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Sarah am 16. April um 22.25 Studiogast bei ZDF log in

Spenderkinder-Vorständin Sarah war am 16. April 2014, einer der Gäste bei ZDF log in zum Thema „Unter allen Umständen: Gibt es das Recht auf ein Kind?“ Die Sendung kann in der ZDF-Mediathek angesehen werden.

Bei der Sendung log in diskutieren die Gäste Giovanni Maio, Professor für Medizinethik, und Matthias Bloechle, Reproduktionsmediziner, das Thema in einer Pro-und-Contra-Konstellation. Weitere Gäste wie Sarah und die Autorin Millay Hyatt bringen im Verlauf der Sendung neue Aspekte in die Diskussion. Die Zuschauer können sich durch Kommentare, Tweets, Chat und Abstimmung aktiv an der Sendung beteiligen.

Die Sendung läuft ab 22.25 Uhr auf ZDF info und kann auch im webstream gesehen werden.

Der Ankündigungstext von ZDF log in:

„Kinderwunsch mit 50? Kein Problem. Der Natur ein Schnippchen schlagen, der Traum vieler kinderloser Paare. Doch muss alles, was medizinisch geht, auch gemacht werden? Gibt es ethische Grenzen? Was ist erlaubt, was nicht? Welche Konsequenzen haben die unterschiedlichen Methoden für Frauen, Männer und Kinder? Samenspende, Hormonspritze, Leihmutter: Das Geschäft mit dem Kinderwunsch boomt. Falsche Versprechen oder Happy End im Labor?“

3sat Kulturzeit am 10. April zu Kinder machen von Andreas Bernard

In der Sendung Kulturzeit auf 3sat wurde am Donnerstag, 10. April 2014 das Buch Kinder machen von Andreas Bernard besprochen. Neben einem Interview mit dem Autor Andreas Bernard gibt es ein Beitrag zum Thema Spenderkinder und unsere Erzeugung durch Reproduktionsmedizin, in dem Spenderkinder-Mitglied Stina zu Wort kommt.

Zu dem Buch Kinder machen sind außerdem Rezensionen bei der FAZ, der Zeit und der Welt erschienen. Einige unserer Mitglieder lesen das Buch gerade auch und werden bald eine eigene Rezension verfassen.

Der Vergleich von Frau Lewitscharoff mit Halbwesen ist treffender als in der Diskussion angenommen

Wir vom Verein Spenderkinder haben überlegt, ob wir uns überhaupt zu den Aussagen der Schriftstellerin und Georg-Büchner-Preisträgerin Sibylle Lewitscharoff äußern sollen, die in einer Rede am Sonntag durch Reproduktionsmedizin gezeugte Menschen als „Halbwesen“ und „ekelhaft“ bezeichnet hat. Da wir mehrere Anfragen zu dem Thema erhalten haben, möchten wir jetzt aber doch noch unsere Gedanken zu dieser Debatte sagen. Natürlich sind wir grundsätzlich entsetzt, mit derart diskriminierenden Äußerungen konfrontiert zu werden. Viele von uns wären vorher nie auf den Gedanken gekommen, dass wir als „nicht normal“ angesehen werden. Andererseits war Frau Lewitscharoff den meisten von uns vorher nicht bekannt, und die Abwertung einer gesamten Gruppe als nicht vollständige Menschen ist derartig primitiv, dass sie eigentlich schon selbstentlarvend ist und nicht noch durch eine breitflächige Auseinandersetzung mit dieser Meinung aufgewertet werden muss. Selbstverständlich wohnt einem Menschen, ungeachtet dessen, wie andere ihn sehen oder was andere sagen, seine Würde inne und natürlich auch uns.

Zwar hat Frau Lewitscharoff die Äußerungen zu Ekel und den Halbwesen inzwischen zurückgenommen und bedauert. Trotzdem überrascht es doch sehr, dass eine Autorin, die ihren Lebensunterhalt mit dem Gebrauch von Sprache verdient, solche Äußerungen in einer vermutlich vorbereiteten Rede unbedacht gemacht haben will.

Wir unterscheiden dabei aber deutlich zwischen unserer eigenen Würde und den Methoden der Reproduktionsmedizin. Nur weil wir mit Hilfe der Reproduktionsmedizin entstanden sind, müssen wir das Verfahren nicht für würdevoll halten und auch sonst die Methoden der Reproduktionsmedizin nicht verteidigen – insbesondere weil diese Verfahren oft angewandt werden, ohne die Würde der entstehenden Menschen zu achten. Es ist daher bedauernswert, dass angesichts dieser schrillen Bezichtigungen in Frau Lewitscharoffs Rede die Auseinandersetzung damit, welche Methoden zu Beginn und am Ende eines Lebens würdevoll sind und was zur Umsetzung des Kinderwunsches erlaubt sein soll, aus dem Fokus geraten sind. Ganz abgesehen von ihren Darstellungen ist damit eine besondere Verantwortung verbunden, der man sich bewusst sein sollte, wenn man sich dafür entscheidet.

Uns freut, aber überrascht auch, wie selbstverständlich in Leserkommentaren zu Frau Lewitscharoffs Äußerungen plötzlich von allen Seiten unsere Würde verteidigt wird und Achtung uns gegenüber gefordert wird. Diese Reaktionen hätten uns vor einem Jahr, rund um den Prozess vor dem OLG Hamm, sehr gefreut. Da sah das aber teilweise ganz anders aus. Von vielen Seiten mussten wir uns anhören, wir seien selbstsüchtig und sollten froh sein, überhaupt am Leben zu sein und Eltern zu haben, die uns wollten.

Von der Art, wie wir von solchen Kommentaren, manchen Kinderwunschpaaren und Reproduktionsmedizinern behandelt werden, ist der Vergleich mit Halbwesen treffender, als diesen vermutlich lieb ist. Wenn uns gesagt wird, dass wir überhaupt nicht von unserer Zeugungsart oder unserer Abstammung wissen sollen, werden wir nicht wie normale Menschen mit Anspruch auf Respekt und Würde behandelt. Daher ist es erfreulich, dass wir auf diese Weise von so breiter Masse unsere Würde bestätigt bekommen. Da kann der Schritt zur Respektierung unserer Rechte und Bedürfnisse ja nicht mehr weit sein. Insofern vielen Dank an Frau Lewitscharoff!

Andere Länder, andere Gesetze

Andere Länder, andere Gesetze – das ist selbstverständlich und trifft auch auf die Regelung von Samenspenden und anderen reproduktionsmedizinischen Verfahren in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern zu. Seit ein paar Tagen ist die Neubearbeitung von Andere Länder online, wo wir die rechtliche Lage in anderen Ländern besprechen – mit einem Fokus auf europäische Länder und das Recht von Spenderkindern auf Kenntnis ihrer Abstammung.

Bei der Neubearbeitung haben wir uns bemüht, die tatsächlichen Rechtsgrundlagen ausfindig zu machen und zu verlinken, damit alles im Original nachgelesen werden kann. Wir hoffen, dass die Verweise auf andere Länder gerade bei der Formulierung des Auskunftsrechts von Spenderkindern – das ja im Koalitionsvertrag steht – eine Inspiration sein werden – auch dafür, dass es nicht nur bei einem Auskunftsrecht bleibt, sondern die reproduktionsmedizinischen Verfahren umfassend geregelt werden. Besonders vorbildhaft sind die Regelungen in Großbritannien und der Schweiz. 

2 Aspekte finde ich besonders auffällig: Zuerst besitzt fast jedes andere europäische Land mehr Regelungen zur Reproduktionsmedizin als Deutschland. Hier gibt es nur das relativ knappe Embryonenschutzgesetz, das Eizellspenden und Leihmutterschaft untersagt und regelt, wie man mit Embryonen umgehen soll. Welchen Regelungen aber Samenspenden unterliegen und welche Rechte die Betroffenen haben, wird nur rudimentär im BGB-Familienrecht geregelt und ansonsten den Ärzten überlassen, die natürlich erhebliche Eigeninteressen haben. Das ist in fast keinem anderen europäischen Land so und ich frage mich, wie man auf die Idee kam, den Embryo besser zu schützen als die über 100.000 Spenderkinder, die ja unbestritten existierende Menschen sind.

Zweitens fällt bei einem Vergleich der rechtlichen Regelungen in Europa auf, dass es bei der Frage, ob anonyme Spenden von Fortpflanzungszellen verboten sind, ein deutliches Nord-Süd Gefälle gibt. In Schweden, Norwegen, Finnland, Großbritannien, den Niederlanden, Deutschland, Österreich und der Schweiz sind anonyme Spenden verboten. In Belgien, Frankreich, Spanien und Tschechien sind anonyme Spenden dagegen verpflichtend oder zumindest die Regel. Ich vermute, dass diese Unterschiede mit der politischen Kultur der jeweiligen Länder und auch der religiösen bzw. weltlichen Prägung zu tun haben. Die Länder, die anonyme Spenden verbieten, haben alle eine eher offene politische Kultur und sind eher evangelisch-weltlich geprägt. Etwas aus dem Rahmen fällt dabei nur Dänemark, wo Spender die Wahl haben. Vermutlich beeinflusst hier aber auch die Tatsache, dass die weltweit größten Samenbanken ihren Sitz in Dänemark haben, die rechtlichen Regelungen.

Die Länder mit anonymen Samenspenden sind dagegen eher katholisch und noch von einem konservativen Familienbild geprägt. Meine Vermutung ist, dass man in solchen Ländern eher davon ausgeht, dass die Familie vor dem Spender als Dritten geschützt werden muss (daher die Anonymität) und das Kindeswohl nicht als eigenen Belang berücksichtigt. In Frankreich laufen Samen- und Eizellspenden sogar ausschließlich über staatliche Kliniken ab – als hätte der Staat eine Pflicht, Paaren zu Kindern zu verhelfen. Der Spender hat noch nicht mal das Recht, freiwillig auf seine Anonymität zu verzichten. Italien ist einen ganz anderen Weg gegangen und hat jegliche reproduktionsmedizinischen Verfahren mit den Fortpflanzungszellen Dritter untersagt.

Spannend wird die Frage sein, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte angesichts der sehr unterschiedlichen nationalen Regelungen das Recht von Spenderkindern auf Kenntnis ihrer Abstammung im Rahmen des Rechts auf Familie nach Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention beurteilen wird. Es ist möglich, dass sie in nicht allzu ferner Zeit einen Fall aus Frankreich bekommen werden. In der Vergangenheit hat das Gericht besonders die Rechte leiblicher Väter gestärkt – es wäre an der Zeit, dass dies auch für die Rechte leiblicher Kinder getan wird.

Film Vaterfreuden seit gestern im Kino

Samenspenden und die Verbindungen, die dadurch zwischen eigentlich fremden Menschen geschaffen werden, sind in den letzten Jahren zunehmend zur Inspiration von Filmen geworden (zuletzt: Starbuck bzw. dessen amerikanisches Remake Delivery Man, The Kids are alright, Umständlich verliebt, The Backup Plan). Seit gestern gibt es auch einen deutschen Film zu dem Thema: Vaterfreuden (Trailer) von und mit Matthias Schweighöfer, den wir uns im Rahmen eines Mini-Spenderkinder-Kinoabends angesehen haben.

Die Story: Felix (Schweighöfer) wird von seinem Bruder auf die Idee gebracht, Samen zu spenden. Kurz darauf wird er von einem Frettchen sterilisiert. Er merkt, dass er doch gerne Vater sein möchte und versucht herauszufinden, wer die Empfängerin seiner Samenspende ist. Durch illegale Mithilfe seines Bruders erfährt er, dass die Fernsehmoderatorin Maren die Mutter seines Kindes wird. Er versucht, ihr näher zu kommen – leider ist sie jedoch kurz davor, ihren Freund Ralph zu heiraten.

Auch wenn die Geschichte sich etwas klamaukartig und erwachsenenzentriert anhört, waren wir doch positiv überrascht. Zwar kommt die Perspektive der Spenderkinder – wie fühlt man sich, wenn der genetische Vater sich hauptsächlich etwas dazuverdienen möchte und man erst ab 18 (oder 16) erfahren kann, wer er ist – nicht vor. Keiner der Beteiligten macht sich irgendwelche Gedanken darüber, wie sich das Kind fühlen wird oder wie man nach der Geburt damit umgehen wird. Nur der Arzt erwähnt in einem Nebensatz, dass das Kind mit 18 herausfinden kann, wer der genetische Vater ist.

Ein paar andere Aspekte werden aber trotzdem gut dargestellt: Felix steht zu Beginn für einen Samenspender, wie ihn die Vorurteile konstruieren. Aber er entwickelt sich im Laufe des Films stets weiter. Zunächst nur das schnelle Geld, dann die Einsicht, dass wirklich Leben entstehen wird. Nach der Diagnose, dass er selbst unfruchtbar geworden ist, sind die durch seine Samenspende gezeugten Kinder die einzige Möglichkeit für ihn, noch Nachwuchs zu haben. Einige ehemalige Spender haben vermutlich ebenso keine Kinder bekommen und sie interessieren sich  (aus diesem oder auch einen anderem Grund) auch für die Spenderkinder. Als Felix feststellt, dass gar nicht sein Sperma bei Maren genutzt wurde, fällt er ein weiteres Mal in eine Krise. Nach einem Gespräch mit seinem Vater wird ihm jedoch klar, dass „eine Familie durch Liebe entsteht“ und entscheidet sich für Maren und das Kind eines anderen Samenspenders. Hier nimmt er die Rolle eines unfruchtbaren Mannes ein, der durch eine Samenspende mit seinen Frau ein Kind bekommen kann. Damit wird deutlich aufgezeigt, dass eine Familie die so entsteht, genauso glücklich werden kann, wie eine „normale“, wenn man richtig damit umgeht und sich damit auseinandersetzt.

Marens Freund Ralph steht nicht wirklich hinter der Samenspende und dem Konzept, ein genetisch nicht eigenes Kind aufzuziehen, sondern macht es eher aus Schuldgefühlen. Das sagt er seiner Freundin Maren aber erst im Streit, als sie schon durch die Samenspende schwanger ist. Das entspricht unseren Erfahrungen, dass sich die Beteiligten nicht selten unüberlegt zu einer Samenspende entscheiden, um lösungsorientiert mit ihrem Verlust umzugehen, kein eigenes Kind zu bekommen. Ebenfalls spiegelt es die oft schlechte Beziehung zwischen sozialem Vater und Spenderkind wider, weil sich der Vater nicht richtig auf das „fremde“ Kind einlassen kann. Oft zerstört gerade der Druck die Beziehung und der Mann kommt mit seiner Unfruchtbarkeit nur schlecht klar. Ralph flüchtet sich in eine andere Welt, in dem er eine Affäre beginnt und sich betrinkt.

Und zuletzt: in einer Vorschau sieht man, wie das Spenderkind im Alter von ca. 4 Jahren darüber aufgeklärt wird, was eine Samenbank ist und was das mit ihr zu tun hat – von beiden Eltern und ohne große Bedenken. Besonders der letzte Aspekt war sehr schön, und deswegen finden wir den Film auch aus unserer Perspektive ganz gelungen.

Allerdings ist nicht ganz auszuschließen, dass manche Eltern aufgrund solcher Geschichten tatsächlich denken, dass sich der Spender in ihr Leben einmischen und ein „echter“ Vater sein möchte. Ähnliche Gedanken haben wir schon aufgrund von „The Kids are alright gehört“, in dem der Spender auf einmal eine Beziehung mit der Mutter anfängt. Das könnte manche Eltern vielleicht davon abhalten, offen mit der Samenspende umzugehen und dem Kind vielleicht auch schon vor dem Alter von 16 oder 18 Jahren eine Kontaktaufnahme zu dem Spender zu ermöglichen. Alle Spender von denen ich bisher gehört habe, sehen dies aber gerade nicht so – und hoffentlich sehen auch die meisten Eltern, dass es sich hierbei um ein nettes Thema für eine romantische Komödie handelt, aber eher nicht um die Realität. Die Liebesgeschichte dient dem Film als eine Verbindung zwischen allen Beteiligten.

Alles in allem schafft der Film aber den Drahtseilakt, im Rahmen einer Komödie einen Zugang zu diesem Thema zu schaffen und regt hoffentlich einige Menschen zu Gedanken hierüber an.

Eindrücke von Eva, Sarah und Stina

Zwei interessante Beiträge im britischen Guardian

Im britischen Guardian sind zwei interessante Artikel über Samenspenden erschienen.

Who is my sperm donor father“ über das 21jährige Spenderkind Natasha Fox ist schon fast ein Jahr alt. Natasha ist das Kind einer alleinstehenden Mutter, die sich für eine Samenspende entschieden hat, weil sie nicht den passenden Mann gefunden hat. Wie fast alle Spenderkinder von diesen solo mums und lesbischen Paaren weiß sie seit dem Kleinkindalter von ihrer Entstehungsweise. Es ist spannend zu lesen, wie sie von Anfang an sehr unbefangen damit umgeht, sie sich aber ab dem Alter von 12 Jahren eine Vater-Tochter Beziehung wünscht und sie die Anonymität des Spenders schmerzt. Inzwischen sucht sie nicht mehr nach einem Vater, sondern möchte nur mehr über den Spender erfahren und ihre Halbgeschwister kennenlernen. Der Artikel zeigt, dass die von manchen Eltern geäußerte Erwartung (oder Hoffnung), ihre Spenderkinder würden sich bei früher Aufklärung nicht für den Spender interessieren, keine Grundlage hat.

In dem Artikel „I fathered 34 children through sperm donation“ vom 31. Januar 2014 erzählt ein ehemaliger britischer Samenspender, dass er sich mit eher wenigen Gedanken in den 90ern dazu entschloss. Interessanterweise änderte sich seine Perspektive dann, als er selbst Vater wurde: „Looking back I can see that becoming a father made me more conscious of the consequences of my earlier actions.“ Leider führte erst das Ende seiner Ehe dazu, dass er sich entschloss, bei der britischen Regulierungsbehörde HFEA nachzufragen, was aus seinen Spenden geworden ist. Dass er 34 Kinder gezeugt hat, kam dann doch sehr überraschend für ihn. Als er den zuerst erwähnten Artikel letztes Jahr las, entschloss er sich, gegenüber der HFEA auf seine Anonymität (die für Spender zwischen 1991 und 2004 in Großbritannien besteht) zu verzichten. „I came to feel that to deny someone the opportunity to try to find what he or she is seeking would be an act of selfishness on my part.“ Vor kurze hat das erste seiner Kinder bei der HFEA Informationen über ihn angefordert. Bleibt zu hoffen, dass es mehr ehemalige Spender wie ihn gibt.

Interview mit Sarahs Spender Hubertus

Als unsere Vorständin Sarah im Februar letzten Jahres den Prozess vor dem OLG Hamm gegen den Arzt ihrer Eltern gewann und dieser dazu verurteilt wurde, Sarah Auskunft über ihren genetischen Vater, den damaligen Spender, zu erteilen, war die Aufregung groß. Insbesondere in Kommentaren konnte man oft lesen, der Spender wolle doch gar nichts von den durch ihn gezeugten Kindern wissen, weswegen sie in sein Leben eindringen wolle.

Da hatten viele allerdings zu viel Schlechtes erwartet: Hubertus, Sarahs Spender, las einen Artikel über den Prozess und meldete sich von selbst bei Sarah. Das Urteil gegen den Arzt musste daher nicht vollstreckt werden. Inzwischen haben sich beide mehrmals getroffen und die Verwandtschaft auch über den Family Finder Test bestätigen lassen.

Wir freuen uns alle sehr, dass es für Sarah einen so guten Ausgang genommen hat und hoffen natürlich, dass es mehr Spender wie Hubertus gibt. Hubertus war so freundlich, uns für unsere Internetseite seine Perspektive als Spender darzustellen:

Aus welchen Gründen hast Du Dich damals entschieden, Samenspender zu werden?
Ich fand die Idee sehr gut einem kinderlosen Paar zu einem Wunschkind zu verhelfen und die Einnahmen waren mir als Student willkommen.

Was hat man Dir damals zu der Samenspende gesagt?
Von ärztlicher Seite: wenig. Es ging eher um die Organisation. Ich wurde darüber informiert, dass ich anonym bleibe und auch selbst nichts über die Kinder oder Eltern erfahren werde. Aber ich wurde einmal informiert, dass die Insemination erfolgreich verlaufen sei.

War es Dir damals wichtig, dass Du gegenüber den Empfängern und dem Kind anonym bleibst?
Eigentlich nicht. Andererseits war ja klar, dass die Spenden anonym verlaufen. Damals – mit Anfang 20 – war ich auch der Überzeugung, dass die genetische Abstammung keine große Rolle spielt und nur die Erziehung und das soziale Umfeld (bzw. die Prägung durch Mutter und Vater) zählt. Wissenschaft und Gesellschaft sehen das heute auch differenzierter.

Hast Du Deiner Familie und/oder Freunden erzählt, dass Du Samenspender warst?
Nein. Die Ärzte haben mir das damals ausdrücklich empfohlen. Aber seit ich Sarah kennengelernt habe, erzähle ich davon den Menschen, die mir wichtig sind.

Hast Du in den darauf folgenden Jahren manchmal an die Kinder gedacht, die durch Dich gezeugt wurden?
Ich habe mir schon manchmal Gedanken gemacht. Mich interessierte, ob es vielleicht Ähnlichkeiten gibt, es ihnen gut geht und sie in einer glücklichen Familie aufwachsen. Meine Spendernummer habe ich daher nie vergessen.

Wie hast Du davon erfahren, dass Sarah über die Klage gegen den Arzt ihrer Eltern nach Dir sucht?
Ich las zufällig einen Artikel über Sarah, in der ich meine Spendernummer las. Das war natürlich der Hammer! Und ich war mir gleich sicher, Sarahs Spendervater zu sein. Über Sarahs Suche und die Klage hatte ich vorher nichts mitbekommen.

Hat Dir das irgendwie Angst gemacht oder wusstest Du gleich, dass Du Dich bei ihr melden möchtest?
Ich wusste sofort, dass ich mich bei Sarah melden möchte und habe direkt die Redakteure des Artikels angeschrieben, um Kontakt zu Sarah aufnehmen zu können.

Warst Du aufgeregt, bevor Du Sarah das erste Mal getroffen hast?
Ja sehr, obwohl wir uns vorher geschrieben hatten und wir schon etwas voneinander wussten. Ich hatte zudem die Sorge, dass Sarah jemand ganz anderes erwartet und ich ihren Vorstellungen von ihrem Spendervater enttäuschen würde.

Habt ihr Ähnlichkeiten entdeckt?
Sarah hat direkt Ähnlichkeiten entdeckt.

Denkst Du dass ihr eine besondere Beziehung dadurch habt, dass ihr genetisch verwandt seid?
Ich denke schon. Aber wir haben uns schon gut verstanden, bevor wie genau wussten, dass wir genetisch verwandt sind.

Bist Du dazu bereit, weitere Spenderkinder von Dir kennenzulernen?
Natürlich bin ich dazu bereit. Über „Family Tree DNA“ sind meine Daten registriert.

Wie nennst Du Dich im Verhältnis zu Sarah: Samenspender, Spender, genetischer Vater oder Vater?
Ich finde, dass der Begriff “Vater” nur Sarahs Papa, dem sozialen Vater, zusteht.

Denkst du dass Samenspenden in Deutschland anders geregelt werden sollten?
Auf jeden Fall. Die rechtliche Situation von Kindern, Eltern und Spendern sollte klar geregelt werden. Spenderkindern und Spendern sollte die uneingeschränkte Möglichkeit gegeben werden, voneinander zu erfahren. Das setzt natürlich voraus, dass die Eltern ihre Kinder informieren. Die Beratung und Betreuung der Eltern sollte fester Bestandteil der Behandlung sein. Die Reproduktionspraxen sollten einer starken staatlichen Kontrolle unterliegen.

Neuer Vorstand

Spenderkinder hat gerade einen neuen, leicht erweiterten Vorstand gewählt. Bestätigt wurden Sarah als Vorständin und Babett als Stellvertreterin. Neu sind Leni für Mitgliedschaft, Anne für Öffentlichkeitsarbeit und ich für Rechtliches. Der Vorstand wird jedes Jahr neu gewählt.

Das Beispiel Großbritannien – vorbildhafte Regulierung der Reproduktionsmedizin und Achtung der Rechte von Spenderkindern

Reproduktionsärzte und Samenbanken, die nur anhand rudimentärer rechtlicher Regeln und ohne staatliche Kontrolle den Wunsch von Erwachsenen nach einem Kind bedienen und dabei meistens die Rechte der entstehenden Kinder ignorieren – so sieht die Situation momentan in Deutschland und einigen anderen europäischen Ländern aus. Dass es auch ganz anders geht, zeigt das Beispiel von Großbritannien.

Dort sind seit 2005 anonyme Samenspenden verboten – übrigens ohne dass die Zahl der Spender zurückging, sie ist im Gegenteil sogar gestiegen.

Wie sehen die rechtlichen Regelungen aus?

In Großbritannien sind neben Samenspenden auch Eizell- und Embryonenspenden und nicht kommerzielle Leihmutterschaft erlaubt. Alle diese Aktivitäten werden von einer Regulierungsbehörde mit dem Namen Human Fertility and Embryology Authority („HFEA“) überwacht. Alle Reproduktionskliniken benötigen eine Lizenz der HFEA (sec. 4, 11 ff. HFE-Act) und müssen an diese bestimmte Daten weitergeben.

Die HFEA führt seit 1991 ein nationales Register mit allen reproduktionsmedizinischen Behandlungen, den davon betroffenen Patienten, Spendern und den daraus resultierenden Geburten. Hierfür speichert die HFEA jede Nutzung von Spendern über Kliniken (sec. 31 HFE-Act). Zwar findet ein Abgleich mit Melderegistern nicht statt, um zu erfahren, ob tatsächlich ein Kind als Resultat der jeweiligen Behandlung geboren wird. Die HFEA weiß aber von fast von allen mit Hilfe von Gametenspenden gezeugten Kindern, da sie von der jeweiligen Klinik erfährt, ob die jeweilige Behandlung tatsächlich erfolgreich war. Die Kliniken sind selbst interessiert daran, erfolgreiche Behandlungen an die HFEA zu melden, da nur solche für die Erfolgsstatistik zählen, die für die jeweiligen Kliniken veröffentlicht wird. Aus diesem Grund weisen die Kliniken ihre Patienten bereits bei der Behandlung auf das Erfordernis der Informationsweitergabe an die HFEA hin und fragen auch aktiv bei den Patienten nach. Teilweise lassen sie sich über den Behandlungsvertrag auch das Recht geben, bei dem behandelnden Frauenarzt nachzufragen.

Jede Person kann ab dem Alter von 16 Jahren bei der HFEA anfragen, ob sie mit Hilfe einer künstlichen Befruchtung über eine Klinik entstanden ist und ob eine bestimmte Person, mit der sie eine intime Beziehung haben, mit ihr verwandt ist (sec. 31ZB HFE-Act). Spenderkinder können ab dem Alter von 16 erfahren, wie viele Halbgeschwister sie haben und bestimmte nichtidentifizierende Informationen über den Spender wie Geburtsdatum, Geburtsland, ethnische Zugehörigkeit, Größe, Gewicht, Augen- Haar- und Hautfarbe, Kinder erhalten (sec. 31ZA HFE-Act). Ab dem Alter von 18 können sie sich zu einer Kontaktaufnahme mit ihren Halbgeschwistern bereit erklären (sec. 31 ZE HFE-Act). Dies gilt jedoch nur für Kinder, die ab 1991 gezeugt wurden.

Spenderkinder, die durch Spenden nach dem 31. März 2005 gezeugt wurden, können ab dem Alter von 18 Jahren die identifizierenden Daten des Spenders erhalten (sec. 31ZA para 2a HFE-Act, sec. 2 para 3 Human Fertilisation and Embryology Authority (Disclosure of Donor Information) Regulations 2004). Dies wird erstmals im Jahr 2023 der Fall sein. Spenderkinder, die vor diesem Datum gezeugt wurden, erhalten nur dann identifizierende Informationen über ihren Spender, wenn ihr Spender auf Anonymität verzichtet. Bislang haben dies lediglich 126 Spender getan. Spenderkinder erhalten jedoch nicht-identifizierende Informationen über den Spender sowie die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme zu Halbgeschwistern. Spenderkinder, die vor 1991 gezeugt wurden, haben dagegen nur wenige oder überhaupt keine Informationen über ihren Spender. Für sie existiert jedoch seit 2004 ein staatlich gefördertes Register, das Donor Conceived Register (früher bekannt unter dem Namen UK DonorLink), bei dem sich Spenderkinder und Spender registrieren lassen können und per DNA-Test auf Verwandtschaft abgeglichen werden.

Spender können sich über die Anzahl, das Geschlecht und das Geburtsjahr aller mit ihrer Hilfe gezeugten Kinder informieren (sec. 31ZD para 3 HFE-Act). Ein Spender darf nur für 10 Familien verwendet werden. Dies wird durch die HFEA überwacht und Verstöße sind äußerst selten. Die Eltern erhalten auf Anfrage Informationen über die Anzahl, das Geschlecht und das Geburtsjahr von Halbgeschwistern ihrer Kinder.

Rechtlich werden die Empfänger Eltern, die Spender sind dagegen keine rechtlichen Eltern (sec. 27-29 HFE-Act). Spender und Empfänger haben keine Ansprüche gegeneinander. Dies gilt jedoch nur für Samenspenden über die von der HFEA lizensierten Kliniken, bei privaten Samenspenden kann ein Samenspender auch rechtlicher Vater werden.

Die HFEA verpflichtet die von ihr lizensierten Kliniken außerdem, Spender und Empfänger über die Auswirkungen der Behandlungen zu informieren (sec. 13 para 6 C HFE-Act). Das beinhaltet Informationen darüber, dass die Eltern ihre Kinder im jungen Alter über ihre Abstammung aufklären sollten und wie sie dies tun können. Hierzu müssen die Kliniken standardisierte Informationen verwenden und weitergeben.

Wie kam es zu diesen fortschrittlichen rechtlichen Regelungen?

1984 empfahl ein Bericht des Untersuchungsausschusses zu Menschlicher Fruchtbarkeit und Embryologie (sog. Warnock-Report) die Einrichtung einer Behörde, die IVF und Embryonenforschung überwachen sollte. Aufgrund des Human Fertilisation and Embryology Act 1990 („HFE-Act 1990“) wurde im August 1991 die Regulierungsbehörde HFEA als weltweit erste dieser Art gegründet.

Der HFE-Act 1990 sah noch eine Anonymität von Spendern vor, unter anderem weil ansonsten ein Rückgang der Spender und rechtliche und emotionale Schwierigkeiten innerhalb der Familie befürchtet wurde. Allerdings schloss die Regierung bereits zu diesem Zeitpunkt nicht aus, dass Spenderkinder in Zukunft einmal die Identität der Spender erfahren könnten.1 Auch riet der Warnock-Ausschuss von einer Geheimhaltung innerhalb der Familie ab und empfahl einen Zugang von Spenderkindern zu Basisdaten über den Spender ab dem 18. Lebensjahr.

Eine der Hauptaufgaben der HFEA war seit ihrer Gründung ist die Führung eines Registers über alle Spender, Empfänger und entstandene Spenderkinder. Spender wurden von Anfang an um zusätzliche Informationen gebeten die mit den Eltern und dem Kind geteilt werden können. Außerdem konnte jede Person im Alter von 18 Jahren eine Anfrage an die HFEA stellen, ob er oder sie mit Hilfe eines Spenders entstanden ist. Verlobte konnten anfragen, ob sie von demselben Spender abstammen.

In den 90er Jahren erschienen jedoch zunehmend Berichte von Spenderkindern, die von Problemen mit der Anonymität ihrer genetischen Eltern und der Art ihrer Aufklärung berichteten und die Ungleichbehandlung mit Adoptierten kritisierten.2 Auch das Donor Conception Network, eine im Jahr 1993 gegründete Elternorganisation, setzten sich für die Aufhebung der Anonymität von Spendern ein.3

Im Jahr 2000 klagten zwei britische Spenderkinder, Joanna Rose und EM, vor dem „England and Wales High Court“ gegen die HFEA auf Aufhebung der Anonymität der Spender wegen einer
Verletzung von Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), dem Recht auf Familienleben, und Art. 14 EMRK Gleichheit, wegen der Ungleichbehandlung in Vergleich zu adoptierten Personen. Das Gericht entscheid mit Urteil vom 26. Juli 2002 zunächst nur, dass Art. 8 EMRK einschlägig ist, behielt sich jedoch eine weitere Entscheidung bis zum Abschluss einer 2001 begonnenen Regierungskonsultation vor. Bereits diese Entscheidung stellte jedoch einen Erfolg in dem Angriff auf die Anonymität der Spender dar.

Nach Abschluss der Regierungskonsultation kündigte im Januar 2004 die Gesundheitsministerin Melanie Johnson in einer Rede an, dass die HFEA von 2005 an nur noch Spender akzeptieren würde, die mit der Bekanntgabe ihrer Identität an die von ihnen abstammenden volljährigen Kinder einverstanden wäre. Dies beinhaltet den vollen Namen, Geburtsdatum und -ort und die letzte bekannte Adresse.

Sie begründete diese Entscheidung vor allem mit der Ähnlichkeit der Situation von Spenderkindern zu Adoptierten, die Informationen über ihre Abstammung erhalten können und bei denen man früher ebenfalls davon ausging, dass die Adoption einen Bruch zu ihrer vorherigen Familie darstellte, der auch durch Informationen nicht überwunden werden sollte. Als wichtigen Grundsatz für die Infertilitätsbehandlungen setzte sie hinzu: „The interests of the child are paramount. We live in an age where, as technology continues to develop, our genetic background will become increasingly important.“ Und: „Clinics decide to provide treatment using donors; patients make a decision to receive treatment using donors; donors decide to donate. Donor-conceived children, however, do not decide to be born – is it therefore right that access to information about the donation that led to their birth should be denied to them?

Die überwiegende Zahl der Kliniken und die British Fertility Society kritisierte die Entscheidung und äußerte (im Nachhinein unbegründete) Befürchtungen, dass die Zahl der Spender um bis zu 80 Prozent sinken könnte. Melanie Johnson äußerte jedoch bereits in ihrer Rede: „We can change the culture of donation“ – was sich im Nachhinein als wahr erwies.

Die angekündigten Änderungen wurden in der Human Fertilisation and Embryology Authority (Disclosure of Donor Informations) Regulation 2004 umgesetzt.
Die HFEA revidierte gleichzeitig auch ihre interne Politik. Nachdem sie zwischen 1991 und 2005 Kliniken lediglich verpflichtete, das potentielle Interesse der Kinder an Kenntnis ihrer Abstammung zu beachten und ob die zukünftigen Eltern auf diese Fragen vorbereitet sind, verpflichtete sie nun die Kliniken, die Wunscheltern zu ermutigen, gegenüber den Kindern offen mit der Entstehungsweise umzugehen.4

Alles gut in Großbritannien?

Ist in Großbritannien nun alles perfekt für Spenderkinder geregelt? Angesichts der Tatsache, dass das Verbot anonymer Spenden erst seit 2005 gilt und Spenderkinder, die vor 1991 gezeugt wurden, keinerlei Informationen über Spender und Verwandte erhalten können, kann man das nicht sagen. Man muss auch sehen, dass für Spenderkinder, die zwischen 1991 und März 2005 gezeugt worden sind, das Recht der Spender auf Anonymität höher bewertet wird als das Recht der Spenderkinder auf Kenntnis ihrer Abstammung. Da es sich hierbei um ein Menschenrecht der Spenderkinder handelt (so ja auch das Gerichtsurteil des High Court of England and Wales) und eine Ungleichbehandlung zu Adoptierten, ist diese Wertung zweifelhaft. Viele Spenderkinder würden es außerdem begrüßen, wenn sie zu Halbgeschwistern auch schon vor dem Alter von 18 Jahren Kontakt aufnehmen könnten.

Für viele Spenderkinder ist es jedoch eine Genugtuung, dass ihr Recht auf Kenntnis der Abstammung zumindest für die Zukunft anerkannt wird und die Regierung versucht, den Interessen der vorher gezeugten Spenderkinder durch die nachträgliche Registrierung von Kontaktmöglichkeiten und der Unterstützung eines DNA-Registers zumindest ein bisschen Rechnung trägt. Allerdings sind gerade die staatlichen Zuschüsse in den letzten Jahren deutlich gekürzt worden, und dort arbeiten keine Personen mit einem sozialberatenden Hintergrund.

In Studien wird davon ausgegangen, dass die Möglichkeit, Informationen über den Spender zu erhalten, dazu führt dass Eltern offen und positiv mit dieser Form der Familiengründung umgehen.5 Daher ist davon auszugehen, dass Eltern in Großbritannien ihre Kinder häufiger aufklären als Eltern in Deutschland, wo das Recht von Spenderkindern auf Informationen über ihren Spender immer noch wenig geregelt ist und auch in den verschiedenen Kliniken deutlich anders gehandhabt wird. Auch in Großbritannien klären jedoch viele Eltern ihre Kinder immer noch nicht darüber auf, dass sie mit einer Samen- oder Eizellspende entstanden sind. Viele britische Spenderkinder würden daher begrüßen, wenn die Abstammung auf der Geburtsurkunde festgehalten würde. Hierzu gab es eine Initiative im Jahr 2008, die leider bei der Gesetzgebung bislang nicht berücksichtigt wurde. Auch die British Association for Adoption and Fostering setzt sich für dieses Ziel ein.

Ein Vorbild für Deutschland?

Für Deutschland sollte das britische System der Regulierung von Reproduktionskliniken als Vorbild dienen. Ich finde es immer wieder verwunderlich, dass man eine Methode, bei der Menschen erzeugt werden, ganz der Selbstregulierung durch die Ärzte überlassen hat, die natürlich erhebliche finanzielle Eigeninteressen haben und nicht qualifiziert dafür sind, die Auswirkungen auf den Familienbildungsprozess zu beurteilen. Aufgrund der lockeren politischen Steuerung der Reproduktionsmedizin in Deutschland befinden sich die individuellen Ärzte dagegen in einer Autoritätsposition, wie sie die Informationen über den Spender handhaben und wie sie die betroffenen Familien beraten. In der Praxis hat dies zu sehr unterschiedlichen Vorgehensweisen bei der Erfassung und Aufbewahrung der Spenderdaten geführt.6 Die Untätigkeit des Gesetzgebers ist umso verwunderlicher, als dass dem Schutz von Embryonen – also Menschen, die möglicherweise gar nicht auf die Welt kommen – ein Gesetz mit Straf- und Ordnungswidrigkeitsvorschriften gewidmet ist, das Embryonenschutzgesetz. Auch dieses Gesetz wird jedoch nicht durch Regulierung überwacht, sondern es wird nur über die jeweils zuständige Staatsanwaltschaft auf Verstöße reagiert.

Insbesondere wenn man sich die Internetseiten verschiedener Reproduktionsärzte, -kliniken und Samenbanken ansieht, stellt man fest, dass diese völlig unterschiedliche Informationen vermitteln. Viele schreiben überhaupt nichts über die psychosozialen Herausforderungen, die eine Samenspende auf die Familienbildung hat. Andere weisen gar nicht oder nur sehr zurückhaltend auf das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung hin und stellen auch die rechtliche Lage unzutreffend dar. Manche versehen dies sogar mit Hinweisen, dass ihrer Meinung nach ein Verschweigen der Samenspende das Beste für die Familie ist. Angesichts solcher unzutreffender Informationen wäre eine Regulierungsbehörde, die die Tätigkeiten der Kliniken überwacht und die Bereitstellung bestimmter standardisierter Informationen für Spender, Empfänger und Kinder durchsetzen kann, absolut wünschenswert.

Vorbildhaft sind ebenfalls die Informationsmöglichkeiten für alle Beteiligte, insbesondere dass Spender nicht-identifizierende Informationen über die durch sie gezeugten Kinder erhalten können und Spenderkindern eine Kontaktaufnahme zu Halbgeschwistern vermittelt wird.

Andere Aspekte der britischen Gesetzgebung würden wir lieber nur angepasst in Deutschland übernehmen. Wie die britischen Spenderkinder stellt für uns die Eintragung des Spenders in das Geburtenregister entsprechend der Situation bei Adoptierten die beste Lösung dar, weil dann Eltern einen sehr deutlichen Anreiz haben, ihre Kinder über ihre Abstammung aufzuklären. Bei einem zentralen Register muss man ja erst einmal auf die Idee kommen, dass man nicht von den Eltern abstammt, um über eine Anfrage dann Klarheit zu erhalten.

Ein Recht von Spenderkindern auf Erhalt identifizierender Informationen über ihren Spender nur für die Zukunft einzuführen, wäre dagegen aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich in Deutschland. Hier muss davon ausgegangen werden, dass das Recht auf Kenntnis der Abstammung von Spenderkindern gegenüber anderen Interessen überwiegt, insbesondere weil dieses Recht seit den 60er Jahren in Deutschland anerkannt ist und die entsprechenden Beschlüsse und Richtlinien der Ärztekammer seit 19707 darauf hinweisen, dass dem Spender keine Anonymität zugesichert werden kann.

  1. Blyth E (2008) Donor insemination and the dilemma of the unknown father. Bockenheimer-Lucius G, Thorn P, Wendehorst C (Hrsg.), Umwege zum eigenem Kind, Göttingen, S. 157 ff., S. 159. []
  2. Turner A, Coyle A (2000) What does it mean to be a donor offspring? The identity experiences of adults conceived by donor insemination and the implications for counselling and therapy. Human Reproduction 15 (9): 2041-2051, 2045. []
  3. Daniels K (2007) Anonymity and openness and the recruitment of gamete donors. Part 2: Oocyte donors. Human Fertility (4) 10 S. 223–231, S. 229. []
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