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Gastbeitrag von Wolfgang Oelsner: Gespendet wird Samen. Heran wachsen Menschen

Erstveröffentlichung im Kölner Stadt-Anzeiger vom 14.02.2013, hier mit der freundlichen Genehmigung des Autors veröffentlicht

Naivität verteidigt sich oft mit Anmaßung. Und beide verstecken sich gerne hinter der Maske des Wohltäters. Der greift in das Schicksal anderer ein und unterstellt: „Denen geht´s doch gut.“ In den 1960er /70er Jahren waren das ausländische Arbeitskräfte, die den heimischen Wirtschaftsboom befeuern sollten. Jedoch: „Wir riefen Gastarbeiter, und es kamen Menschen.“ Dieser Satz wurde Metapher einer Beschämung über eine maßlose Fehleinschätzung.

Ein Gerichtsurteil demaskierte nun den „Wohltätermarkt künstlicher Kindersegen“. Seit einer jungen Frau ihr Anrecht auf Kenntnis des Samenspenders, dem sie ihre Zeugung verdankt, gerichtlich zugesprochen wurde, zeigen sich die ungeschminkten Züge von Unbedachtheit und Anmaßung. Im Spenderlager herrscht helle Aufregung. Schluss ist mit der Anonymität des biologischen Vaters.

„Spenden“ gelten als noble Tat eines edlen Gemüts. Gut, die „Spende“ wurde bezahlt. Doch welche Relation gemessen am Lebensglück von bislang kinderlosen Paaren! Und nun die Enttarnung? Ein Samenspender empörte sich in einem Rundfunkforum: „Was soll denn meine Frau denken, wenn da auf einmal jemand vor unserer Tür steht, und will mich als seinen Vater kennen lernen. Soll ich etwa demnächst noch zum Kindergeburtstag von wildfremden Menschen?“ Nicht entfernt sei von so was die Rede gewesen, als er in jungen Jahren es „mal interessant fand, so etwas zu machen“. Außerdem habe er das Geld gut gebrauchen können.

Man spendete Samen, und es entstanden Menschen. Die mögen sich mal nicht so haben, erwidern Samenbankbefürworter. Schließlich wüchsen solcherart ersehnte und gezeugte Kinder doch besonders liebevoll bei ihren sozialen Eltern auf. Die Gene seien nur eine „Fußnote der Biografie“ lässt der Soziologe Ludger Fittkau verlauten. Wenn´s einem gut geht, möge man sich doch nicht unnötig lange bei der Frage nach den Zeugungsbedingungen und –zutaten aufhalten.

Abgesehen davon, dass die Biogenetik durchaus mehr als nur „Fußnoten“ zu Tage fördert, und man sich sonst mit Hinweisen auf die „Veranlagung“ gerne von Erziehungsproblemen frei kauft, zeigt diese Haltung vor allem die Unfähigkeit zum Perspektivwechsels auf das im Labor gezeugte Kind: den Wechsel vom Objekt zum Subjekt.

Kinder, die nach einem biologischen Elternteil fragen, verbinden damit nicht zwangsläufig Misstrauen oder Unzufriedenheit über ihre sozialen Eltern. Das lehren die Spurensuchen von Adoptivkindern. Im gelingenden Fall eines vereinten Vorgehens zeigen die sogar, wie Elternschaft als erweiterter Status erlebt werden kann. Keine Antwort hingegen kann Lebensenergien blockieren. Die Anmaßung enttarnt sich da, wo man am liebsten sähe „Ihr sollt nicht fragen!“ Den sozialen Vätern werde schon die Demütigung eigener Unfruchtbarkeit zugemutet. Jetzt nicht bitte noch die Frage „Wer ist denn mein anderer Papa!“ Als hätten Kinder gefälligst die Gefühlslage ihrer Eltern zu berücksichtigen!

Der Gerichtsspruch kratzt an den schönredenden Kosmetik des „Wohltätermarkts“. Er muss sich dem stellen, was der psychoanalytische Aufklärer Horst Eberhard Richter als „Gotteskomplex“ beschrieb. Jene „egozentrische, gottgleiche Allmacht“ eines „angstgetriebenen Machtwillens“, der zum Leiden, zum Umgang mit Begrenztheit nicht mehr fähig ist.

Wenn im dänischen Aarhus im letzten Sommer anlässlich des 20.000sten Samenbankkindes die Sektkorken knallten, sei den Beteiligten ihr Glück ebenso gegönnt wie den gemutmaßten 100.000 deutschen Samenbank-Eltern-Kindverhältnissen. Auch bei der Auslieferung eines lang ersehnten Autos wird gefeiert. Allerdings fragen aufgeklärte Menschen durchaus nach dessen Produktionsbedingungen. Ethisch Unkorrektes möchte man schließlich nicht unterstützen. Der Samenspendermarkt ist nicht per se ethisch unkorrekt. Aber alle, die sich auf ihn einlassen, können nicht groß genug über die Labore schreiben: Man spendet Samen, aber heran wachsen Menschen.

Wolfgang Oelsner, Jahrgang 1949, ist Pädagoge und Jugendpsychotherapeut.
Er leitete die Schule in der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität zu Köln.

lesenswert – hörenswert – sehenswert

Hier die von uns ausgewähltes Beiträge zum Urteil, die wir besonders lesenswert finden:

"Ich will bloß wissen, wer er ist" Spiegel-online
Habe ich überhaupt ein Recht zu existieren? man-tau Blog
Sag mir, wer ich bin Tagesspiegel
Gerichtsurteil zu Samenspenden – Der Name des Vaters TAZ
Spenderkind Leni sucht ihren leiblichen Vater N-Joy
Es geht nicht ums Geld Deutschlandfunk
Anonyme Samenspende – Kinder sind wichtiger als das Recht der Erzeuger Detektor-Radio
Spenderkind Rebecca beschreibt warum Kinder den genetischen Vater kennenlernen wollen WDR1
Tagesthemen ARD
Heute-in-Deutschland ZDF

ZDF Info

Unter dem Titel Das Kind der Anderen zeigt das ZDF eine Dokumentation zum Thema Eizellspende von Dr. Kristina Kayatz. Wie Kinder aus Eizellspende ihre Situation erleben, können die meisten noch nicht selbst sagen. Deshalb wurde ein erwachsenes Spenderkind aus unserem Verein zum Umgang mit anonymer Herkunft interviewt (Minute 18-20).

Sendung "Lebenszeichen" im WDR 5

Unter dem Titel "Auf der Suche nach dem unbekannten Dritten" kommen in diesem Radiobeitrag Herr Prof. Dr. Katzorke (Reproduktionsmediziner), Frau Dr. Thorn (Familientherapeutin), Frau Müller (Juristin), ein ehemaliger Spender, drei erwachsene Spenderkinder sowie die Eltern eines erwachsenen Spenderkindes zu Wort. Der 25minütige Podcast kann hier angehört werden.
Durch den Beitrag führt kommentierend die Journalistin Maria Riederer.

Treffen mit Samenbank in Erlangen

Am 20.09. fand in Erlangen ein Treffen mit dem Team der dortigen Samenbank und einem Mitglied unseres Vereins statt. Wir freuen uns, einem so offenen und gesprächsbereiten Arzt begegnet zu sein und auf die weitere Zusammenarbeit! Angedacht wurde u.a. die gemeinsame Entwicklung einer Informationsbroschüre zum Thema.