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Menschen, deren
rechtlicher Vater nicht ihr genetischer Vater ist, können die
Vaterschaft ihres rechtlichen Vaters anfechten (§ 1600 Absatz 1
Nummer 4 BGB) und damit beseitigen. Das gilt auch für Spenderkinder.
((Die Einwilligung in eine Samenspende führt nur dazu, dass die
Mutter und der Vater die Vaterschaft nicht anfechten können. Das
gilt aber nicht für das Kind.))
Wenn die Anfechtung
erfolgreich ist, hat die Person, die angefochten hat, keinen
rechtlichen Vater mehr. Man kann entweder eine Leerstelle im
Personenstandsregister lassen und nur noch eine rechtliche Mutter
haben oder den genetischen Vater in einem weiteren Verfahren als
rechtlichen Vater feststellen lassen
Geschätzt haben
etwa zehn Prozent der Mitglieder des Vereins Spenderkinder die
Vaterschaft ihres rechtlichen Vaters angefochten. In dem meisten
dieser Fälle hatten die Spenderkinder eine schlechte Beziehung zu
ihrem rechtlichen Vater. Teilweise hatten sich die Eltern bereits
getrennt und der Kontakt war seit längerem abgerissen. Daher war es
den Spenderkindern wichtig, sich auch rechtlich zu lösen. Anderen
Spenderkindern war wichtig, dass öffentliche
Register ihre genetische Abstammung richtig wiedergeben. Zum Teil
haben Spenderkinder auch erst nach dem Tod des rechtlichen Vaters
dessen Vaterschaft angefochten, weil sie sich während seiner Lebzeit
verpflichtet gefühlt haben, auf seine Gefühle
Rücksicht zu nehmen.
Sind mit der
Anfechtung Risiken verbunden?
Ob die Anfechtung
der Vaterschaft mit Risiken verbunden ist, hängt von der
individuellen Situation des Spenderkindes ab:
Erbe
Mit der Anfechtung
der Vaterschaft verliert das Kind die Stellung als gesetzlicher Erbe
des Vaters, weil sie nicht mehr miteinander verwandt sind. Der Vater
kann das Kind aber – wie jeden anderen Dritten – natürlich als
Erben in seinem Testament einsetzen. Das Erbrecht hat aber nur
Bedeutung, wenn es überhaupt etwas zu erben gibt.
Unterhalt
Mit Wegfall der
rechtlichen Verwandtschaft entfällt die Verpflichtung, sich als
Verwandten gerader Linie Unterhalt zu gewähren (vgl. § 1601 BGB).
Das wirkt sich aber auf beide aus: der Vater ist bei erfolgreicher
Anfechtung gegenüber dem Kind nicht mehr zu Unterhalt verpflichtet
und das Kind nicht mehr gegenüber dem Vater. Für ein erwachsenes
Kind kann die Anfechtung unter Umständen günstig sein, weil es dann
bei hohen Pflegekosten des Vaters nicht unterhaltspflichtig ist.
Staatsangehörigkeit
Eine Anfechtung kann
Auswirkungen auf die deutsche Staatsbürgerschaft haben, wenn sich
diese von dem rechtlichen Vater ableitet. Ein Verlust der
Staatsangehörigkeit wegen einer Vaterschaftsanfechtung ist jedoch
nach dem 5. Geburtstag einer Person nicht möglich (§ 17 Absatz 2
Satz 2 Staatsangehörigkeitsgesetz).
Zeugnisverweigerungsrecht
Verwandte in gerader
Linie sind im gerichtlichen Verfahren zur Zeugnisverweigerung
berechtigt, das entfällt mit Anfechtung ebenfalls.
Familienname
Nach einer
erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung muss das Spenderkind seinen
Familiennamen nicht ändern. Es kann aber beantragen, dass es den
Namen als Geburtsnamen erhält, den die Mutter zum Zeitpunkt seiner
Geburt geführt hat (§ 1617b Absatz 2 Satz 1 BGB). Ist das kein
andere Name, weil die Eltern verheiratet waren und den Namen des
Vaters als Ehenamen geführt haben, kann das Spenderkind eine
öffentlich-rechtliche Namensänderung nach § 3 Absatz 1
Namensänderungsgesetz beantragen und sich darauf berufen, dass mit
der Anfechtung ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt.
Geburtsurkunde
Nach erfolgreicher
Anfechtung informiert das Gericht auch das zuständige Standesamt. Das
Spenderkind kann eine Neuausfertigung der Geburtsurkunde erhalten.
Anfechtungsfrist
zwei Jahre
Die
Vaterschaftsanfechtung muss innerhalb einer Frist von zwei Jahren
erklärt werden. Die Frist läuft ab dem Zeitpunkt, in dem das Kind
von den Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen (§
1600b Absatz 1 BGB). Sie läuft aber frühestens ab dem 18.
Geburtstag (§ 1600 Absatz 3 BGB). Hat ein Kind also im Altern von 6
Jahren von der Samenspende erfahren, kann es bis zum 20. Geburtstag
die Vaterschaft anfechten. Erfährt ein Spenderkind erst mit 26
Jahren von der Samenspende, läuft die Frist ab diesem Zeitpunkt.
Die Fristen
berechnet sich ab der tagesgenauen Kenntnis von der nicht bestehenden
Abstammung zum rechtlichen Vater. Die Frist wird eingehalten, wenn der Anfechtungsantrag
fristgerecht bei Gericht zugeht.
Wiederaufleben
der Anfechtungsfrist z. B. bei Tod des Vaters
Die Anfechtungsfrist
von zwei Jahren kann aber auch mehrere Jahre nach dem Ablauf erneut
zu laufen beginnen. Das Gesetz stellt hierfür auf die Kenntnis von
Umständen beim Kind ab, auf Grund derer die Folgen der Vaterschaft
für es unzumutbar werden (§ 1600b Absatz 6 BGB).
Ein sehr wichtiger
Grund für das Wiederaufleben ist der Tod des rechtlichen Vaters. Es
wird angenommen, dass sich das Kind zu Lebzeiten des rechtlichen
Vaters zu Rücksicht verpflichtet gefühlt hat und man ihm deswegen
nicht zumuten konnte, fristgemäß anzufechten. Ab Kenntnis des Todes
beginnt die Frist daher erneut zu laufen. Eine andere Fallgruppe ist
eine spätere Scheidung der Eltern – aus den oben genannten
Gründen. oder wenn der rechtliche Vater eine Straftat gegen das Kind
begeht.
Voraussetzungen
der Anfechtung
Die Anfechtung muss
beim Amtsgericht (als Familiengericht) erklärt werden, in dessen
Bezirk das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Erforderlich ist ein
Antrag, in dem folgendes angegeben wird (§ 171 FamFG):
- das Ziel
(Anfechtung der Vaterschaft),
- die betroffenen
Personen (Beteiligte: Mutter, Vater, Kind),
- die Umstände,
die gegen die Vaterschaft sprechen sowie
- der Zeitpunkt,
zu dem die Umstände bekannt wurden.
Es ist für die
Anfechtung nicht erforderlich, dass Mutter oder Vater noch am Leben
sind. Wenn der Vater nicht mehr lebt und auch kein DNA-Material
vorhanden ist, kann dies allerdings die Einholung eines
Abstammungsgutachtens erschweren.
Auch ein
minderjähriges Kind kann die Vaterschaft anfechten. Hierbei stellen
sich jedoch schwierige Fragen zur Vertretung und inwiefern die
Anfechtung dem Kindeswohl dient.
Was passiert im
Anfechtungsverfahren vor Gericht?
Die
Vaterschaftsanfechtung durch das Kind ist erfolgreich, wenn keine
genetische Verwandtschaft besteht und die Anfechtungsfrist
eingehalten wurde. Es sind keine Gründe für die Anfechtung
erforderlich (z. B. dass keine soziale Beziehung zum Vater mehr
vorhanden ist). Zum Teil bestehende soziale Erwartungen wie dass ein
Spenderkind gegenüber dem rechtlichen Vater dankbar sein muss,
dürfen keine Rolle spielen.
Das Gericht wird
einen Termin bestimmen, zu dem alle Beteiligten persönlich
erscheinen müssen. Es muss eine förmliche Beweisaufnahme
durchgeführt werden. Die Beteiligten
werden dazu angehört, aber auch vernommen. Das Gericht prüft von
Amts wegen, ob eine genetische Verwandtschaft besteht. Daher ist ein
Anerkenntnis durch den Vater nicht dadurch möglich, dass er auch
nicht mehr Vater sein möchte. Grund hierfür ist, dass ein
allgemeines öffentliches Interesse daran besteht, dass der
familienrechtliche Status wahrheitsgemäß zugeordnet wird und
Bestand hat. Auskunftsperson (vergleichbar dem Zeugen) könnte bei
einer Samenspende auch der damals behandelnde Arzt sein, falls er
sich noch erinnert oder noch Unterlagen besitzt.
Ist ein
genetisches Abstammungsgutachten erforderlich?
Das Gericht ordnet bei einer Vaterschaftsanfechtung in der Regel an, dass ein genetisches Abstammungsgutachtens eingeholt wird, um zu überprüfen, ob eine genetische Verwandtschaft zwischen Kind und Vater besteht. Zum Teil wird auch die Mutter mitgetestet. Die Untersuchungen für die Abstammungsfeststellung müssen die Beteiligten dulden (§ 178 FamFG). Das Gericht kann die Mitwirkung an der Untersuchung mit Zwangsgeld durchsetzen. Für die Probeentnahme wird in der Regel ein Schleimhautabstrich, Speichel, eine Blutprobe, Gewebeproben oder Haare mitsamt der Haarwurzel verwendet.
Ein Auszug aus einer
DNA-Datenbank wie Ancestry, 23andme, MyHeritageDNA oder FTDNA ist vor
Gericht nicht verwertbar, weil die DNA-Datenbanken eine andere
Testmethode verwenden und die Identität der Getesteten nicht
überprüfen.
Wurde vor dem
gerichtlichen Verfahren mit Zustimmung der anderen Beteiligten ein
privates Abstammungsgutachten erstellt, kann das Gericht dieses
Gutachten zur Entscheidungsgrundlage machen, wenn die anderen
Beteiligten einverstanden sind und keine Zweifel an der Richtigkeit
des privaten Gutachtens bestehen.
Dies setzt grundsätzlich voraus, dass das private Gutachten durch
ein nach § 5 Absatz 1 Gendiagnostikgesetz zertifiziertes
Institut erstellt wurde. Außerdem muss das Institut bei der
Erstellung des Gutachtens die Standards der Richtlinie der
Gendiagnostik-Kommission für die Anforderungen an die Durchführung
genetischer Analysen zur Klärung der Abstammung und an die
Qualifikation von ärztlichen und nichtärztlichen Sachverständigen
eingehalten haben.
Abstammungsgutachten,
denen die anderen Getesteten nicht zugestimmt haben (so genannte
heimliche Vaterschaftstests), sind rechtswidrig und daher vor Gericht
nicht verwertbar.
Einige Familiengerichte haben bei einer Vaterschaftsanfechtung durch das Kind wegen einer Samenspende darauf verzichtet, ein Abstammungsgutachten einzuholen. In einem Fall lagen neben den Aussagen der Eltern ein Schreiben der Reproduktionsklinik vor, in dem der Samenspender gegenüber der Antragstellerin bezeichnet wurde. Da aber auch eine solche Auskunft nicht zweifelsfrei ergibt, dass die Abstammung zum rechtlichen Vater nicht besteht, kann es sein, dass das Gericht auch in vergleichbaren Fällen anordnet, dass ein genetisches Gutachten eingeholt werden muss.
Das AG Pankow hat
bei einer Samenspende von der Einholung eines genetischen Gutachtens
abgesehen, weil der rechtliche Vater bereits verstorben war, kein
DNA-Material von ihm vorhanden war, der Vortrag der anderen
Beteiligten übereinstimmend war und ein Auszug aus einer
DNA-Datenbank vorlag, wonach ein anderer Mann als genetischer Vater
gelistet wurde.
Was kostet die
Vaterschaftsanfechtung?
Die Gerichtsgebühren
einer Vaterschaftsanfechtung betragen 219 Euro Sie werden bereits mit der Stellung
des Anfechtungsantrags bei Gericht fällig. Nur wenn sie von dem
anfechtenden Kind gezahlt werden, wird der Antrag auch an die anderen
Beteiligten zugestellt.
Zu den
Gerichtsgebühren hinzu kommen die Kosten der Beweisaufnahme,
insbesondere wenn das Gericht anordnet, dass ein genetisches
Abstammungsgutachten eingeholt werden muss. Die Kosten für ein
gerichtlich angeordnetes Abstammungsgutachten sind unterschiedlich,
können aber bis zu 1.000 Euro betragen.
Außergerichtliche
Gutachten sind ab ca. 300 Euro erhältlich und damit deutlich
günstiger. Sie müssen aber vor dem Verfahren mit Einvernehmen von
Vater und Mutter erstellt werden und beide müssen mit der Verwertung
im gerichtlichen Verfahren einverstanden sein. Ein außergerichtliches
Gutachten eignet sich also nicht, wenn die Eltern die Anfechtung
nicht unterstützen oder sie sogar ablehnen.
Alle Beteiligten
müssen die Kosten eines Anwalts selbst tragen, wenn sie einen
engagieren.
Ist die Anfechtung
erfolgreich, müssen die Beteiligten die Gerichtskosten (bestehend
aus den Gerichtsgebühren und den Kosten der Beweisaufnahme) zu
gleichen Teilen tragen (§ 183 FamFG). Das bedeutet: Leben Mutter und
der bisherige Vater noch, muss jeder (Kind, Mutter, Vater) 1/3 der
Gerichtskosten tragen. Da das Kind, wenn es die Anfechtung erklärt
hat, die Gerichtsgebühren bereits vorstrecken musste, hat es einen
Anspruch auf anteilige Kostenerstattung gegen die anderen
Beteiligten.
Was ist, wenn ein
Spenderkind die Kosten des Verfahrens nicht tragen kann?
Hat ein Spenderkind
nur ein geringes Einkommen oder Vermögen, kann es
Verfahrenskostenhilfe für eine Vaterschaftsanfechtung
beantragen (76 Absatz 1 FamFG). Hierfür finden die Vorschriften der
Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende
Anwendung. Der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe muss zusammen mit dem
Anfechtungsantrag und einem Formblatt über die persönlichen
Verhältnisse eingereicht werden.
Die Verfahrenskostenhilfe kann auch die Kosten für einen Rechtsanwalt umfassen. Da bei der Vaterschaftsanfechtung keine anwaltliche Vertretung erforderlich ist, wird dies nur gewährt, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage bei der Anfechtung die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint (§ 78 Absatz 2 FamFG). Die Verfahrenskostenhilfe muss unter Umständen zurückgezahlt werden. Über das Verfahren, den Umfang und die eventuelle Rückzahlungspflicht bei Prozesskostenhilfe informiert das Bundesministerium der Justiz auf seiner Internetseite.
Braucht man einen
Anwalt für die Vaterschaftsanfechtung?
Vor dem
Familiengericht besteht kein Anwaltszwang.
Ein Spenderkind kann also ohne Anwalt bei Gericht auftreten. Aber ist
es auch empfehlenswert, als Kind ohne Unterstützung eines Anwalts
die Vaterschaft anzufechten? Dabei muss man berücksichtigen, dass
man auch bei einer erfolgreichen Anfechtung die Kosten für den
Anwalt selbst zahlen muss (wenn keine Rechtsschutzversicherung für
Familienrecht besteht).
Die Vaterschaftsanfechtung durch ein volljähriges Kind ist rechtlich nicht sonderlich schwierig, da es – bis auf die fehlende Verwandtschaft und die Einhaltung der Anfechtungsfrist – keine weiteren Voraussetzungen gibt. Wer bereit ist, sich gut vorzubereiten, kann sich auch selbst vor dem Familiengericht vertreten. Für den Anfechtungsantrag gibt es Muster, man kann aber notfalls auch zur Geschäftsstelle des Gerichts gehen und sich helfen lassen. Im Anfechtungsverfahren besteht anders als im normalen familiengerichtlichen Verfahren nur ein eingeschränkter Amtsermittlungsgrundsatz. Das Gericht darf von Amts wegen nur Tatsachen berücksichtigen, die für die Vaterschaft sprechen. Tatsachen, die dagegen sprechen, muss der Antragsteller selbst vorbringen. Bei einem anwaltlich nicht vertretenen Beteiligten wird das Gericht aber vermutlich schon in gewissem Umfang unterstützen.
Wir würden die Unterstützung durch einen Anwalt empfehlen, wenn man sich selbst nicht gut vorbereiten kann / möchte, die anderen Beteiligten voraussichtlich Einwände vorbringen werden, die Einhaltung der Anfechtungsfrist angezweifelt werden könnte oder das Gericht dazu bewegt werden soll, kein Abstammungsgutachten einzuholen. Allerdings haben einige Spenderkinder Schwierigkeiten gehabt, einen Anwalt oder eine Anwältin zu finden, die bereit waren, die Vaterschaftsanfechtung zu übernehmen. Grund hierfür könnte sein, dass die gesetzlichen Gebühren vergleichsweise gering sind.