Am 26.05.2015 lief die deutsche Spielfilmkomödie „Super Dad“ im privaten Fernsehen. Es geht darin um einen Spender, dessen 99 Spenderkinder ihn verklagen und kennenlernen wollen. Im Zusammenhang mit dem Titel kann man leider nicht von einem ernst zu nehmenden Film reden. Im Großen und Ganzen ist er zwar unterhaltsam, entspricht aber in vielerlei Hinsicht nicht der Realität in Deutschland und ist von Stereotypen überfüllt. Als selbst so entstandener Mensch fällt das Lachen schwer. Die Geschichte kommt Ihnen auch bekannt vor? Richtig. Wir kennen eine ähnliche französische Produktion namens Starbuck, der wirklich sehenswert war. Muss man „Super-Dad“ also unbedingt gesehen haben?
Der Spender
Es ist der Spender, wie ihn sich der Großteil der Gesellschaft ausmalt: Ein gut aussehender Macho, der als Student Geld brauchte und kein bisschen Interesse an seinen Kindern hat. Es wurde alles dafür getan, den Spender Mark als eine absolute anti-Vater-Figur zu konstruieren. Der Alkohol fließt in Mengen, ob privat oder beim Fussball, wo er am lautesten schreien kann, Party ist als Barkeeper seine Lieblingsbeschäftigung und Kinder behandelt er schlecht.
Privat hat Mark eine Freundin, der er einen Heiratsantrag macht, wenn auch unspektakulär. Auf ihren Wunsch hin eine Familie zu gründen, erwidert er nur, dass die beiden schon genug Familie seien – Kinder brauche man nicht, und er sowieso nicht. Als seine Verlobte plötzlich schwanger ist, ist er einer Abtreibung gegenüber nicht abgeneigt, so dass der Termin in der Klinik schnell gemacht wird. Erst gegen Ende des Filmes kommt Mark zu einer anderen Meinung und freut sich letztlich auch über seine Zwillinge.
Abgesehen davon, dass ein Spender, der so viel Alkohol trinkt, schon Probleme haben müsste, überhaupt geeignetes Sperma zu haben, wurde wirklich alles daran gesetzt die Vorstellung des „Mr. Big“ so unsympathisch wie möglich zu konstruieren. Auch wenn er eine Entwicklung durchmacht, ist der Film voll von Stereotypen und Meinungen, die einen vermeintlichen Großteil der Gesellschaft widerspiegeln sollen. An dieser Stelle wäre ein Gleichgewicht von Vorurteilen und Realität wünschenswert gewesen. Auch die starken Widersprüche des Spenders sind zu überstrapaziert. So wird von dem Mann, der seinem Spenderkind bei der ersten Begegnung sagt: „Hätte ich einen Sohn haben wollen, hätte ich wohl kaum in einen Becher gewichst“, der „Super Dad“.
Lüge
Um kurz auf das Thema der Verheimlichung einzugehen, ist auch in diesem Film Mark heimlich zur Samenbank gegangen. Niemand wusste von seiner Tätigkeit und auch seine Verlobte soll es auch nach Eingang der Klagen nicht erfahren. Warum? Die Frage wird nicht wirklich beantwortet. Das Prinzip „Was sie nicht weiß, macht sie nicht heiß“ scheint vorzuherrschen. Am Ende kommt jedoch immer alles raus und es war eben genau die Lüge, die Marks Freundin enttäuschte. Sie selber solle abtreiben, aber er hat bereits 99 Kinder. Nicht die Tatsache an sich, sondern eben der Umgang damit ist ausschlaggebend für eine kurzzeitige Beziehungskrise. Diese Tatsache unterstützt die Forderung transparent und offen mit der Samenspende umzugehen. Innerhalb einer so entstandenen Familie und auch innerhalb der Familie des Spenders – Spenderkinder wird oft vorgeworfen, durch ihr Auftauchen die Familie zu zerstören. Dabei ist es eben meistens die Lüge der Spender. So reagieren die Frauen verständlicherweise ähnlich, wie Spenderkindern ihren Eltern gegenüber, wenn sie teilweise mehr als 20 Jahre angelogen wurden.
Die Spenderkinder
Unter den 99 Klägerinnen und Klägern lässt sich eine bunte Mischung finden. Neben verschiedenen Hautfarben und Religionen, sind auch wieder behinderte und kranke Menschen dabei. Letzteres entspricht natürlich der Realität, denn auch ein „künstlich gezeugtes Kind“ ist leider nicht frei davon. In Starbuch hatte man gut sehen können, dass genau diese Kinder von den Eltern nicht akzeptiert wurden und eine Enttäuschung darstellten. In „Super Dad“ fehlt es. Interessant und gut ist der Bezug auf Krankheiten, die durch einen Organ- bzw. Knochenmarkspender besiegt werden können. So wird der Spender zum Lebensretter durch seine Knochenmarkspende an eine seiner an Leukämie erkrankten Tochter.
Dass so viele verschiedene Hautfarben und Religionen zustanden kommen ist eher unrealistisch. Denn ein Spender wird dem sozialen Vater angeglichen und auch gerade bei anderen Religionen achten die Paare sehr darauf, dass es die selben sind.
Ein weiterer Junge fiel auf, der von seinem sozialen Vater schlecht behandelt und sogar geschlagen wurde. Mark setzte sich gegen Ende des Film für ihn ein und wagte es sogar, vor dem sozialen Vater zu äußern, dass er der „echte“ Vater sei. An dieser Stelle war die Entwicklung des Spenders endgültig über’s Ziel hinausgeschossen. Denn auch wenn er der „echte“ – wohl leiblich gemeinter – Vater ist, ist er nicht der Papa, der sich über Jahre zu einer sozialen Bezugsperson entwickelte und die Rolle einnahm. Trotzdem zeigt die Beziehung zwischen Kind und sozialen Vater, dass auch ein „Wunschkind“ von seinem Eltern enttäuscht werden kann und die Beziehung zwischen Elternteil und Kind distanziert oder gar nicht vorhanden sein kann. Dieser Aspekt ist in soweit wichtig, da ein so sehr ersehntes Kind nicht das Garant für eine intakte Familie ist. Oft sind diese Probleme sogar durch die Zeugungsweise begründet – so fühlte sich der soziale Vater vom Spender bedroht und empfand eine Konkurrenz. Diese Bedenken sind nicht selten und führen oft zu Missverständnissen in einer Ehe und Familie, was einen offenen Umgang mit dem Thema und eine psychologische Beratung oder Betreuung nur noch stärker begründet. Denn die Angst, dass Spenderkinder einen „neuen“ oder gar „besseren“ Vater suchen entspricht nicht der Realität.
Dass lediglich der Mensch hinter einer Nummer oder eines Pseudonyms gesucht ist, wird in anderen Szenen deutlich. Fragen wie „Warum hast du überhaupt gespendet?“ und vererbte Gemeinsamkeiten wie ein auffälliges Muttermal am Handgelenk begründen die Suche nach dem leiblichen Vater. Mehrmals betonen die Kinder ihren Spender lediglich kennenlernen zu wollen. Trotzdem fällt auf, dass der Spender verklagt wird und nicht der Arzt bzw. die Klinik, die die Daten über die Identität des Spenders bewahrt. Es war nicht ganz deutlich, ob nun der Arzt die Daten rausgegeben hat oder nicht. Wenn dem so wäre, müssten die Spenderkinder ihren Spender nicht verklagen, sondern versuchen mit ihm Kontakt aufzunehmen.
Es überwiegt jedoch leider durchgehend die Ansicht der Spenderkinder: „Wir sind eine Familie“ – so richtig das auch genetisch sein mag, so falsch und respektlos ist es der eigenen sozialen und damit echten Familie gegenüber. Eventuell entsteht eine Gemeinschaft, aber keine Familie, so wir es im Verein auch sind.
Gesetzliche Situation
Nachdem die Klagen eingingen wurde auch direkt der Arzt der Samenbank kontaktiert. Mark wunderte sich über die 99 Kinder, die doch eigentlich nur 15 sein dürften – und so ist es auch. Obwohl natürlich höhere Geburtenzahlen nicht ausgeschlossen werden können, aufgrund mangelhafter Dokumentation, ist es für eine Komödie natürlich wie gemacht 99 Kinder durch Samenspenden zu haben und dann die Hundertermarke mit privaten Kinder noch zu topen. Nichtsdestotrotz wird deutlich, wie Samenbanken mit Sperma umgehen und wie Kinder „produziert“ werden. Die dadurch entstehende Inzestgefahr wird durch einen Flirt zwischen Tochter und Spender deutlich – wenn auch wieder sehr überspitzt aufgrund des Altersunterschiedes, aber passend für das Genre.
Der Arzt und anscheinend auch die Produzenten gehen jedoch von einer falschen „neuen Rechtsprechung“ aus. In einer Szene zwischen Spender und Arzt behauptet der Mediziner, dass seit einem Urteil am Oberlandesgericht aus dem Jahr 2013, Kinder das Recht hätten ihren Spendern kennenzulernen. Das ist schlichtweg falsch. Aus einer Klage, die geltendes Recht nur umzusetzen versuchte, entsteht keine neue Rechtslage. Bereits 1989 bestätigte das Bundesverfassungsgericht, dass jedes Kind ein Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung hat. Das ist also nichts Neues. Jedoch wird deutlich, dass wohl erst durch den Medienrummel um das OLG-Urteil die Idee aufkam einen Film dazu zu drehen – Schade, dass es kein erstzunehmender Film werden konnte.
Dass sich Spender und Mediziner sehr angeregt miteinander im Arztzimmer unterhalten zeugt davon, wie parteiisch die Beziehungen wirklich sind. So sehen Ärzte den Spender wohl eher wie einen guten „Geschäftspartner“ und Spenderkinder als „ungewollte Reklamation“. Das Gesetz, durch das sich alle immer in einer vermeintlich sichreren „Grauzone“ bewegten, teilt nun die Parteien in schwarz und weis. Um die Meinung des Filmes zu zeigen hier ein Ratschlag, den Mark von seinem Vater bekam: „Wenn dein Auto geklaut wird und jemand baut damit einen Unfall, musst du ja auch nicht für den Schaden aufkommen.“
Dass sich 99 Kinder von einem Spender finden ist ebenso unrealistisch wie die Tatsache 99 Halbgeschwister zu haben an sich. Im Film wird nicht gesagt, wie sie sich gefunden haben. Da jedoch nur 4% überhaupt von ihrer Entstehung wissen – vor allem in dem Alter – ist es wohl eher eine Wunschvorstellung. Durch ein Register, wie es in den USA existiert wäre es umsetzbar, aber in Deutschland nicht.
Muss man ihn sehen?
Nein, muss man nicht. Es ist ein purer Unterhaltungsfilm, der nur sehr bedingt und bei genauer Betrachtung zum Nachdenken anregt. Wirklich schade, dass die Grundidee geklaut und auch noch schlechter umgesetzt ist. Gerade weil er in Deutschland spielt hätten wir uns einen an die deutsche Rechtslage angepasste Variante gefreut. Nur das Urteil vom OLG zu erwähnen und dann noch falsch auszulegen ist leider enttäuschend. Die Komödie ist völlig überfüllt von Vorurteilen und bringt in Dialogen die teilweise schlimmsten und unreflektiertesten Aussagen überhaupt. Teilweise fragt sich der Zuschauer: „Hat er das jetzt wirklich so gesagt?“
Fairerweise muss gesagt werden, dass der Film wahrscheinlich auch nicht die Absicht hatte eine Frage zu stellen oder für ein gesellschaftlich tabuisiertes und ernstes Thema zu sensibilisieren.