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Schadensersatz gegen Reproduktionsmediziner bei nicht mehr möglicher Auskunft

Seit dem Urteil des OLG Hamm von 6. Februar 2013, das erstmals gerichtlich bestätigt hat, dass Spenderkinder ein Recht auf Auskunft über den Samenspender haben, laufen einige Gerichtsverfahren mit der Forderung nach Auskunft gegen Reproduktionsärzte. Leider verfolgen viele Ärzte die Strategie, dass sie behaupten, dass keine Daten mehr vorhanden sind oder dass sie diese nicht mehr den Patienten zuordnen können.  Über einen solchen erfoglosen Prozess hat Anja im November letzten Jahres auf unserer Seite berichtet.

Bisher nicht gerichtlich geklärt war bislang, ob das betroffene Spenderkind bei einer Unmöglichkeit der Auskunft über den Samenspender  Schadensersatzansprüche geltend machen kann. Das Landgericht Essen scheint dies für erfolgsversprechend zu halten: einem unserer Mitglieder wurde am 9. Juli 2015 Prozesskostenhilfe für ein solches Verfahren für eine Forderung bis 10.000 Euro zugesprochen (Az. 1 O 58/15). Voraussetzung für die Gewährung von Prozesskostenhilfe ist, dass die spätere Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

Es handelt sich aber um eine vorläufige Einschätzung und keine verbindliche Entscheidung über die Klage an sich. Auf Grund der Prozesskostenhilfe kann die Klägerin nun ihre Klage weiter verfolgen und nach einer mündlichen Verhandlung zu einer solchen Entscheidung bringen.

Aber wir stimmen Rechtsanwalt Sven Nelke, der das Prozesskostenhilfe-Verfahren geführt hat, zu, wenn er sagt: „Die Entscheidung macht Hoffnung für unzählige, mittels anonymer Samenspende gezeugte Personen, die die Identität ihres biologischen Vaters in Erfahrung bringen wollen oder nicht können, weil die Klinik über keine Unterlagen mehr verfügt!“

Zwar wird auch Schadensersatz keinem Spenderkind das Wissen ersetzen, wer der genetischen Vater ist. Aber eine finanzielle Forderung wird die Ärzte zumindest dazu motivieren, genauer nachzuforschen oder nicht einfach zu behaupten, es seien keine Unterlagen mehr vorhanden. Und für die Fälle, in denen Daten tatsächlich vernichtet wurden, würde Schadensersatz zumindest eine symbolische Genugtuung für die Betroffenen bedeuten, dass der Arzt dies nicht tun durfte und dieses Unrecht somit von der Rechtsordnung anerkannt wird.

Was ist Vererbung, was Umwelt?

Über die Frage, ob ein Mensch eher durch Vererbung oder durch Erziehung geprägt ist, wird seit Jahrzehnten unter dem Schlagwort „nature versus nurture“ (also Natur gegen Umwelt) gestritten.

Spenderkinder, die sich für ihre Abstammung interessieren, wird vor allem von der Seite der Ärzte und Eltern oft gesagt, dass nur die sozialen Eltern wichtig seien. Nur am Rande sei bemerkt, dass dies im Widerspruch dazu steht, dass die Anlagen des Spenders für Ärzte und Eltern aber oft doch sehr wichtig sind und darauf geachtet wird, dass nur Männer mit guten Anlagen als Spender ausgesucht werden. Jedenfalls müssen Spenderkinder oft umfangreich begründen, weswegen wir wissen wollen, wer unsere genetischen Eltern sind. Manchmal wird uns deswegen sogar eine biologistische Sichtweise unterstellt.

Eine gerade veröffentlichte gemeinsame Studie der Universitäten Queensland (Australien) und Amsterdam (Niederlande), für die über 50 Jahre Zwillingsforschung ausgewertet wurde, kommt zu dem Schluss, dass Vererbung mit 49 % und Umwelt mit 51 % ungefähr gleich wichtig sind.

Allerdings variiert die Bedeutung je nach Charakterzügen oder Krankheiten. Für soziale Werte und Einstellungen sind Umweltfaktoren wesentlich wichtiger. Das Risiko für eine bipolare Störung oder Übergewicht hängt dagegen deutlich mehr von genetischen Anlagen ab, während Essstörungen und Alkoholismus eher vom Umfeld abhängen. Es gibt aber kein einziges Merkmal, auf das genetische Anlagen keinen Einfluss haben.

Die Studie bestätigt, dass unser Wunsch nach Kenntnis unserer Abstammung auch einen naturwissenschaftlich begründeten Hintergrund hat und nicht nur dadurch gerechtfertigt ist, dass Abstammung allgemein einen Teil der Identität darstellt.

Unsere Position zur „nature versus nurture“ ist, dass jedes Spenderkind selbst entscheiden sollte, was ihr oder ihm persönlich wichtig (oder wichtiger) ist. Alles andere ist Bevormundung. Eine wirklich informierte Entscheidung kann man überhaupt nur treffen, wenn man den Spender kennt und weiß, wie viel oder wenig die biologische Seite ausmacht.

Die Position des Vereins Spenderkinder zur Embyonenadoption (Embryonenspende)

In letzter Zeit wird zunehmend auch die Durchführung und Zulassung der so genannten Embryonenspende in Deutschland diskutiert, die wir als Embryonenadoption bezeichnen. Das ist Anlass für den Verein Spenderkinder, hierzu Position zu beziehen, denn auch die so gezeugten Kinder sind Spenderkinder. Die folgende Stellungnahme basiert auf einer Online-Befragung unserer Mitglieder, an der etwa ein Drittel teilgenommen hat, und einem Fragenkatalog, den wir für eine Anhörung beim Deutschen Ethikrat beantwortet haben.

Embryonenadoption ist keine Win-win-Situation, sondern eine ethisch und psychosozial herausfordernde Situation

Die Zulassung oder vermehrte Durchführung der Embryonenadoption in Deutschland wird teilweise vehement gefordert und dabei unkritisch als „Win-win-Situation“ beschrieben. Typisch dafür ist folgende Darstellung: „Infertilen Paaren kann hierdurch ihr Kinderwunsch erfüllt werden, die „Eltern“ der überzähligen Embryonen werden aus ihrem moralischen Dilemma befreit, vielleicht lebensfähige, aber von ihnen nicht mehr benötigte Embryonen der Vernichtung anheimzustellen, und – das ist entscheidend – die Embryonen selbst erhalten eine Chance zum Weiterleben.1

Diese Darstellung birgt jedoch die Gefahr, die psychosozialen und ethischen Herausforderungen dieser Art der Familiengründung zu unterschätzen.

1. Was ist Embryonenadoption?

Unter Embryonenadoption verstehen wir die Weitergabe von bei In-vitro-Fertilisationen entstandenen Embryonen, die ursprünglich den Kinderwunsch der genetischen Eltern realisieren sollten, an andere als die genetischen Eltern.2

Den Begriff „Embryonenspende“ für diese Form der Familiengründung lehnen wir ab und finden wegen der Parallelen zur Adoption den Begriff „Embryonenadoption“ passender. Insbesondere stehen hinter den Begriffen „Spende“ und „Adoption“ unterschiedliche Konzepte, wie die Beziehungen zwischen den Beteiligten aussehen werden.3 Die Verwendung des Begriffs „Spende“ spiegelt die Intention der Reproduktionsmedizin wider, die Weitergabe des Embryos – wie bei Samen- und Eizellspenden – lediglich als Möglichkeit der Erzielung einer Schwangerschaft und nicht als eine gesonderte Form der Familiengründung zu viert (d.h. mit zwei genetischen und zwei sozialen Elternteilen) zu sehen.

Außerdem ist der Begriff der „Spende“ mit positiven, sozial anerkannten Assoziationen an eine „gute Tat“, „Großherzigkeit“ etc. verknüpft. Tatsächlich erwächst die Weitergabe überzähliger Embryonen aber aus einem moralischen Dilemma heraus, dessen Handlungsalternativen „Vernichten“ oder „Weitergeben“ beide ethisch bedenklich sind.

Bei der Frage, ob es ethisch geboten ist, die Embryonen durch Weitergabe an andere Paare nicht sterben zu lassen, muss berücksichtigt werden, dass es sich bei dem Großteil der in Deutschland in Reproduktionszentren gelagerten Embryonen nicht um Embryonen im Rechtssinn handelt, bei denen die Zellverschmelzung schon stattgefunden hat, sondern um so genannte Vorkerne, auch bezeichnet als imprägnierte Eizellen oder 2-PN-Zellen. Bei diesen ist das Spermium zwar bereits in die Eizelle gelangt, doch die Kerne von beiden Zellen sind noch nicht miteinander verschmolzen. Das genetische Material der Eltern ist daher noch getrennt, die Befruchtung wird durch das Einfrieren gestoppt. Auf diese Weise können Mediziner viele Eizellen in einem Zyklus befruchten, ohne gegen die im Embryonenschutzgesetz verbotene Vorratshaltung von Embryonen zu verstoßen.4 Da die eigentliche Verschmelzung der Zellen noch nicht stattgefunden hat, ist es nicht ganz fernliegend, dass es sich hierbei noch nicht um menschliches Leben handelt, dass geschützt werden muss. Für andere bedeuten dagegen vielleicht auch Vorkerne schon menschliches Leben, weil die Verschmelzung von Ei- und Samenzelle nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, ohne beide Zellen zu zerstören und die Zellverschmelzung stattgefunden hätte, wenn die Zellen nicht eingefroren worden wären.

Bei einer ausdrücklichen Zulassung würde die Embryonenadoption ein erlaubtes reproduktionsmedizinisches Verfahren darstellen, das auch bei der Unfruchtbarkeit beider Eltern oder der Frau die Einleitung einer Schwangerschaft ermöglicht und das außerdem eine hohe Erfolgsrate bietet und vergleichsweise kostengünstig ist.5

Es ist umstritten, ob die Embryonenadoption derzeit in Deutschland nach dem Embryonenschutzgesetz erlaubt ist.6 Trotz dieser rechtlichen Unklarheit und der fehlenden rechtlichen Regelungen des gesamten Verfahrens vermittelt das so genannte Netzwerk Embryonenspende jedoch bereits Embryonen (Kritik am Netzwerk Embryonenspende).

2. Embryonenadoption und Samenspenden sind nicht gleichzusetzen

Aus Sicht einer deutlichen Mehrheit unserer Mitglieder (78 % der Teilnehmenden an unserer internen Befragung) bestehen deutliche Unterschiede zwischen einer Samenspende und einer Embryonenadoption. Die meisten unserer Mitglieder stellen sich diese Zeugungsart als schwieriger für den auf diese Weise entstandenen Menschen vor und sind daher froh, nicht auf diese Weise entstanden zu sein.

Als bedeutendsten Unterschied zur Samenspende wird gesehen, dass das Kind bei einer Embryonenadoption mit beiden Elternteilen nicht biologisch verwandt ist. Das ist ein gravierender Unterschied zur Familiengründung durch Fremdsamenspende und stellt eine Parallele zur Adoption dar.7

Auch treffen Menschen aus Embryonenadoption, die ihr Recht auf Kenntnis ihrer genetischen Abstammung in Anspruch nehmen, nicht wie durch Samenspende gezeugte Menschen auf einen Spender und mögliche Halbgeschwister, sondern auf eine komplette Parallelfamilie, in der es Vollgeschwister und ein genetisches Elternpaar gibt. Ihnen wird sich die Frage stellen, wie es gewesen wäre, wenn sie bei ihrer leiblichen Familie hätten aufwachsen können, und warum sie in eine andere Familie gegeben wurden.

Als weiteren bedeutenden Unterschied sehen unsere Mitglieder, dass bei der Embryonenadoption nicht nur eine Keimzelle gespendet wird, sondern ein vollständiger Embryo. Ein Embryo wird vielfach bereits als Mensch gesehen.

Es gibt natürlich auch Gemeinsamkeiten zwischen Embryonenadoption und Samenspende: Eine Embryonenadoption ist wie auch die Samenspende ein Verfahren der künstlichen Befruchtung, mit denen ein Kind erzeugt wird, dessen Geburtseltern (teilweise) nicht seine genetischen Eltern sind. Sowohl bei durch Samenspende als auch bei durch Embryonenadoption gezeugten Menschen können negative Gefühle wegen des Aspekts bestehen, abgegeben und von den genetischen Eltern nicht gewollt worden zu sein.8

Sowohl eine Familiengründung durch Samenspende als auch eine durch Embryonenadoption stellt nicht nur die Befriedigung eines Kinderwunsches dar, sondern einen dynamischen und lebenslangen Prozess für alle Beteiligten. Es ist wichtig, die sozialen Eltern darüber aufzuklären, dass ihr auf diese Weise entstehendes Kind im Wissen um seine Entstehungsweise aufwachsen sollte.9 Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es im Laufe seines Lebens Kontakt zu seinen genetischen Elternteilen aufnehmen wollen.10 Dieses Interesse ist auch von Adoptivkindern bekannt und unabhängig von der Beziehung zu den sozialen Eltern.11

3. Besondere Herausforderungen der Embryonenadoption

A Aus Sicht der durch eine Embryonenadoption gezeugten Kinder

Insbesondere aus der Perspektive der durch Embryonenadoption gezeugten Kinder bestehen große Herausforderungen aufgrund dieser Zeugungsart.

aa Fremdheitsgefühle – gehöre ich hier hin?
Bei Menschen, die durch eine Embryonenadoption gezeugt werden, sind genetische und soziale Eltern vollständig verschieden. Das kann zu Fremdheitsgefühlen gegenüber den sozialen Eltern führen12, während durch eine Eizell- oder Samenspende gezeugte Menschen zumindest mit einem genetischen Elternteil aufwachsen und sich an diesem orientieren können.

bb Herausforderung durch gespaltene Mutterschaft
Im Gegensatz zu Samenspende-Kindern werden Embryonenadoption-Kinder von einer anderen als der genetischen Mutter ausgetragen. Während die austragende Mutter dies häufig als positiven Aspekt bewertet, bedeutet es für das Kind den Umstand einer gespaltenen Mutterschaft. Dies möchte das deutsche Embryonenschutzgesetz ausdrücklich verhindern, da vermutet wird, dass dieser Umstand die Identitätsfindung des Kindes erschwert.13 Auch unsere Mitglieder schätzen in unserer internen Umfrage eine gespaltene Mutterschaft als schwieriger ein als die gespaltene Vaterschaft, da zwei Mütter entscheidend zur Entstehung des Menschen beitragen und eine eindeutige Unterscheidung in biologische Mutter und soziale Mutter nicht möglich ist. Dieser Zusammenhang erhöht außerdem den Grad der Künstlichkeit der Entstehungsweise dieser Menschen.

cc Zweite Wahl?
Bei Kindern, die als Embryonen abgegeben werden, besteht als Unterschied zu durch Samenspende gezeugten Menschen der Aspekt, dass es sich bei ihnen um die übrig gebliebenen Embryonen handelt, die nicht für gut genug befunden wurden, um sie der genetischen Mutter zum Austragen einzupflanzen.

dd Verletzung durch Abgabe durch die genetischen Eltern
Bei Menschen, die mit einer Samen- oder Eizellspende gezeugt wurden, wird eine der Keimzellen gespendet, damit daraus Leben entstehen kann. Bei einer Embryonenadoption wird dagegen bereits beginnendes Leben abgegeben. Es ist davon auszugehen, dass die Wahrnehmung eines Embryos als ein individuelles Wesen eher dazu führt, dass Embryonenadoption-Kinder ihre Abgabe weitaus persönlich verletzender erleben, als durch Samenspende gezeugte Kinder die Abgabe der Keimzellen durch den Samenspender.

Dadurch ergeben sich wichtige psychosoziale Parallelen zur Situation adoptierter Menschen:
Viele Adoptierte äußern, dass es wichtig für sie ist, den Grund zu verstehen, weswegen ihre leiblichen Eltern sie abgegeben haben. Es ist fraglich, ob z.B. der Grund, dass die Familienplanung abgeschlossen war, von durch Embryonenadoption gezeugten Menschen als Notwendigkeit für ihre Abgabe akzeptiert wird. Hinzu kommt, dass auch die Erzeugung der Embryonen kein Zufallsgeschehen war, sondern beabsichtigt. Die genetischen Eltern wünschten sich also durchaus ein oder mehrere Kinder und entschieden sich dafür ein Verfahren in Anspruch zu nehmen, das die Entstehung „überzähliger“, von den genetischen Eltern nicht gewünschter Embryonen, in Kauf nimmt. Das Elternpaar hat also von vornherein einkalkuliert, dass mehr Embryonen entstehen als dass sie Kinder austragen und versorgen möchten. Der Embryo, bzw. der daraus erwachsende Mensch erhält dadurch einen Objektstatus. Über ihn wird verfügt. Er wird erzeugt, verwendet, verworfen oder weitergegeben. Das ist per se eine Kränkung für ein Subjekt, ein Angriff auf seine Würde als Mensch.

B Herausforderungen für die genetischen Eltern

Ein Samenspender hat von vornherein die Absicht, seine Keimzellen einem Paar mit Kinderwunsch zu spenden. Bei einer Embryonenadoption wollten die genetischen Eltern zunächst ihren eigenen Kinderwunsch erfüllen. Erklärt das Paar die eigene Familienplanung für abgeschlossen, obwohl noch zuvor erzeugte Embryonen vorhanden sind, ergibt sich für das Paar ein moralisches Dilemma, wenn es die Vernichtung der erzeugten Embryonen oder der bereits imprägnierten Eizellen moralisch ablehnt.

Studien zu den abgebenden Eltern von Embryonenadoptionen ergaben, dass diese die Embryonen in stärkerem Maße als bereits existierendes Leben, einen Teil von sich oder bereits als ihre Kinder ansehen, als dies bei Keimzellspendern der Fall ist.14

Entscheiden sich die abgebenden Eltern für eine Weitergabe, müssen sie sich bewusst sein, dass ein Kind, das genetisch vollständig ihr eigenes ist, bei einer anderen Familie aufwächst. Die vom Netzwerk Embryonenspende betonte Solidarität durch die Weitergabe des Embryos an ein Paar, das sich bisher vergeblich ein Kind wünscht, übersieht diese emotionalen Herausforderungen an die abgebenden Eltern und suggeriert, einen Embryo könne man weitergeben wie ein nicht mehr gebrauchtes Kleidungsstück. Darüber hinaus ist der Fall denkbar, dass das abgebende Paar seinen eigenen Kinderwunsch mit einer In-vitro-Fertilisation nicht erfüllen konnte und Embryonen übrig bleiben, weil die Frau zum Beispiel gesundheitlich nicht mehr in der Lage dazu ist, ein Kind auszutragen. Die Umsetzung des aus Kindersicht wünschenswerten Kontakts im Sinne einer offenen Adoption kann dann eine ganz besonders große Herausforderung sein.

C Unterschied der Embryonenadoption zur Samenspende aus Sicht der Empfängereltern

Die sozialen Eltern eines durch Embryonenadoption erzeugten Kindes haben – wie bei einer Adoption – eine symmetrische Beziehung zum Kind, weil sie beide nicht mit dem Kind genetisch verwandt sind. Bei einer Keimzellspende ist die Beziehung dagegen asymmetrisch, da ein sozialer Elternteil gleichzeitig auch genetischer Elternteil ist. Diese ungleiche Ausgangsposition kann Spannungen zwischen den Eltern begünstigen.15

Aus Adoptivfamilien ist bekannt, dass es den sozialen Eltern häufig schwer fällt, auch den genetischen Eltern von Adoptivkindern einen wertschätzenden, würdigen Platz zu geben ohne sich zu ihnen in Konkurrenz zu fühlen. Dies ist jedoch wichtig, damit das Kind in keinen Loyalitätskonflikt zwischen den beiden Elternpaaren gerät, sondern alle Beteiligten nebeneinander anerkennen kann.16 Bei der Familiengründung durch Samenspende wird der genetische Vater des Kindes von den sozialen Eltern ebenfalls häufig als potenter Konkurrent des sozialen Vaters wahrgenommen,17 was immer noch viele Eltern davon abhält, ihre Kinder über ihre Entstehungsweise aufzuklären.

Bei der bei einer Embryonenadoption vorhandenen kompletten Parallelfamilie mit genetischem Elternpaar und leiblichen Vollgeschwistern ist zu vermuten, dass bei den empfangenden Eltern in noch stärkerem Maße Konkurrenzgefühle entstehen können. So äußern soziale Eltern in Embryonenadoptions-Familien in Studien die Befürchtung, dass eine Aufklärung der Kinder die bisherigen sozialen innerfamiliären Beziehungen zerstören könne.18 Entsprechend haben Studien ergeben, dass die Aufklärungsbereitschaft der sozialen Eltern in Embryonenadoptions-Familien noch geringer als bei Samenspenden ausfällt19, die Aufklärungsbereitschaft sich jedoch erhöht, je mehr Informationen über die abgebenden Eltern erhältlich sind.20
4. Embryonenadoptionen sollten – wenn überhaupt – nur unter strengen Voraussetzungen zugelassen werden

Wegen diesen erheblichen Herausforderungen an die so gezeugten Kinder, aber auch an die abgebenden und empfangenden Eltern, sehen wir eine mögliche Zulassung der Embryonenadoption sehr kritisch.

Diese Haltung beruht insbesondere auch auf den eigenen Erfahrungen der Mitglieder unseres Vereins: Durch eine Samenspende gezeugte Menschen sehen sich einer schwierigeren Familiensituation ausgesetzt als Menschen, die bei ihren genetischen Eltern aufwachsen. Die Familiengründung mit Hilfe eines Dritten wird von den Eltern oft ausgeblendet oder unterschätzt. Viele Spenderkinder werden nicht über ihre Zeugungsart aufgeklärt und erfahren diese, wenn überhaupt, nur zufällig oder in ungünstigen Situationen, wie einem Familienstreit oder erst im Erwachsenenalter. Möchten sie mehr über ihre genetische Abstammung erfahren, treffen sie oft auf Unverständnis oder negative Emotionen ihrer Eltern sowie auf Reproduktionsmediziner, die die Daten der Spender – rechtswidrig – nur unzureichend dokumentiert haben. Hinzu kommt, dass von ihnen Verständnis für die Situation ihrer Eltern erwartet wird und sie teilweise auch das Gefühl haben, diese schonen zu müssen und ihnen nicht die Belastung aufbürden zu können, dass sie sich für ihre Abstammung interessieren.21

Wir vermuten, dass die Situation für durch Embryonenadoption gezeugte Menschen noch schwieriger ist. Wegen dieser Herausforderungen an die Identitätsfindung spricht sich eine knappe Mehrheit unserer Mitglieder (46 %) grundsätzlich gegen die Zulassung der Embryonenadoption in Deutschland aus. Die andere große Gruppe (36 %) tendiert ebenfalls eher zu einem Verbot, kann sich aber eine Zulassung unter strengen Bedingungen vorstellen.

Dazu gehören:

A Frühe Aufklärung der Kinder und Auseinandersetzung der Eltern mit fortbestehender Unfruchtbarkeit

Studien zu Embryonenadoptions-Familien haben noch geringere Aufklärungsquoten als bei Familien erkennen lassen, die mit Hilfe einer Samenspende entstanden sind.22 Die so gezeugten Menschen werden sehr häufig möglicherweise nur durch Zufall, auf jeden Fall aber zu spät von ihrer Zeugungsart erfahren. Dieses Verhalten zeigt, dass die Eltern sich wenig mit ihrer Unfruchtbarkeit und den Herausforderungen einer Familiengründung zu viert auseinandergesetzt haben und ihren Kindern auch nicht selbstbewusst als „nur“ soziale Eltern gegenüber auftreten können.

Das bestätigt die Ansicht unseres Vereins, dass es nicht der richtige Weg ist, Familiengründungen mit Hilfe von Dritten (oder wie bei der Embryonenadoption mit Hilfe eines anderen Paares) alleine der Reproduktionsmedizin zu überlassen. Diese behandelt solche Methoden der Familiengründung vornehmlich wie ein medizinisches Problem, das durch eine Schwangerschaft gelöst wird, und nicht als einen dynamischen, unbegrenzten und lebenslangen Prozess für alle Beteiligten. Hinzu kommt außerdem das finanzielle Interesse der Reproduktionsmedizin, die entsprechenden Behandlungen und Untersuchungen vornehmen zu können. Daher bedarf es deutlicher rechtlicher Regeln, die diese Formen der Familiengründung größtenteils der Entscheidungsfreiheit der Reproduktionsmedizin entziehen.

Der Verein Spenderkinder fordert daher, dass Eltern, die ihr Kind mit Hilfe einer Eizell-, Samenspende oder durch Embryonenadoption bekommen, zur Aufklärung ihrer Kinder verpflichtet werden. Wie andere Verpflichtungen auch, die in das familiäre Umfeld eingreifen (zum Beispiel das Recht auf gewaltfreie Erziehung), wird die Durchsetzung dieses Rechts schwierig sein. Trotzdem würde die ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung eine Leitwirkung auf die Eltern ausüben. Die rechtliche Verpflichtung sollte außerdem durch weitere Maßnahmen wie die Eintragung der genetischen Eltern im Geburtenregister und einer eingehenden psychosozialen Beratung flankiert werden.

B Parallelen zur Adoption erfordern intensive psychosoziale Beratung vor und nach der Geburt

Familiengründung mit Hilfe von Dritten – insbesondere aber die Embryonenadoption mit ihren sehr deutlichen Parallelen zur Adoption – sollten von einer intensiven psychosozialen Beratung sowohl vor als auch nach der Geburt des Kindes begleitet werden. Im internationalen Vergleich ist dies in Neuseeland der Fall.23 Konkret informiert werden sollte über die Notwendigkeit der Aufklärung des Kindes über seine Entstehungsweise sowie die zukünftige Situation, dass das Kind interessiert an einem Kontakt zu den genetischen Eltern sein kann und ein Recht hat, zu erfahren, wer diese sind. Außerdem sollte in Beratungsgesprächen auf mögliche Spannungen aufgrund der mangelnden Verwandtschaft zu dem Kind und die notwendige Auseinandersetzung mit der eigenen Unfruchtbarkeit eingegangen werden.

Idealerweise sollte das Kind im Wissen um seine Entstehung aufwachsen um eine kontinuierliche Identitätsentwicklung zu ermöglichen.24 Das bedeutet, Fragen des Kindes zu seiner Entstehung von Anfang an altersgemäß aber ehrlich zu beantworten. Erste Fragen dazu treten in der Regel im Kindergartenalter auf. Eine Geheimhaltung der Entstehungsweise kann auf die Dauer nicht nur eine Belastung für die Eltern darstellen, sondern bedeutet auch eine Bevormundung des entstandenen Menschen, die Werte wie Aufrichtigkeit und Gleichwertigkeit der Familienmitglieder untergräbt.

Adoptionsbewerber werden intensiv auf die Herausforderungen einer Adoption vorbereitet und auch nach der Adoption weiterhin betreut. Dies findet bei Eltern, die ihre Kinder mit einer Eizell-, Samenspende oder durch Embryonenadoption bekommen, nicht statt. Wir erwarten daher, dass eine verbesserte psychosoziale Beratung auch zu einer verbesserten Aufklärungsquote führen wird. In Großbritannien sind Reproduktionsärzte und -kliniken außerdem verpflichtet, Wunscheltern darauf hinzuweisen, dass sie ihre Kinder über ihre Entstehungsart aufklären sollten.

C Offenes Verfahren der Weitergabe

In Neuseeland kann eine Embryonenadoption nur in einem offenen Verfahren durchgeführt werden, bei dem die abgebenden und die empfangenden Eltern Kontakt zu einander aufnehmen.25 Ein ähnliches Verfahren sieht das christlich geprägte Snowflake Programm in den USA vor.26 Das deutsche Netzwerk Embryonenspende praktiziert mit einer Anonymität von abgebenden und empfangenden Eltern das Gegenteil.

Ein offenes Verfahren vermittelt sowohl abgebenden als auch empfangenden Eltern sichtbarer und spürbarer die Herausforderungen dieser Art der Familiengründung.

Für die abgebenden Eltern kann die Offenheit die Abgabe sowohl erschweren als auch erleichtern. Sehen die abgebenden Eltern die Weitergabe der Embryonen vor allem als Spende und Akt der Solidarität (so die Darstellung des Netzwerks Embryonenspende), zwingt die bewusste Auseinandersetzung mit den Empfängereltern sie dazu, sich damit auseinanderzusetzen, dass ein von ihnen gezeugtes Kind tatsächlich entstehen kann und bei anderen Eltern aufwachsen wird. Gleichzeitig kann für die abgebenden Eltern aber die Möglichkeit, Wünsche über die Empfänger zu äußern oder sie auszuwählen, auch die Entscheidung erleichtern, die Embryonen abzugeben, da sie die Embryonen bereits als ihre Kinder wahrnehmen und Einfluss darauf haben möchten, in welchem Umfeld sie aufwachsen.27

Für das durch Embryonenadoption entstandene Kind kann die Möglichkeit der abgebenden Eltern, Wünsche über das Empfängerpaar zu äußern, das Bewusstsein vermitteln, dass seine genetischen Eltern sich um sein Wohlergehen sorgten und daran interessiert waren, dass es ihm gut geht. Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass die Zuordnung zu den sozialen Eltern für das Kind auch bei einem Mitspracherecht der abgebenden Eltern eine willkürliche Entscheidung bedeutet. Es bleibt immer die Frage im Raum, wie ein Aufwachsen bei den genetischen Eltern und leiblichen Geschwistern gewesen wäre.

D Notwendige langfristige Dokumentation beider genetischen Elternteile und Auskunftsrecht

Für durch Embryonenadoption gezeugte Menschen ist die Kenntnis und Dokumentation der genetischen Eltern möglicherweise noch wichtiger als für durch Samen- oder Eizellspende gezeugte Menschen, weil bei ihnen soziale und genetische Elternschaft vollständig voneinander getrennt sind.

Aus den Erfahrungen von durch Samenspende gezeugten Menschen mit der problematischen Dokumentationspraxis der Reproduktionsärzte empfehlen wir außerdem, dass es bei der Embryonenadoption, wenn sie überhaupt zugelassen werden sollte, deutliche Regeln zur langfristigen und auch unabhängigen Dokumentation beider Elternteile geben muss. Die problematische Dokumentationspraxis der Reproduktionsärzte wird derzeit fortgesetzt: So hat das Netzwerk Embryonenspende zumindest in der Vergangenheit vertreten, nur über den leiblichen Vater Auskunft geben zu müssen, weil Mutter nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch nur die Frau sei, die das Kind geboren habe.28

Wie bei Adoptionen sollte die Identität der genetischen Eltern im Geburtenregister festgehalten werden. Dies würde auch die Bereitschaft der Eltern erhöhen, ihre durch Embryonenadoption gezeugten Kinder über ihre Entstehungsart aufzuklären. Einen Auszug aus dem Geburtenregister fordern fast alle Standesämter für die Anmeldung einer Eheschließung .29 Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass das Kind die Tatsache der Entstehung durch eine Embryonenadoption an einem bestimmten Zeitpunkt seines Lebens erfährt. Diese Tatsache – zusammen mit der intensiven Adoptionsbetreuung – führt dazu, dass bei Adoptierten etwa 90 % der Kinder über ihre Abstammung aufgeklärt werden. Alternativ wäre ein nationales Register denkbar, bei dem die Personalien der Spender festgehalten werden und an das sich Betroffene mit ihrem Auskunftsanspruch wenden können. Dieses Register hat jedoch den Nachteil, dass es – anders als die Eintragung im Geburtenregister – keinen Anreiz für die Eltern darstellt, die Kinder über ihre Abstammung aufzuklären.

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28. Januar 2015 ist das Recht auf Kenntnis der Abstammung nicht von einem bestimmten Alter abhängig. Entsprechend sollten Menschen aus Embryonenadoption ebenfalls von Anfang an Auskunft über die Identität ihrer genetischen Eltern erhalten können. Es wäre wünschenswert, dass wie bei Adoptierten der Kontakt von den Adoptionsvermittlungsstellen begleitet werden kann.

E Verhinderung direkter oder indirekter Kommerzialisierung zur Wahrung der Menschenwürde

Obwohl Reproduktionsmediziner bei allen Formen der Familiengründung zu dritt oder viert ausschließlich das Wort „Spende“ benutzen, wird oft eine Aufwandsentschädigung gezahlt, die einer Kommerzialisierung entspricht. So geben zumindest einige frühere Samenspender an, dass sie vor allem auf Grund des finanziellen Anreizes gespendet haben.

Dies stellt für die so gezeugten Menschen eine Kränkung und weitere Ablehnung dar und beeinträchtigt ihre Würde als Mensch. Dies gilt in noch stärkerer Form für die Embryonenadoption, wo nicht „nur“ eine Keimzelle gespendet wird, sondern ein Embryo weitergegeben wird. Eine Kommerzialisierung der Embryonenadoption sollte daher unbedingt verhindert werden. Diese versteckt sich teilweise nicht nur in einer direkten Aufwandsentschädigung. So erhalten Frauen in Großbritannien teilweise In-vitro-Fertilisationen zu reduziertem Behandlungsgebühren, wenn sie sich bereit erklären, überzählige Eizellen zu spenden. Bei der Embryonenadoption sollten die empfangenden Eltern daher höchstens die Kosten für erforderliche Untersuchungen bei den abgebenden Eltern übernehmen, nicht jedoch die Cryokonservierung oder den Aufwand der Hormonstimulation für die ursprüngliche In-vitro-Fertilisation, bei der die Embryonen entstanden sind.

F Bereits zugelassene Verfahren sollten zunächst so geregelt werden, dass die Rechte der hierdurch gezeugten Menschen geschützt werden

Vor der Überlegung, ob weitere Formen von künstlicher Befruchtung zugelassen werden, durch die Spenderkinder erzeugt werden, sollte beachtet werden, dass die rechtliche Situation in Deutschland in den 45 Jahren, in denen Samenspenden in Deutschland erlaubt sind, noch immer nicht zufriedenstellend geregelt ist (siehe die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen Das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung vom 18.05.2015). Bevor weitere Verfahren der Reproduktionsmedizin zugelassen werden, sollten zunächst die bereits legalisierten rechtlich so geregelt werden, dass die Rechte der dadurch entstehenden Menschen geschützt und realisierbar werden können.

Bis dies soweit ist, sollte die Einhaltung des Embryonenschutzgesetzes durch Ordnungs- und Strafverfolgungsbehörden sichergestellt werden, damit Reproduktionsmediziner wie das Netzwerk Embryonenspende nicht weiterhin vollendete Tatsachen schaffen und dabei die in der Vergangenheit bei Samenspenden gemachten Fehler wiederholen.

  1. So Martin Löhning, Zivilrechtliche Aspekte der Samenspende de lege ferenda, Zeitschrift für Rechtspolitik 2015, 76, S. 77, dessen Artikel sich auch im Übrigen nicht durch Verständnis für die psychosozialen Herausforderungen von Familiengründungen durch Reproduktionsmedizin auszeichnet. []
  2. Teilweise wird der Begriff „Embryonenspende“, den wir Embryonenadoption nennen, jedoch auch für die Kombination von einer Eizellspende mit einer Samenspende verwendet. Im Unterschied zur ersten Variante wird hierbei der Embryo gezielt für die nicht-genetischen Eltern erzeugt. Diese Variante wird im Folgenden nicht gemeint. []
  3. vgl. Blyth, E., Frith, L., Paul, M. S. & Berger, R. (2011). Embryo Relinquishment for Family Building: How should it be conceptualised? International Journal of Law, Policy and the Family, 25 (2), 260–285, S.260. []
  4. Siehe auch Lea Wolz, Embryo zur Adoption freizugeben, Stern Online, 24.06.2015. []
  5. Keenan, J. A., Gissler, M. & Finger, R. (2012). Assisted reproduction using donated embryos: outcomes from surveillance systems in six countries. Human Reproduction, 27 (3), 747–752, S. 747. []
  6. Kern des rechtlichen Streits ist, ob die Weiterkultivierung eines Vorkerns mit der Absicht der Übertragung auf eine andere Frau eine nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Embryonenschutzgesetz verbotene „Befruchtung“ zur Übertragung an eine andere Frau darstellt. Den Verbotstatbestand als erfüllt sehen Taupitz J., Hermes B., Eizellspende verboten – Embryonenspende erlaubt? Neue Juristische Wochenschrift 2015, 1802-1807, S. 1807; sowie Börgers, N. & Frister, H. (2010). Rechtliche Probleme im Zusammenhang mit der Kryokonservierung von Keimzellen; für die Legalität des Verfahrens spricht sich Monika Frommel, die zum Netzwerk gehört, in einem für das Netzwerk erstellten Rechtsgutachten aus. []
  7. Börgers, N. & Frister, H. (2010). Rechtliche Probleme im Zusammenhang mit der Kryokonservierung von Keimzellen. []
  8. vgl. z.B. Textor, M. R. (1988). Offene Adoption von Säuglingen. Unsere Jugend, 40, 530-536; Haar, R. (2010). Eltern unter Druck: Beratung von hilflosen und überforderten Eltern. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht. []
  9. z.B. Blyth, E., Langridge, D. & Harris, R. (2010). Family building in donor conception: parents’ experiences of sharing information. Journal of Reproductive and Infant Psychology, 2 (28), 116-127, S. 124f.; Rumball, A. & Adair, V. (1999). Telling the story: parents’ scripts for donor offspring. Human Reproduction, 5 (14), 1392-1399, S. 1397. []
  10. Beeson, D., Jennigs, P. & Kramer, W. (2011). Offspring searching for their sperm donors: how family type shapes the process. Human Reproduction, 9 (26), 2415–2424, S. 2419; Hertz, R., Nelson, M. & Kramer, W. (2013). Donor conceived offspring conceive of the donor: The relevance of age, awareness, and family form. Social Science & Medicine, 86, 52-65, S.56; Scheib, J., Riordan M. & Rubin S. (2005). Adolescents with open-identity sperm donors: reports from 12–17 year olds. Human Reproduction, 20, 239-252, S. 248; Blake, L., Casey, P., Jadva, V. & Golombok, S. (2014). ‘I Was Quite Amazed’: Donor Conception and Parent–Child Relationships from the Child’s Perspective. Children & Society, 28, 425-437. []
  11. Oelsner, W. & Lehmkuhl, G. (2008). Adoption: Sehnsüchte – Konflikte – Lösungen. Düsseldorf: Patmos. []
  12. Carroll, H.: Donor IVF baby who says ‚I wish I’d never been born‘ – Daily Mail 25.06.2014. []
  13. Siehe Gesetzesbegründung zum Embryonenschutzgesetz, Bundestag-Drucksache 11/5460, 1989, S. 7. []
  14. Paul, M.S., Berger, R., Blyth, E. & Frith, L., (2010). Relinquishing Frozen Embryos for Conception by Infertile Couples. Families, Systems & Health, 28 (3), 258-273, S. 264, 267; Blyth, E., Frith, L., Paul, M. S. & Berger, R. (2011). Embryo Relinquishment for Family Building: How should it be conceptualised? International Journal of Law, Policy and the Family, 25 (2), 260–285, S. 277; de Lacey, S. (2005). Parent identity and ‘virtual’ children: why patients discard rather than donate unused embryos. Human Reproduction, 20 (6), 1661–1669, S. 1661. []
  15. Scheib, J., Riordan, M., Rubin, S. (2003). Choosing identity-release sperm donors: the parents’ perspective 13-18 years later. Human Reproduction, 5 (18), 1115-1127, S. 1118; Owen, L. & Golombok, S. (2009). Families created by assisted reproduction: Parent-child relationships in late adolescence. Journal of Adolescence 32, 835-848, S. 846. []
  16. Oelsner, W. & Lehmkuhl, G. (2008). Adoption: Sehnsüchte – Konflikte – Lösungen. Düsseldorf: Patmos. []
  17. Kirkman, M. (2004). Genetic Connection And Relationships in Narratives Of Donor-Assisted Conception. Australian Journal of Emerging Technologies and Society 1 (2), 1-21, S. 12; Lalos, A., Gottlieb, C. & Lalos, O. (2007). Legislated right for donor-insemination children to know their genetic origin: a study of parental thinking. Human Reproduction 6 (22), 1759–1768, S. 1766. []
  18. MacCallum, F. & Golombok, S. (2007). Embryo donation families: mothers‘ decisions regarding disclosure of donor conception. Human Reproduction, 22 (11), 2888-2895, S. 2888 []
  19. MacCallum, F. & Keeley, S. (2008). Embryo Donation Families: A Follow-Up in Middle Childhood. Journal of Family Psychology, 22 (6), S. 799–808, S. 805; MacCallum, D. (2009). Embryo donation parents‘ attitudes towards donors: comparison with adoption. Human Reproduction, 24 (3), 517-523, S. 517. []
  20. MacCallum, D. (2009). Embryo donation parents‘ attitudes towards donors: comparison with adoption. Human Reproduction, 24 (3), 517-523, S. 517. []
  21. Jadva, V., Freeman, T., Kramer, W. & Golombok, S. (2010) Experiences of offspring searching for and contacting their donor siblings and donor. Reproductive BioMedicine Online 20, 523–532, S. 531; Beeson, D., Jennigs, P. & Kramer, W. (2011). Offspring searching for their sperm donors: how family type shapes the process. Human Reproduction, 9 (26), 2415–2424, S. 2420. []
  22. MacCallum, F. & Keeley, S. (2008). Embryo Donation Families: A Follow-Up in Middle Childhood. Journal of Family Psychology, 22 (6), S. 799–808, S. 805. []
  23. Goedeke, S. & Payne, D. (2010). A qualitative study of New Zealand fertility counsellors’ roles and practices regarding embryo donation. Human Reproduction, 25 (11), 2821–2828. []
  24. Blyth, E., Langridge, D. & Harris, R. (2010). Family building in donor conception: parents’ experiences of sharing information. Journal of Reproductive and Infant Psychology, 2 (28), 116-127, S. 124f. []
  25. siehe zu Neuseeland Goedeke, S. & Payne, D. (2010). A qualitative study of New Zealand fertility counsellors’ roles and practices regarding embryo donation. Human Reproduction, 25 (11), 2821–2828. []
  26. Collard, C. & Kashmeri, S. (2011). Embryo adoption: Emergent forms of siblingship among Snowflakes families. American Ethnologist, 38 (2), 307–322. []
  27. de Lacey, S. (2005). Parent identity and ‘virtual’ children: why patients discard rather than donate unused embryos. Human Reproduction, 20 (6), 1661–1669, S. 1668. []
  28. Das ist rechtlich allerdings unbeachtlich, denn das Bürgerliche Gesetzbuch kann als einfaches Gesetz nicht Verfassungsrecht modifizieren, aus dem das Recht auf Kenntnis der Abstammung basiert. Inzwischen (Stand 1. Juli 2015) wurden jegliche Informationen zum Recht des durch Embryonenadoption gezeugten Kindes von der Internetseite des Netzwerks Embryonenspende genommen. []
  29. Obwohl § 12 Absatz 2 Personenstandsgesetz den Auszug aus dem Geburtenregister nicht als beizubringenden Urkunden aufzählt, fordern die meisten Standesämter diesen, um das Bestehen von Ehehindernissen wirksam überprüfen zu können. Siehe zum Beispiel das Standesamt Berlin Lichtenberg. []

Viktoria und Simon am Freitagabend 3. Juli zu Gast beim Kölner Treff

Spenderkinder-Mitglieder Viktoria und Simon waren am Freitag, 3. Juli beim Kölner Treff im WDR-Fernsehen zu Gast und erzählten dort von ihrer Suche nach ihren genetischen Wurzeln. Leider zeigt sich die Klinik ihrer Eltern aus Essen auch nach den Gerichtsurteilen des Oberlandesgerichts Hamm und des Bundesgerichtshofs sehr uneinsichtig. Ab 1:11 sind die beiden zu sehen.

Ein wichtiger Hinweis zur Richtigstellung der rechtlichen Situation: Das Gerichtsurteil in Hamm hat kein neues Gesetz geschaffen, sondern bereits vorher geltendes Recht bestätigt. Das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung ist herrschende juristische Meinung in Deutschland seit den 60er Jahren. Samenspende ist seit 1970 erlaubt. Anonyme Samenspenden hatten in Deutschland also nie eine rechtliche Grundlage. Mehr dazu auf unserer Homepage unter die rechtliche Situation.

Eine Wiederholung wird am Sonntag, 5. Juli 2015 von 09.30 – 10.55 Uhr gesendet.

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Grünen zu Samenspenden

Die Bundesregierung hat mittlerweile auf die kleine Anfrage der Grünen zum Auskunftsrecht von durch Samenspende gezeugten Menschen geantwortet.

In der Antwort lässt die Bundesregierung erkennen, dass sie nur wenig Erkenntnisse zur Samenspende in Deutschland hat. Sie weiß zum Beispiel nicht, wie viele Menschen mithilfe dieser Methode gezeugt werden oder welche Samenbanken in Deutschland tätig sind. Darüber hinaus verdeutlichen die Aussagen der Bundesregierung, dass klare Regeln fehlen, wie das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung geltend gemacht werden kann und welche Rechte und Pflichten Kinder, Eltern, Spender, Samenbanken oder behandelnde Ärzte und Ärztinnen haben. Zu den Fragen, wie diese Rechte und Pflichten geregelt werden könnte, wird nur die Antwort gegeben, dass der Meinungsbildungsprozess noch nicht abgeschlossen ist.

Wir hoffen,  dass die kleine Anfrage zumindest in dieser Hinsicht einen Denkanstoß gegeben hat, indem sie sichtbar gemacht hat, auf wie viele Antworten die Bundesregierung noch keine (befriedigende) Antwort hat und dass der Meinungsbildungsprozess hierdurch etwas beschleunigt wird.

 

 

Vorschlag des Vereins Spenderkinder für ein Auskunftsverfahren

Seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28. Januar 2015 und dem Urteil des OLG Hamm vom 6. Februar 2013 haben auch die meisten Reproduktionsärzte und -kliniken eingesehen, dass Spenderkindern ein Recht auf Auskunft über ihren biologischen Vater zusteht. Da Samenspenden in Deutschland kaum rechtlich geregelt sind, gibt es auch keine Regelungen für das Auskunftsverfahren. Wie die Kliniken und Ärzte momentan vorgehen, ist sehr unterschiedlich.

Zum Glück scheinen die wenigsten Kliniken und Ärzte die Ideen einiger Mitglieder des Arbeitskreises Donogene Insemination zu befolgen. Diese haben in einem Aufsatz aus dem Jahr 2012 zahlreiche Voraussetzungen aufgestellt, die eher dazu geeignet scheinen, den Auskunftsanspruch der Spenderkinder zu vereiteln und die teilweise durch das Urteil des OLG Hamm auch nicht gefordert werden dürfen.1

Wir Spenderkinder haben deswegen überlegt, wie das Auskunftsverfahren ablaufen sollte, das unter Berücksichtigung des verfassungsmäßigen Schutzes des Rechts auf Kenntnis der Abstammung sowohl die Persönlichkeitsrechte des Spenders als auch die des Spenderkindes respektiert. Dabei haben wir uns vor allem an den Regelungen in der Schweiz orientiert.2

Das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung bedeutet, dass das Spenderkind in jedem Fall einen Anspruch auf die Herausgabe identifizierender Informationen des Spenders hat und dafür weder der Zustimmung der biologischen Eltern, noch der des Spenders bedarf oder besondere Beweggründe anführen muss. Wir halten eine Unterteilung des Auskunftsverfahrens in zwei Schritte wie in der Schweiz für sinnvoll, damit auf diese Art – anders als bei einer bloßen Datenherausgabe – ein vermittelter Kontakt zwischen Spenderkind und Spender hergestellt wird. In dem ersten Schritt wird der Spender über das Interesse des Kindes informiert und kann entscheiden, ob er sich aktiv beteiligen möchte, zum Beispiel indem er direkt einem Treffen oder einer Kontaktaufnahme zustimmt. Meldet er sich nicht oder reagiert er ablehnend, wird das Kind auch darüber informiert. Ist das Kind weiterhin an identifizierenden Informationen interessiert, werden ihm diese mitgeteilt.

Der BGH hat mit Urteil vom 28. Januar 2015 entschieden, dass für die Inanspruchnahme des Rechts auf Kenntnis der eigenen Abstammung kein Mindestalter gilt. Minderjährige Spenderkinder können in dem Verfahren aber durch ihre Eltern vertreten werden, wenn diese die Informationen zur Aufklärung des Kindes benötigen oder wenn das Kind noch zu jung ist, um selbst Auskunft zu fordern. Das folgende Verfahren sollte in diesem Fall bei der Erwähnung von „Spenderkindern“ mit dem Zusatz „vertreten durch ihre Eltern“ gelesen werden.

1. Anmeldung des Auskunftswunsches

Das Spenderkind bittet die Reproduktionsklinik um Auskunft über seinen biologischen Vater und legitimiert sich mit Kopien des Ausweises und der Geburtsurkunde. Das Spenderkind muss keinen besonderen Beweggrund für den Wunsch nach Kenntnis der biologischen Abstammung geben. Genauso wenig ist eine Einwilligung der rechtlichen Eltern erforderlich, da ihre Persönlichkeitsrechte von dem Auskunftsverlangen nicht betroffen sind.3 Eine Einwilligung ist auch bei minderjährigen und nicht voll geschäftsfähigen Spenderkindern nicht erforderlich, da es sich bei dem Anspruch auf Auskunft über die genetische Abstammung um ein rechtlich lediglich vorteilhaftes Geschäft handelt, für das die Einwilligung der gesetzlichen Vertreter nicht erforderlich ist. Die Kosten des Auskunftsverfahrens trägt grundsätzlich die Klinik als Auskunftsverpflichtete (so auch OLG Hamm, Urteil vom 6. Februar 2014, I-14 U 7/12, Rn. 72).

2. Sachprüfung durch Reproduktionsklinik

Die Reproduktionsklinik prüft nach, ob die Mutter des Spenderkindes vor dessen Geburt eine Samenspende erhalten hat und ob eine Adresse ermittelt werden kann, unter der der Spender kontaktiert werden kann, um ihn entsprechend Nummer 4 um Zustimmung zu bitten. Fehlen Unterlagen, wird das Spenderkind um Nachreichung gebeten. Ein Abstammungsgutachten zwischen Spender und Spenderkind ist zur Bekanntgabe der Daten nicht erforderlich, weil es grundsätzlich die Entscheidung von Spenderkind und Spender ist, ob sie ein solches Gutachten einholen möchten. Für das Auskunftsverfahren reicht es aus, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für ein Verwandtschaftsverhältnis auf Grund der Insemination der Mutter besteht.

3. Rückmeldung an Spenderkind

Kann die Reproduktionsklinik eine Adresse des Spenders ermitteln, gibt sie eine erste Rückmeldung an das Spenderkind und erklärt das weitere Verfahren, insbesondere dass das Spenderkind begleitend zu dem Informationsschreiben der Reproduktionsklinik entsprechend Nummer 4 eine Nachricht an den Spender übermitteln kann. Die Reproduktionsklinik informiert das Spenderkind außerdem, dass eine psychosoziale Begleitung bei der Kontaktaufnahme zu dem Samenspender hilfreich sein kann und vermittelt auf Wunsch geeignete Angebote.

Kann keine Adresse des Spenders ermittelt werden, gibt die Reproduktionsklinik die identifizierenden Daten des Spenders sowie die letzte bekannte Adresse an das Spenderkind heraus, begleitet von einer Information über die zu achtenden Persönlichkeitsrechte des Spenders.

Die Reproduktionsklinik gibt außerdem weitere vorhandene Informationen über den Spender heraus wie zum Beispiel den Spenderfragebogen sowie Informationen, die der Spender zur Weitergabe an die Spenderkinder hinterlegt hat, und die Spendernummer.

4. Information des Spenders durch Reproduktionsklinik über Auskunftsverlangen

Die Klinik informiert den Samenspender mit einem Schreiben, in dem die Kontaktaufnahme des Spenderkindes grundsätzlich positiv dargestellt wird, und bittet um Zustimmung zu einer Kontaktaufnahme oder zu einem Treffen. Das Spenderkind hat die Möglichkeit, als Anlage zu dem Schreiben eine persönliche Nachricht an den Spender zu übermitteln. Der Inhalt dieser persönlichen Nachricht wird nicht von der Klinik zur Kenntnis genommen. Die Reproduktionsklinik informiert den Samenspender außerdem, dass eine psychosoziale Begleitung bei der Kontaktaufnahme zu dem Spenderkind hilfreich sein kann und vermittelt auf Wunsch geeignete Angebote.

5 a Einwilligung des Samenspenders zu Kontaktaufnahme

Willigt der Samenspender in die Kontaktaufnahme ein, übermittelt die Reproduktionsklinik die Kontaktdaten des Spenders an das Spenderkind. Ist auch die Bereitschaft zu einem Treffen vorhanden, ist das Spenderkind darüber zu informieren, ob der Spender eine psychosoziale Vorbereitung oder Begleitung des Treffens wünscht. Die Klinik kann unverbindlich anbieten, das Treffen selbst zu begleiten oder ein Treffen in ihren Räumlichkeiten stattfinden zu lassen.

5 b Keine Einwilligung des Samenspenders zu Kontaktaufnahme

Erklärt der Samenspender sich nicht bereit zu einem Treffen oder einer Kontaktaufnahme oder meldet er sich nicht innerhalb eines Monats zurück, wird das Spenderkind entsprechend informiert. Gleichzeitig wird es darüber informiert, dass es trotzdem Anspruch auf Bekanntgabe der Personalien des Spenders hat, ein Kontakt aber nicht erzwungen werden kann und die Persönlichkeitsrechte des Spenders geachtet werden müssen. Fordert das Spenderkind trotzdem die Bekanntgabe der identifizierenden Daten des Spenders, gibt die Klinik hierüber Auskunft und informiert den Spender entsprechend. Das ist wichtig, da bereits allein die Kenntnis des Namens und aller weiteren verfügbaren Informationen für viele Spenderkinder eine große Bedeutung besitzt. Die Bereitschaft zu einem persönlichen Kontakt wird von vielen Spenderkindern gewünscht, kann jedoch selbstverständlich nicht erzwungen werden.

  1. S Wehrstedt, P Thorn, K Werdehausen, T Katzorke (2012) Vorschläge zur Vorgehensweise bei Auskunftsersuchen nach donogener Zeugung. Journal für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie 9 (3), S. 225-231. Gefordert wird die Vorlage von Geburtsurkunde, Ausweis, der aktuellen Adresse der Eltern und der Umstände, die das anfragende Spenderkinder zu dem Auskunftsbegehren veranlassen. Danach soll die Klinik die Wunscheltern anhören und um ihr Einverständnis bitten, das gleiche Prozedere beim Samenspender. Unter Wahrung der Anonymität soll dann ein Abstammungsgutachten eingeholt werden, um nachzuprüfen, ob das Spenderkind tatsächlich durch die Samenspende entstanden ist. Die erste Begegnung soll psychosozial begleitet werden. Alle Kosten soll das anfragende Spenderkind tragen. Wie vorgegangen wird, wenn Eltern oder Spender die Einwilligung nicht geben oder eine psychosoziale Begleitung ablehnen, wird nicht ausgeführt. Vermutlich soll die Auskunft dann nicht gegeben werden. []
  2. In der Schweiz kann ein Spenderkind mit 18 Jahren beim Amt Auskunft über die äußere Erscheinung und die Personalien des Spenders verlangen (Art. 27 Abs. 1 FMedG). Bevor das Amt Auskunft über die Personalien erteilt, informiert es – wenn möglich – den Spender. Lehnt dieser den persönlichen Kontakt ab, so ist das Kind zu informieren und auf die Persönlichkeitsrechte des Spenders und den Anspruch seiner Familie auf Schutz hinzuweisen. Beharrt das Kind nach Absatz 1 auf Auskunft, so wird ihm diese erteilt (Art. 27 Abs. 3 FmedG). Das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung überwiegt also im Konfliktfall, weil es auch gegen den Willen des Spenders Informationen über dessen Personalien erhält. []
  3. Der BGH führt in seinem Urteil vom 28. Januar 2015 in den Randnummern 59-60, aus, dass ein Konflikt der Interessen der Kindeseltern mit dem Auskunftsanspruch des Kindes sei nur denkbar sei, wenn sie mit dem Auskunftsbegehren des volljährigen Kindes nicht einverstanden seien – minderjährige Kinder müssen ja von den gesetzlichen Vertretern vor Gericht vertreten werden. Auf Seiten der Eltern ergebe sich jedoch insoweit aber kaum ein schützenswerter rechtlicher
    Belang, weil das Kind Kenntnis von seiner Zeugung mittels Samenspende haben müssen, um die Auskunft zu beanspruchen. Ein schützenswertes Interesse der Kindeseltern, dass dem Kind dann „wenigstens“ der Zugang zur Information über die Identität des Samenspenders
    verwehrt sein soll, sei daher kaum vorstellbar. []

Arbeitskreis Abstammung des Bundesjustizministeriums

Heute hat der Arbeitskreis Abstammungsrecht beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz seine Arbeit aufgenommen. Der Arbeitskreis soll der Frage nachgehen, ob das geltende Abstammungsrecht aktuelle Lebensrealitäten noch adäquat abbildet und ob die derzeitige gesetzliche Regelung nach verschiedenen gesetzgeberischer Einzelmaßnahmen der letzten Jahre noch stimmig ist. Er besteht aus elf interdisziplinären Sachverständigen der Bereiche Familienrecht, Verfassungsrecht, Ethik und Medizin bzw. Psychologie und Vertretern der betroffenen Ministerien und einiger Landesjustizministerien. Den Vorsitz führt die frühere Vorsitzende Richterin des für das Familienrecht zuständigen XII. Senats des Bundesgerichtshofs, Frau Dr. Meo-Micaela Hahne. Bekannt geworden ist außerdem, dass Dr. Heinz Kindler vom Deutschen Jugendinstitut zu den Teilnehmern gehört.

Gleich bei dem ersten Termin stand das Thema Samenspenden auf der Tagesordnung.

Die Pressemitteilung lässt leider auf ein etwas seltsames Verständnis von Abstammung schließen: „Moderne Familienkonstellationen stellen uns vor neue Herausforderungen – gerade auch im Abstammungsrecht. Ist die Abstammung eher an die biologische oder an die soziale Vaterschaft anzuknüpfen? (…) Sollte es spezifische abstammungsrechtliche Regelungen für eine gleichgeschlechtliche Elternschaft geben? Das Abstammungsrecht, das die Zuordnung eines Kindes zu seinen Eltern regelt, ist für viele Rechtsfragen von enormer Bedeutung. “

Das wirkt so, als würde die Abstammung für völlig verhandelbar gesehen werden. Abstammung ist aber ziemlich eindeutig genetisch (und Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts legen diese Auslegung auch nahe), und da stammt man nur von zwei Menschen ab, dem genetischen Vater und der genetischen Mutter. Bislang knüpfen aber viele Sachverhalte an diese genetische Zugehörigkeit an – Sorgerecht, Erb- und Unterhaltsrecht, Staatsangehörigkeitsrecht. Der Arbeitskreis sollte sich daher eher fragen, ob man die Frage, wer die Eltern eines Kindes sein sollen, in Zukunft mehr von der Frage der Abstammung trennen sollte.

Etwas überraschend war auch die folgende Frage in der Pressemitteilung: „Muss man das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft bei Samenspenden gesetzlich regeln?“ Dieses Ziel einer gesetzlichen Regelung des Auskunftsrechts befindet sich eigentlich im Koalitionsvertrag der CDU/CSU und der SPD.

Nichts Gutes verheißt auch die Ankündigung, dass der Arbeitskreis in den nächsten zweieinhalb Jahren regelmäßig zusammentreten wird – das bedeutet nämlich vermutlich, dass in dieser Zeit überhaupt nichts gesetzgeberisch passieren wird. Danach wird das Ende der Legislaturperiode erreicht sein, so dass dann eine Reform des Abstammungsrechts sicherlich nicht mehr vor den nächsten Bundestagswahlen umgesetzt wird.

Kritisch sehen wir das besonders deswegen, weil man viele Regelungen, die uns Spenderkinder rechtlich mehr schützen würden – wie ein ausdrücklicher Auskunftsanspruch, eine Verpflichtung von Ärzten zur langjährigen Datenaufbewahrung und ein zentrales Register zur Spendervewaltung – völlig unabhängig von einer grundlegenden Reform des Abstammungsrechts regeln könnte.

BGH bestätigt Recht von Spenderkindern auf Kenntnis ihrer Abstammung

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe, das höchste deutsche Zivilgericht, hat heute entschieden, dass auch durch Samenspende gezeugte Menschen ein Recht auf Kenntnis ihrer Abstammung und damit auf Auskunft über die Personalien des Samenspenders haben (mehr dazu in unserer Besprechung der Urteilsbegründung). Diese Entscheidung ist nicht überraschend – sie war stets herrschende Meinung in der juristischen Literatur und entspricht der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm aus dem Februar 2013, die ebenfalls große Medienbeachtung fand. Auch hatte der BGH das Recht auf Kenntnis der Abstammung in mehreren Urteilen jüngst betont.

Ein Meilenstein ist es trotzdem, und der Verein Spenderkinder freut sich natürlich sehr über dieses Urteil. Damit steht unwiderruflich fest, dass auch durch Samenspende gezeugte Menschen das Recht auf Auskunft über ihren genetischen Vater haben. Auch nach dem Urteil des OLG Hamm vom Februar 2013 hatten Spenderkinder, die Auskunft von der Klinik ihrer Eltern über den Samenspender verlangten, teilweise das Problem, dass Ärzte sich darauf beriefen, dass die Frage noch nicht höchstrichterlich vom BGH geklärt ist. Diese Argumentation hat sich nun erledigt und es wird hoffentlich für Spenderkinder einfacher werden, ihren Auskunftsanspruch durchzusetzen. Ungeklärt bleiben nach wie vor Schadensersatzansprüche wegen der Vernichtung von Daten.

Wir hoffen nun, dass dieses BGH-Urteil ein Signal an die Politik sendet, die umfassende Regelung von Samenspenden endlich tatkräftig anzugehen, damit die Rechte der betroffenen Kinder effektiv geschützt werden. Wie der Verein Spenderkinder sich das vorstellt, kann in unseren Forderungen nachgelesen werden.

Wir begrüßen, dass der BGH festgestellt hat, dass es keine Altersgrenze für diesen Auskunftsanspruch gibt. Auch jüngere Kinder können schon ein Interesse an ihrem biologischen Vater haben. Eine Altersgrenze könnte – wenn überhaupt – nur mit einem Gesetz eingeführt werden, dass auch die Interessen von Spenderkindern berücksichtigt und schützt. Dazu gehört eine langjährige Sicherung der Unterlagen und eine bessere Vorbereitung der Eltern auf diese Form der Familiengründung zu dritt. Zum Schutz der Samenspender müssen außerdem Unterhalts- und Erbansprüche gesetzlich ausgeschlossen werden.

Wir bedanken uns bei den Eltern der beiden Klägerinnen, dass sie die Klärung durch den BGH veranlasst haben!

Bundesgerichtshof verhandelt am 28. Januar über den Auskunftsanspruch von Spenderkindern

Der Anspruch von Spenderkindern auf Kenntnis des Samenspenders wird endlich höchstrichterlich geklärt: am 28. Januar verhandelt der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe, das höchste deutsche Zivilgericht, über ein Urteil des Landgerichts Hannover. Das sah den Auskunftsanspruch von zwei 1997 und 2002 geborenen Spenderkindern, den deren Eltern für sie gerichtlich geltend machen, zwar grundsätzlich als gegeben an. Es wies die Klage aber ab, weil diese das Recht erst ab dem Alter von 16 Jahren geltend machen könnten, analog den Vorschriften im Personenstandsgesetz für den Auskunftsanspruch von Adoptierten. Mehr Informationen zum Fall stehen in dem Pressehinweis des BGH.

Wir freuen uns, dass es endlich eine Klärung des BGH zu dem Recht auf Auskunft über die Person des Samenspenders geben wird. Wir erwarten, dass der BGH das Recht von Spenderkindern auf Kenntnis des Samenspenders stützen wird. Alles andere wäre unter Berücksichtigung der BGH-Rechtsprechung zur Bedeutung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung überraschend. So hat der BGH in einem aktuellen Fall entschieden, dass Verstorbene aufgrund des Rechts auf Kenntnis der Abstammung für einen DNA-Abgleich exhumiert werden können, wenn dies zur Klärung der Abstammung erforderlich ist.

Zu beachten ist, dass es sich bei einer Altersgrenze für das Auskunftsrecht über den Spender um einen Grundrechtseingriff handelt. Bei normal erzeugten Kindern, die zum Beispiel von ihrer Mutter die Person des Vaters wissen möchten, würde man nicht auf die Idee kommen, den Anspruch erst ab 16 Jahren zuzulassen. Das Personenstandsgesetz für eine Grundrechtsbeschränkung analog anzuwenden, ist schwierig, da viele andere Regeln für Adoptierte nicht auf Spenderkinder angewandt werden.

Dass dieser Fall jetzt vom BGH geklärt werden muss und über die analoge Anwendung des Personenstandsgesetzes gestritten wird, zeigt noch einmal deutlich, dass das Recht von Spenderkindern auf Auskunft über den Samenspender und dessen Modalitäten ausdrücklich gesetzlich geregelt werden muss. Das steht zwar auch im Koalitionsvertrag der Großen Koalition, passiert ist bislang aber noch nichts.

Erforderlich ist eine gesetzliche Grundlage, in der die Rechte und Interessen von Spenderkindern abgewogen und berücksichtigt werden. In einem solchen Gesetz sollte dann auch die langfristige Aufbewahrung der Spenderdaten geregelt werden sowie Sorge dafür getragen werden, dass Spenderkinder auch unabhängig von einer Kooperation der Eltern von ihrer Abstammung erfahren können. Selbst optimistische Schätzungen gehen davon aus, dass derzeit nur 30 % der Eltern ihre Kinder über die Zeugung mit Hilfe eines Dritten aufklären.

Der Verein Spenderkinder würde eine Orientierung der Regelung von Samenspenden an den Vorschriften zur Adoption grundsätzlich begrüßen und hat seine politischen Forderungen auch hieran angelehnt. Wir fänden es daher akzeptabel, erst ab dem Alter von 16 Jahren Auskunft über die Person des Samenspenders zu erhalten. Das bedeutet aber gleichzeitig, dass auch andere Regeln der Adoption Anwendung finden müssen. So sollte der Spender im Geburtenregister des Kindes eingetragen werden und Eltern auf die Herausforderungen einer Elternschaft zu dritt besser vorbereitet werden, zum Beispiel durch eine verpflichtende psychosoziale Beratung vor der Samenspende. Daneben ist es wichtig anzuerkennen und auch Sorge dafür zu tragen, dass Spenderkinder auch vor dem 16. Lebensjahr bestimmte nicht-identifizierende Informationen über den Samenspender erhalten können.

Beibehalten werden muss dagegen die Möglichkeit von Spenderkindern zur Anfechtung der Vaterschaft des sozialen Vaters, weil man eine Familie nicht beliebig konstruieren und zusammenbasteln kann. Vaterschaft ist ein soziales und biologisches Phänomen. Fällt diese auseinander verteilt auf zwei Väter, ist es anmaßend, dass das konstruierende Paar über die Besetzung der Vaterrolle auch für ein inzwischen volljähriges Kind entscheidet.

Wir sind gespannt auf die Verhandlung beim BGH und hoffen auf ein klarstellendes Urteil.