Inzwischen ist auch bei den vehementesten Verfechtern von Spenderanonymität angekommen, dass selbst rechtlich geschützte Anonymitätsversprechen angesichts der neuen technologischen Entwicklungen relativ bedeutungslos sind, weil Spender gegen ihren Willen mit Hilfe von DNA-Datenbanken wie Ancestry über Verwandte identifiziert werden können. Auch in unserem Verein haben dies schon mehrere Spenderkinder geschafft.
Der belgische „Bioethik-Experte“ Guido Pennings hat nun in einem Artikel in der Zeitschrift Human Reproduction gefordert, man solle die entsprechenden Datenbanken einfach verbieten. Der Artikel selbst ist noch nicht im Volltext kostenlos erhältlich, aber sein Inhalt wird in einem Artikel in der Daily Mail wiedergegeben.
Seine Argumente kurz zusammengefasst:
- Es sei ein Zeichen von Respektlosigkeit und mangelnder Dankbarkeit, wenn Spenderkinder versuchen, ihre biologischen Väter zu identifizieren, obwohl diesen Anonymität versprochen worden sei.
- Es stelle eine Verletzung der Privatsphäre dar, wenn man eine Person identifiziere oder sogar kontaktiere, die selbst nicht bei der DNA-Datenbank registriert sei.
Männer, die in der Vergangenheit Samen gespendet hätten und sich nun in einer Beziehung befänden oder weitere Kinder hätten, könnten durch eine Kontaktaufnahme gestört werden. - Außerdem könnten Menschen, die nicht wussten, dass sie durch Samenspenden gezeugt wurden, durch genetische Geschwister kontaktiert werden. Dies könne zu Leid und Ärger in einem größeren Netzwerk von Menschen führen, die sich nie gekannt hätten, wenn es die DNA-Tests nicht gäbe.
Die Argumente von Pennings sind sicherlich auch davon geprägt, dass in Belgien anonyme Samenspenden nach wie vor zulässig sind – wogegen sich unsere Schwesterorganisation Donorkinderen seit langem einsetzt. Abgesehen davon, dass man mit einem Verbot von DNA-Datenbanken die Handlungsfreiheit aller Menschen der (in Deutschland und vielen anderen Ländern nicht gegebenen) Anonymität von Samenspendern unterordnen würde, was ziemlich unverhältnismäßig wäre, könnte man ein Verbot auch faktisch schlecht durchsetzen. Die DNA-Datenbanken sind überwiegend in den USA ansässig, und die verschickten Speichelproben relativ unauffällig.
Bei den Forderungen handelt es sich also eher um ein ziemlich übertriebenes Herumgejammer angesichts einer technologischen Entwicklung, die das eigene Gedankenkonstrukt durchkreuzt. Dass die Forderungen ernsthaft aufgegriffen werden, ist daher unwahrscheinlich.
Halbgeschwister freuen sich überwiegend über den Kontakt
Teilweise ist die Darstellung der Auswirkungen des DNA-Tests auch einfach nicht richtig: wir hatten in unserem Verein inzwischen mehrfach die Situation, dass unseren Mitgliedern Halbgeschwister angezeigt wurden, die nichts von ihrer Zeugungsart wussten. Trotz dieser überraschenden und sicher teilweise auch schockierenden Entdeckung haben sich die neuen Spenderkinder jedoch überwiegend über ihre Halbgeschwister gefreut. Die Identifikation dieser Verbindungen ist also etwas Positives und nichts, was überwiegend Leid und Ärger auslöst. Außerdem weisen die DNA-Datenbanken inzwischen vor der Registrierung darauf hin, dass man bislang unbekannte Verwandte entdecken kann.
Keine Auseinandersetzung mit den Rechten von Spenderkindern
Bemerkenswert ist, dass ein „Bioethik-Experte“ kein Wort zu den Rechten von Spenderkindern verliert. Er erwartet im Gegenteil wie selbstverständlich von Spenderkindern, den genetischen Vater zu schützen. Normalerweise hält man in der Eltern-Kind Beziehung eher die Kinder für schutzwürdig. Grundsätzlich ist übrigens niemand vor einer Kontaktaufnahme durch andere Menschen innerhalb normaler Grenzen geschützt, so lange es nicht in ernsthafte Belästigung oder Bedrohung ausartet.
Die Forderung hat bei der internationalen Spenderkinder-Gruppe zu Belustigung geführt, da die Forderung eher Hilflosigkeit demonstriert und Guido Pennings regelmäßig einseitige Artikel zum Thema Familiengründung mit den Keimzellen Dritter veröffentlicht.
Unsere Favoriten unter den Reaktionen:
- Guido Pennings schlägt wieder zu!
- Der Versuch, Zahnpasta zurück in die Tube zu quetschen.
- Vielleicht sollte man auch gleich den Zugang zum Internet verbieten.
- Er hat bestimmt selbst Samen gespendet oder Freunde zum Spenden motiviert und jetzt sind alle sauer auf ihn.
- Ich wusste nichts von meiner Zeugung durch Samenspende und habe mich aus anderen Gründen bei Ancestry registriert – mir wurde einfach ein Vater angezeigt – mal überlegt, wie das ist?