Spenderkinder hören von Außenstehenden regelmäßig einige Sätze, die echt nerven.
Eine Auswahl aus einer Umfrage unter unseren Mitgliedern:
1. Sei doch dankbar, dass Du lebst!
2. Du bist doch ein absolutes Wunschkind!
3. Und was hast du jetzt davon, das zu wissen?
4. Wen interessiert schon ein Erzeuger, wenn ein Vater da war/ist? Wie kann man sich so für den Spender interessieren, wenn man doch mit Liebe aufgezogen wurde? Du hast doch einen Vater! Dein genetischer Vater ist doch nicht so wichtig wie Dein sozialer Vater!
5. Versetz‘ Dich doch mal in die Lage Deiner Eltern.
6. Deine Eltern haben es doch nur gut gemeint!
7. Es ist undankbar deinem sozialen Vater gegenüber, wenn du nach deinem Spender suchst.
8. Die Ärzte haben doch nichts falsch gemacht, indem sie die Unterlagen schon vernichtet haben. Damals wurde sich eben auf Anonymität geeinigt und die Rechtslage war eben so.
9. Der Spender hat bewusst anonym gespendet und will nichts von dir wissen.
10. Warum suchst du, was willst du von dem biologischen Vater, er hat dir doch gar nichts gegeben, sondern „nur“ seinen Samen.
11. Ich verstehe nicht warum das so eine große Sache für dich ist.
12. Warum beschäftigst Du Dich mit der Vergangenheit, sieh in die Zukunft! Willst Du jetzt die ewig Suchende sein? Damit Du dann später frustriert und alt bist, ohne Dein eigenes Leben gelebt zu haben? Die geliebten und gelebten Jahre sind viel wichtiger als die genetische Herkunft.
Was nervt an diesen Sätzen?
An diesen Sätzen nervt, dass das Gegenüber sich nicht in die Situation von Spenderkindern einfühlt und unsere Situation nicht versteht.. Natürlich kann man auch von Familienmitgliedern und Freunden nicht erwarten, dass sie jedes Gefühl verstehen. Manches wird aber verstehbarer, wenn versucht wird, die Perspektive zu wechseln. Wir möchten dafür sensibilisieren, wie die oben genannten Sätze auf Spenderkinder wirken.
Viele der Sätze sind aus der Eltern-Perspektive formuliert und setzen wie selbstverständlich voraus, dass Spenderkinder ihre Situation aus der Eltern-Perspektive betrachten. Wir wünschen uns, dass sich unser Gegenüber auch in unsere Perspektive hineinversetzt oder zumindest die von uns geäußerten Gefühle anerkennt.
1. Sei doch dankbar, dass Du lebst!
Der Kommentar nimmt die Gefühle des Adressaten nicht ernst und relativiert sie am Leben an sich. Mit diesem Satz werden Spenderkinder aufgefordert, von anderen als unangenehm erlebte Gefühle (wie z.B. Unzufriedenheit über die eigene Entstehungsweise, Trauer über die Unkenntnis des genetischen Vaters oder dessen Desinteresse, Ärger über missbrauchtes Vertrauen, etc.) hinter einer grundsätzlichen Dankbarkeit für das Leben zurückzustellen.
Der Satz legt außerdem die Erwartung nahe, Spenderkinder müssten dankbarer als andere Menschen sein, dass sie leben.
Dass dieser Satz aus der Elternperspektive formuliert ist, merkt man, wenn man danach fragt, wer evtl. traurig wäre, wenn es das Spenderkind nicht gäbe. Wenn es das Spenderkind nicht gäbe, könnte es auch nicht traurig darüber sein. Die Eltern wären jedoch vermutlich traurig, wenn sich ihr Kinderwunsch nicht erfüllt hätte.
Man kann den Satz übrigens auf jede Lebenssituation anwenden: „Mein Vater ist gestorben.“ „Sei doch dankbar, dass Du lebst.“ „Mein Mann und ich lassen uns scheiden.“ „Sei doch dankbar, dass Du lebst.“ „Ich bin unfruchtbar.“ „Sei doch dankbar, dass Du lebst.“ Er ist in jeder Lebenssituation unpassend.
2. Du bist doch ein absolutes Wunschkind!
Diese Bemerkung nimmt die Gefühle des Spenderkinds nicht ernst und relativiert sie an der Tatsache, dass Spenderkinder von ihren Wunscheltern gewünschte und geplante Kinder sind. Mit diesem Satz werden Spenderkinder aufgefordert, von anderen als unangenehm erlebte Gefühle (wie z.B. Unzufriedenheit über die eigene Entstehungsweise, Trauer über die Unkenntnis ds genetischen Vaters oder dessen Desinteresse, Ärger über missbrauchtes Vertrauen, etc.) hinter einer grundsätzlichen Dankbarkeit dafür zurückzustellen, ein gewünschtes Kind zu sein. Mit dem Begriff Wunschkind wird oft verbunden, dass gewollte Kinder eine glückliche Kindheit haben (siehe dazu auch unser Beitrag Wunschkind – Elternwunsch oder Kinderwunsch). Sich von den Eltern nicht gewollt zu fühlen, kann sehr verletzend für ein Kind sein. Allerdings bedeutet es umgekehrt nicht, dass Spenderkinder stets eine glückliche Kindheit haben. Auch Spenderkinder erleben z.B. Trennungen und psychische Krankheiten von Elternteilen. Nicht alle ursprünglichen Wunscheltern kommen mit der Familienform so gut zurecht, wie sie geplant hatten. Für den nicht-verwandten Wunschelternteil ist es teilweise schwieriger als erwartet, einen Fremden im Kind zu erkennen.
Spenderkinder sind außerdem nicht nur gewünscht – sie haben einen genetischen Elternteil, der eingewilligt hat, sie möglicherweise niemals kennenzulernen, der kein Interesse an ihnen als Person hat.
3. Und was hast du jetzt davon, dass zu wissen?
Die Frage wertet die Bedeutung von Wahrheit und die Kenntnis der Abstammung ab. Die meisten Menschen möchten über wichtige Grundlagen ihres Lebens Bescheid wissen. Die eigene Herkunft ist eine solche wesentliche Grundlage. Wer die Wahrheit kennt, kann sich mit ihr auseinandersetzen und bewusst wahrnehmen, welche Bedeutung die genetische und welche die soziale Abstammung für einen selbst hat und wie man damit umgeht, wenn die Eltern dieses Wissen lange geheim gehalten haben. Das Wissen über die genetische Abstammung ist außerdem wichtig für bestimmte Krankheitsanlagen.
4. Wen interessiert schon ein Erzeuger, wenn ein Vater da war/ist? / Wie kann man sich so für den Spender interessieren, wenn man doch mit Liebe aufgezogen wurde? / Du hast doch einen Vater! / Dein genetischer Vater ist doch nicht so wichtig wie Dein sozialer Vater! / Die geliebten und gelebten Jahre sind viel wichtiger als die genetische Herkunft.
Diese Art von Bemerkungen wertet die Bedeutung des genetischen Elternteils ab. Bei vielen Spenderkindern ruft der Vergleich mit der Bedeutung des sozialen Vaters außerdem Schuldgefühle hervor, weil sie ihre sozialen Eltern mögen oder lieben und mit ihrem Interesse am genetischen Vater nicht verletzen möchten.
Viele Menschen interessieren sich für ihre genetische Abstammung, wenn auch nicht alle. Welche Bedeutung Spenderkinder dieser Verbindung geben, variiert. Es ist aber anmaßend, wenn andere Menschen ihnen vorgeben, welche Art von Verbindung – sozial oder genetisch – welchen Stellenwert einnehmen soll. Viele Spenderkinder halten sowohl soziale als auch genetische Elternschaft für wichtig und möchten sich nicht ausschließlich für die eine oder andere entscheiden.
Für einen Perspektivwechsel sollte man sich vorstellen, dass man selbst erfährt, dass das eigene Kind im Krankenhaus vertauscht wurde. Obwohl man das Kind sehr liebt und es mittlerweile vielleicht sogar schon erwachsen oder im Teenager-Alter ist, so denkt man doch bestimmt darüber nach, was aus dem biologischen Kind geworden ist. Man würde eine Art Unruhe oder Getriebenheit verspüren, zumindest wären die Dinge in Unordnung geraten. Niemand würde hier versuchen, die Situation zu relativieren, indem er sagt: „sei doch froh, Du hast doch ein Kind.“ Spenderkinder sind aber in genau dieser Situation, nur dass ihnen der biologische Elternteil vorsätzlich vorenthalten wurde.
Besonders oberflächlich ist diese Art von Kommentaren von Menschen, die die Wunscheltern und die Familiensituation gar nicht oder kaum kennen und daher gar nicht wissen, ob man einen sozialen Vater/einen zweiten Wunschelternteil hatte oder mit Liebe aufgezogen wurde.
5. Versetz‘ Dich doch mal in die Lage Deiner Eltern!
Der Kommentar beinhaltet die Wertung, dass die Situation der Wunscheltern wichtiger sei als die des Kindes und dass das Kind seine eigenen Bedürfnisse aufgeben sollte. Der Satz deutet an, dass sich das Spenderkind bislang nicht in die Lage der Eltern hineinversetzt habe und ich-bezogen sei. Unserer Erfahrung nach ist es eher so, dass viele Spenderkinder die Situation anfänglich vor allem die Lage ihrer Eltern sehen und das Gefühl haben, sie beschützen zu müssen – vor anderen und vor eigenen negativen Gefühlen. Zum Teil können Sie erst nach einer Zeit wahrnehmen, dass sie selbst eigene Wünsche und Bedürfnisse haben, die wichtig sind, auch wenn sie nicht zu den Wünschen ihrer Wunscheltern passen.
6. Deine Eltern haben es doch nur gut gemeint!
Diesen Hinweis bekommen oft spät aufgeklärte Spenderkinder, wenn sie ihre Gefühle dazu ausdrücken, dass ihre Eltern ihnen lange die Wahrheit über ihre Abstammung verschwiegen haben. Der Satz wertet die Gefühle des Spenderkindes ab und unterstellt, dass es die Intention der Eltern nicht wahrnehme und ich-bezogen sei. Leider können auch gut gemeinte Handlungen verletzen. Spenderkinder haben ein Recht auf ihre eigenen Gefühle dazu. Wenn sie erst als Erwachsene von ihrer Zeugungsart erfahren, haben sie jedes Recht, wütend oder traurig zu sein. Auch wenn sie das Kind damit schützen wollten, haben die Eltern das Kind nicht als gleichwertigen Menschen behandelt, indem sie ihm wesentliches Wissen über seine Herkunft vorenthalten haben. Viele Wunscheltern verschweigen den anderen genetischen Elternteil auch deshalb, weil sie Angst haben, dass die Beziehung zum nicht-genetischen Wunschelternteil darunter leiden könne. Damit wird unterstellt, dass keine stabile Beziehung besteht, sondern das Kind sie nur unter der Annahme genetischer Verwandtschaft aufrechterhält. In jedem Fall wird das Vertrauen des Kindes in eine von beiden Seiten ehrliche Beziehung ausgenutzt.
7. Es ist undankbar deinem sozialen Vater gegenüber, wenn du nach deinem Spender suchst.
Der Kommentar drückt aus, dass Spenderkinder ihrem sozialen Vater dankbar sein und ihn schützen müssen. Das Kind wird aufgefordert, die Perspektive des sozialen Vaters einzunehmen und mit Rücksicht auf ihn seine eigenen Bedürfnisse zurückzustellen. Es ist anmaßend, einem anderen Menschen vorzuschreiben, nicht nach seinen genetischen Wurzeln zu suchen. Der soziale Vater hat sich entschieden, ein Kind von einem anderen Mann zeugen zu lassen, damit er Vater werden konnte. Es scheint daher folgerichtig, dass er sich in diesem Zusammenhang mit seiner Unfruchtbarkeit auseinander setzt und das Recht seines Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung anerkennt und unterstützt.
8. Die Ärzte haben doch nichts falsch gemacht, indem sie die Unterlagen schon vernichtet haben. Damals wurde sich eben auf Anonymität geeinigt und die Rechtslage war eben so.
Der Kommentar beinhaltet die Wertung, dass damals alles rechtmäßig ablief und das Spenderkind sich nicht beklagen/seine eigenen Bedürfnisse zurückstellen solle. So ist es aber nicht – die Zusicherung von Anonymität hatte in Deutschland nie eine rechtliche Grundlage, wurde aber trotz eines entsprechenden Hinweises der Ärztekammer gegeben..
9. Der Spender hat bewusst anonym gespendet und will nichts von dir wissen.
Diese Bemerkung legt nahe, dass es alleine auf die Gefühle des Spenders ankommt und das Spenderkind daher nicht nach ihm suchen soll. Die tatsächlichen Gefühle des genetischen Vaters sind jedoch nicht bekannt. Auch wenn der genetische Vater sich nicht für das Spenderkind interessiert, möchten ihn manche Spenderkinder dennoch gerne kennenlernen und erreichen, dass er sich wenigstens nachträglich mit seiner Entscheidung auseinandersetzt, Kinder in die Welt zu setzen.
10. Warum suchst du, was willst du von dem biologischen Vater, er hat dir doch gar nichts gegeben, sondern „nur“ seinen Samen.
Dieser Kommentar wertet die Bedeutung des genetischen Elternteils ab, von dem 50 % der Erbanlagen stammen. Die tatsächlichen Gefühle des genetischen Vaters sind nicht bekannt und können sich über die Jahre auch geändert haben. Es gibt einige Männer, die sich durchaus für die durch sie gezeugten Kinder interessieren und zu einem Kontakt bereit sind. Davon abgesehen ist es für viele Spenderkinder bereits bedeutsam, den Namen des genetischen Vaters zu kennen.
11. Ich verstehe nicht, warum das so eine große Sache für dich ist.
Zumindest bei nahestenden Menschen wünschen sich Spenderkinder, dass diese versuchen, ihre Gefühle zu verstehen. Wenn dies nicht möglich ist, ist es respektvoll die Gefühle zumindest anzuerkennen.
12. Warum beschäftigst Du Dich mit der Vergangenheit, sieh in die Zukunft! / Willst Du jetzt die ewig Suchende sein? Damit Du dann später frustriert und alt bist, ohne Dein eigenes Leben gelebt zu haben?
Auch wenn diese Ratschläge gut gemeint sind, nehmen sie die Gefühle und Bedürfnisse der Suchenden nicht ernst. Zu wissen, wer die genetischen Elternteile sind, ist vielen Menschen – auch Spenderkindern – wichtig. Die Suche nach der Abstammung und möglichen Halbgeschwistern ist mit den modernen DNA-Daten deutlich erfolgsversprechender geworden.Viele Spenderkinder suchen nach ihrer genetischen Abstammung, leben aber parallel ein ganz normales Leben und haben auch andere Interessen und Projekte.
Von wem stammen die Sätze?
Es macht natürlich einen großen Unterschied, wer diese Sätze sagt. Online-Kommentare stammen von Fremden, die sich teilweise das erste Mal mit dem Thema Spenderkinder beschäftigen. Dazu kennen sie keine Spenderkinder persönlich. Sie kommentieren oft so, wie es ihnen gerade in den Sinn kommt. Generell sind viele Online-Kommentare nicht sonderlich empathisch oder höflich. Gerade wegen dieser unvoreingenommenen Unhöflichkeit zeigen Social-Media-Kommentarspalten aber am deutlichsten, wie sehr sich die Gesellschaft mit den Eltern identifiziert und wie sehr das Spenderkind darauf reduziert wird, „Wunschkind“ zu sein, das dankbar für seine Existenz sein soll.
Verletzend und entfremdend können diese Sätze jedoch sein, wenn sie von Familienmitgliedern und Freunden stammen – Menschen, von denen Spenderkinder Verständnis und Empathie erhoffen. Gerade in Situationen, in denen sich Spenderkinder bewusst öffnen, indem sie ihre Gefühle äußern, können sie sich auf Grund solcher Sätze unverstanden und in einer Verteidigungsposition fühlen. Dies kann dazu führen, dass das Spenderkind seine eigenen Gefühle und Bedürfnisse unterdrückt. Wegen des Gefühls der Unverstandenheit und mangelnden Empathie kann es zur Entfremdung von Familie und Freunden kommen.
Auch im professionellen Beratungskontext erleben Spenderkinder leider immer wieder Unverständnis für ihre Gefühle und dass von ihnen erwartet wird, die Perspektive ihrer Eltern einzunehmen und ihre eigenen Bedürfnisse zurückzustellen.
Für diese Bemerkungen gibt es verschiedene Gründe:
Einerseits kann eine generelle Empathielosigkeit vorliegen. Manche Menschen sagen dann lieber gar nichts (wahrscheinlich die bessere Idee), andere äußern sich unpassend. Es kann aber auch dahinterliegende Motive geben:
Wenn das Kind negative Gefühle äußert, kann bei Wunscheltern das Gefühl entstehen, ihre Entscheidung für eine Familiengründung mit den Keimzellen Dritter rechtfertigen zu müssen. Anstatt die Gefühle des Kindes anzuerkennen oder sich zum Beispiel für das Vorenthalten von Wissen zu entschuldigen, verteidigen sie sich durch einen Angriff: das Kind wird ermahnt, dankbar dafür zu sein, dass die Eltern die Mühen einer künstlichen Befruchtung auf sich genommen haben und das Kind gewollt haben.
Bei Freunden können die Themen genetische Abstammung, Familiengeheimnisse und Kinderwunsch eigene Gefühle und Erfahrungen berühren. Wenn sie auf Grund dieser Erfahrungen andere Gefühle und Wünsche haben, kann dies dazu führen, dass sie Gefühle von Spenderkindern nicht anerkennen können. Dazu kommt, dass viele Menschen das Wissen über die Abstammung als so selbstverständlich wahrnehmen, dass ihnen die Auswirkungen nicht klar sind, wenn man dieses Wissen nicht besitzt. Einige Beispiele: Manche Menschen haben vielleicht einen Vater, zu dem sie keinen Kontakt haben oder den sie ablehnen. Die Situation ist nicht mit der von Spenderkindern vergleichbar, weil diese Menschen ihre genetische Abstammung trotzdem kennen und sich zum Teil bewusst entschieden haben, dass sie nicht wichtig für sie ist. Für solche Menschen kann es trotzdem schwer sein, nachzuvollziehen, dass man eine Person finden möchte, nur weil man genetisch mit ihr verwandt ist und auch, wenn man dann möglicherweise feststellt, dass man ihre Einstellungen oder ihr Verhalten ablehnt. Oder ein Freund ist adoptiert und möchte seine Geburtsfamilie nicht ausfindig machen. Häufiger kommt auch die Situation vor, dass Frauen sich als Notfall-Plan überlegt haben, ein Kind mit einer Samenspende zu bekommen, wenn sie bis zu einem bestimmten Alter keinen Partner haben. Dann kann es schwierig sein, mit ihnen kritische Aspekte von Samenspende zu diskutieren.
Bei Freunden kann ein weiterer Grund sein, dass manche Menschen es schwer ertragen können, wenn andere sich verletzt, verärgert oder entmutigt fühlen. Um sich selbst nicht hilflos zu fühlen, geben sie Ratschläge zur aktiven Bekämpfung der Gefühle des Erzählenden oder versuchen, den Kummer wegzureden („ist doch nicht so schlimm“).
Was empfinden Spenderkinder nach diesen Sätzen?
Im besten Fall verbleibt bei Spenderkindern nach solchen Bemerkungen ein Gefühl der Irritation.
Kommen diese Botschaften von Eltern, können sie zu Entfremdung und Frustration führen, wenn das Kind seine Bedürfnisse weiterhin ernst nimmt und nicht den wahrgenommenen Bedürfnissen der Eltern wieder unterordnet. Wenn eine unvoreingenommene Kommunikation über die Bedürfnisse und Wünsche des Kindes abgelehnt wird, kann das Kind dies als mangelnden Respekt wahrnehmen. Vielleicht ist es sogar wütend, dass die Eltern versuchen, ihm die eigene Einschätzung des emotionalen Schmerzes auszureden oder dass sie Schuldgefühle bei ihm wecken. Eine mögliche Reaktion ist, dass das Spenderkind aufhört, mit seinen Eltern über seine Gefühle zu sprechen und ihnen zum Beispiel nicht erzählt, wenn es Halbgeschwister oder seinen genetischen Vater ausfindig macht.
Kommen diese Botschaften von Freunden, können sich Spenderkinder unverstanden und nicht ernstgenommen fühlen, schlimmstenfalls isoliert. Möglicherweise suchen sie sich nach solchen Erfahrungen andere Freunde oder zögern, sich ein weiteres Mal emotional zu öffnen.
Auch gut gemeinte Ratschläge können irritieren oder verärgern – weil der oder die Erzählende vielleicht gar keinen Ratschlag hören wollte, sondern sich nur jemanden gewünscht hat, der ihr oder ihm zuhört.
Welche Reaktionen wünschen sich Spenderkinder stattdessen?
Die Reaktion, die sich viele Spenderkinder wünschen, ist nicht Spenderkinder-spezifisch, sondern eine respektvolle Kommunikation:
- Trösten und Mitfühlen sind wesentliche Faktoren des menschlichen Zusammenlebens.Oft reicht schon das Signal aus, dass man für die Person da ist. Gefühle können nicht richtig oder falsch sein. Es ist daher nicht hilfreich, sie zu bewerten oder abzuwerten, sondern es geht darum sie anzunehmen – zum Beispiel, indem Bedauern ausgedrückt wird, dass es dem Gegenüber gerade nicht gut geht.
- Für Spenderkinder sind Zuhörende hilfreich, die sich empathisch in ihre Situation hineinzuversetzen und aufgeschlossen dafür sind, dass diese neue Perspektive vielleicht sogar die eigene Meinung und Einstellung verändert.
- Für ein einfühlsamen Zuhören ist es hilfreich, wenn die zuhörende Person eigene Gedanken und Gefühle zunächst zurückhält und stattdessen mit Rückfragen signalisiert, dass Sie daran interessiert ist, die Wahrnehmung des Spenderkindes zu verstehen. Wenn sie das Verstandene in eigenen Worten zusammenfasst, kann sie überprüfen, ob sie es richtig verstanden hat.
- Spenderkinder erleben so viel Unverständnis für ihre Perspektive, dass es meistens erstmal darum geht, sicherzustellen, dass das Gegenüber einen verstanden hat. Erst wenn deutlich geworden ist, dass die zuhörende Person die Perspektive des Spenderkindes verstanden hat, kann anschließend ggf. ein Wechsel stattfinden und die zuhörende Person ihre eigene – davon abgegrenzte – Perspektive einbringen.
- Ratschläge werden oft als Versuch erlebt, ein unangenehmes Gefühl zu beenden, dabei geht es oft darum, das unangenehme Gefühl auszuhalten. Es ist sehr hilfreich, Menschen zu kennen, mit denen man auch über unangenehme Gefühle sprechen kann und die einem nur dann einen Rat geben, wenn man sie danach fragt. (Oder die zumindest fragen, ob sie eine gute Idee anbringen dürfen.) Die meisten Menschen finden gerne selbst Lösungen für ihre Probleme.
Ein paar andere Beispiele für nervige Aussagen gegenüber Menschen, die Geheimnisse über ihre Abstammung entdecken, nennt das Severance Mag: After a DNA Surprise 10 Things No One Wants To Hear