheiratete Paare, Lebenspartner und Samenspenden zu erweitern.
Wir lehnen die Übernahme der Kosten von Samenspenden durch die gesetzliche Krankenversicherung ab, insbesondere weil Samenspenden bislang rechtlich nur unzureichend geregelt sind und insbesondere die Rechte der hierdurch gezeugten Menschen auf Kenntnis ihrer Abstammung nicht ausreichend geschützt sind. Eine finanzielle Förderung würde daher ein politisch völlig falsches Signal senden. Auch handelt es sich bei Samenspenden – anders als bei der homologen Insemination – nicht um eine Behandlung von Unfruchtbarkeit,
sondern um eine besondere Form der Familiengründung zu Dritt. Diese ist mit
psychologischen Herausforderungen verbunden, und sollte nur nach gründlicher
Aufklärung und Reflektion zu den damit verbundenen Herausforderungen eingegangen
werden – ähnlich wie eine Adoption. Eine solche gründliche Überlegung wird aber
voraussichtlich entfallen, wenn die gesetzliche Krankenversicherung die
Behandlungskosten für Samenspenden übernimmt und damit vermittelt, dass
hier kein Unterschied zu einer homologen Insemination bestünde, bei der ein von beiden
Wunscheltern genetisch abstammendes Kind gezeugt wird.
Bei der Anhörung habe ich für Spenderkinder drei Fragen der Parlamentarier beantwortet. Von der CDU/CSU wurde ich gefragt, was wir bei der Samenspende unter einem „bewussten Vorenthalten des genetischen Vaters“ verstehen und was dies für ein Spenderkind und seine Familie bedeutet, und was für psychologische Auswirkungen eine späte Aufklärung für die Betroffenen hat und ob dies vergleichbar mit den Erfahrungen Adoptierter ist. Die Linke hat uns nach der derzeitigen Rechtslage zwischen Spenderkind und Spender gefragt, welchen Reformbedarf wir sehen und ob es hierfür international vorbildliche Regelungen gibt.
Die meisten schriftlichen und mündlichen Stellungnahmen waren eher kritisch gegenüber dem Gesetzentwurf, insbesondere wegen der Rechtslücken bei Samenspenden und wegen des offenen Rechtsbegriffs der „auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft“, bei der eine Kostenerstattung möglich sein soll. Das Schicksal des Gesetzentwurfs wird auf einer der nächsten Bundestagssitzungen entschieden – dass er abgelehnt werden wird, war aber auch schon vor der Anhörung relativ klar, weil er von der Opposition eingebracht wurde und außerdem recht hohe Kosten für die gesetzliche Krankenversicherung bedeutet hätte.
Wir haben uns sehr über das Interesse der Parlamentarier an der Sicht unseres Vereins gefreut. Leider schloss direkt die nächste Anhörung an, so dass wenig Zeit für einen Austausch blieb, aber das Thema wird den Bundestag ganz sicher wieder beschäftigen.
Die Aufzeichnung der Anhörung kann man sich auf der Seite des Bundestages ansehen, genauso wie unsere ausführliche schriftliche Stellungnahme.