Leihmutterschaft ist ein viel diskutiertes Thema, manche fordern die
Zulassung zumindest „altruistischer“ Leihmutterschaft auch in Deutschland. Der
Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2021 zwischen SPD, Bündnis 90 / Die Grünen und
FDP sieht die Einsetzung einer Kommission vor, die die Möglichkeit der
Zulassung von „Eizellspende und altruistischer Leihmutterschaft“ (wir
bevorzugen die neutraleren Begriffe „Eizellvermittlung und nicht-kommerzielle
Leihmutterschaft“) in Deutschland prüfen soll.
Der Verein Spenderkinder lehnt Leihmutterschaft ab, weil
diese gegen die Interessen und gegen die Würde des Kindes verstößt und Menschen
zu Handelsobjekten macht. Außerdem verstößt sie häufig gegen die Interessen der
Person, die das Kind austrägt. Die Ablehnungsgründe möchten wir in diesem Artikel
etwas ausführlicher erklären.
1. Was ist Leihmutterschaft?
Eine Leihmutter trägt bewusst ein Kind für ein Paar oder
eine Einzelperson aus und gibt das Kind nach der Geburt an diese ab,
üblicherweise gegen Geld oder eine Aufwandsentschädigung. Der
Begriff der „Leihmutter“ ist beschönigend, weil eine Leihe unentgeltlich ist.
Zutreffender wäre eigentlich „Mietmutter“ (um die Entgeltlichkeit zu betonen)
bzw. biologische Mutter oder biologischer Elternteil. Wir verwenden den Begriff
„Leihmutter“ in diesem Text trotzdem, weil er bekannt ist.
Grund für eine Leihmutterschaft sind meistens Probleme der Wunscheltern, ein Kind selbst auszutragen, oft wegen Fehlbildungen der Gebärmutter oder weil keine Gebärmutter vorhanden ist, aber auch Autoimmunerkrankungen oder die Einnahme bestimmter Medikamente. Zumindest bei sehr erfolgreichen Menschen sind auch Fälle bekannt, bei denen die Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit durch eine Schwangerschaft vermieden werden sollte.
Wenn die eigenen Eizellen der Leihmutter befruchtet werden, ist die das Kind austragende Person nicht nur biologischer Elternteil, sondern auch genetischer Elternteil des Kindes (auf englisch bezeichnet als „traditional surrogacy“). Diese Form ist heute kaum noch üblich, weil auf Grund der genetischen Verwandtschaft zu dem Kind die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass sich die Leihmutter zu sehr an das Kind gebunden fühlt und es nicht abgeben möchte. In der heute fast ausschließlich angewandten Form trägt die Leihmutter einen mit den Eizellen einer anderen Person gezeugten Embryo aus (etwas beschönigend als „gestational surrogate“ bezeichnet). Es handelt sich für die austragende Person also um ein genetisch fremdes Kind. Die Eizelle kommt meist entweder von einem Wunschelternteil oder von einer weiteren Person, die ihre Eizellen abgegeben hat.
Die Leihmutter wird für das Austragen des Kindes üblicherweise bezahlt (kommerzielle Leihmutterschaft). Der gezahlte Preis hängt von dem Einkommensniveau des Landes ab. In einigen Ländern wie Großbritannien und Griechenland ist nur eine nicht kommerzielle („altruistische“) Leihmutterschaft erlaubt, bei der die Leihmutter nur eine „Aufwandsentschädigung“ erhält. Allerdings muss in diesen Fällen genauer hingesehen werden, wie hoch diese Aufwandsentschädigung auffällt und inwiefern überhaupt kontrolliert wird, dass nicht illegal doch eine Bezahlung vereinbart wird.
Da genetische bzw. biologische und soziale Elternschaft
geplant auseinander fallen, sind Kinder aus Leihmutterschaft Spenderkinder. Das
Besondere an der Leihmutterschaft ist dabei, dass vor der Zeugung bereits
geplant wird, dass das entstandene Kind nach der Geburt von seiner biologischen
Mutter getrennt und anderen Personen übergeben wird. Im Unterschied dazu werden
bei einer Adoption geeignete Aufnahme-Eltern für ein bereits gezeugtes oder
geborenes Kind gesucht, weil es nicht bei den Geburtseltern bleiben kann. Bei
der Vermittlung von Samen- bzw. Eizellen
werden nur die jeweiligen Geschlechtszellen übergeben und nicht ein
geborenes Kind.
2. Rechtslage
2.1 Deutschland
Die Vermittlung von Leihmutterschaft ist in Deutschland
strafbar. Bestraft werden allerdings nur Vermittler*innen
und Ärzt*innen, nicht die Wunscheltern oder die Leihmutter. Ebenfalls nicht
erlaubt ist die Vermittlung von fremden Eizellen, die in vielen Fällen zur
Leihmutterschaft dazukommt. Nicht bestraft werden allerdings Wunscheltern, die
eine Leihmutter in anderen Ländern engagieren.
Verträge über Leihmutterschaft sind in Deutschland
sittenwidrig, weil sie gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen und weil sie das entstehende Kind zum
Handelsobjekt machen, was es in seiner grundrechtlich garantierten Würde
verletzt. Entsprechende Verträge können daher in Deutschland rechtlich nicht
durchgesetzt werden.
Auch im deutschen Abstammungsrecht gibt es das Konzept einer
Leihmutter nicht. Mutter ist nach § 1591 BGB immer die Frau, die das Kind
geboren hat, unabhängig davon, ob sie mit dem Kind genetisch verwandt ist.
Damit ist eine Leihmutter rechtlich gesehen immer die Mutter des Kindes.
Wegen des grundrechtlich garantierten Schutzes der Menschenwürde ist es wahrscheinlich, dass Leihmutterschaft in Deutschland nur in sehr engen Grenzen zugelassen werden dürfte. Die FDP fordert die Zulassung nicht-kommerzieller Leihmutterschaft. In dem Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90 / Die Grünen und FDP aus dem Jahr 2021 wurde daher vereinbart, dass eine Kommission eingesetzt werden soll, um die Zulassung von „altruistischer“ (also nicht-kommerzieller) Leihmutterschaft zu prüfen.
Auch bei einer „altruistischen“ (nicht-kommerziellen)
Leihmutterschaft müsste die Mutter wegen grundrechtlicher Wertungen wohl
letztlich die Entscheidung darüber behalten, ob sie das Kind wirklich abgeben
möchte, und wie bei der Freigabe zur Adoption eine mehrwöchige Bedenkzeit erhalten, vor der die Übergabe des
Kindes nicht stattfinden darf. Zudem müsste wie auch bei der Adoption
sichergestellt werden, dass die Annahme des Kindes durch andere als seine Geburtseltern
in seinem Wohl liegt. Dann besteht aber nur wenig Unterschiede zu einer
Adoption und ein neues Rechtsinstitut ist nicht erforderlich.
Allerdings beschäftigen regelmäßig Fälle die deutschen Gerichte, bei denen deutsche Staatsbürger Kinder durch Leihmütter im Ausland austragen lassen. Anschließend beantragen sie eine Anerkennung der ausländischen Rechtslage oder einer ausländischen Gerichtsentscheidung in Deutschland oder beantragen eine Einreisegenehmigung für das Kind. Die Tendenz in der deutschen Rechtsprechung geht dahin, dass allein die Zulässigkeit von Leihmutterschaft in einem anderen Land nicht dazu führt, dass das Kind in Deutschland wohnenden Wunscheltern zugeordnet wird. Allerdings können Gerichtsentscheidungen über Leihmutterschaft aus den USA nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofs anerkannt werden. Dies gilt jedoch nicht für Länder wie die Ukraine oder Russland. In einigen Fällen haben die Wunscheltern jahrelang auf Einreisepapiere für die Kinder gewartet. Wenn der Wunschvater auch der genetische Vater des Kindes ist, kann er das Sorgerecht erhalten und der nicht-genetische Elternteil das Kind unter Umständen später adoptieren. Zwar sieht § 1741 Absatz 1 Satz 2 vor: „Wer an einer gesetzes- oder sittenwidrigen Vermittlung oder Verbringung eines Kindes zum Zwecke der Annahme mitgewirkt oder einen Dritten hiermit beauftragt oder hierfür belohnt hat, soll ein Kind nur dann annehmen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist.“ Das soll jedoch nicht für Leihmutterschaft gelten, sondern Kinderhandel und vergleichbaren Praktiken entgegenwirken.
Schwierig an der letztlich auf diesem Weg möglichen
Anerkennung ausländischer Gerichtsentscheidungen bzw. der Adoption ist, dass
damit diejenigen Wunscheltern eine Leihmutterschaft durchsetzen können, die
fähig und bereit sind, deutsche Gesetze zu brechen und genügend Geld zu
investieren.
2.2 Europa
Kommerzielle Leihmutterschaft ist in den meisten europäischen Staaten nicht erlaubt. In einigen Ländern wie zum Beispiel Großbritannien ist eine nicht-kommerzielle Leihmutterschaft erlaubt, bei der die austragende Person aber eine Aufwandsentschädigung zwischen 12.000 und 20.000 Pfund erhält. In Griechenland sind nicht-kommerzielle Leihmutterschaften erlaubt, wenn ein Richter sie genehmigt. Voraussetzung ist, dass sowohl die Wunscheltern wie auch die Leihmutter einen ständigen Wohnsitz in Griechenland und ein Näheverhältnis haben. Beides wird bei der Ausstellung richterlicher Genehmigungen aber anscheinend kaum überprüft. Die Personen, die die Kinder austragen, stammen oft aus armen Nachbarstaaten wie Bulgarien, Albanien und der Ukraine.
In Europa bieten inzwischen insbesondere die Ukraine und
Russland Leihmütter an, zum Teil sogar über deutschsprachige Anzeigen über
Google Ads oder auf Verbrauchermessen in Deutschland wie den Kinderwunschtagen.
In einigen Ländern ist die Rechtslage so ausgestaltet, dass unmittelbar die
Wunscheltern als Eltern des Kindes gelten.
Fälle zur Anerkennung von Leihmutterschaft im Ausland haben mehrfach den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) beschäftigt. Der EGMR hat ein französisches Gesetz gerügt, das eine Anerkennung von durch Leihmutterschaft in den USA geborenen Kindern durch den genetischen Vater untersagte. Dabei stellt es vor allem auf den Schutz der Kinder ab, die trotz bestehender genetischer Verwandtschaft zum französischen Vater keine offiziell anerkannte rechtliche Bindung herstellen konnten. Der Gerichtshof hat es aber nicht als Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention eingestuft, wenn durch Leihmutterschaft gezeugte Kinder durch den nicht-genetischen Elternteil erst adoptiert werden müssen oder wenn eine Adoption eines durch Leihmutterschaft entstandenen Kindes nicht möglich ist, weil keiner der Wunscheltern mit dem Kind genetisch verwandt ist.
2.3 Weltweit
Weltweit besteht ein erheblicher Leihmutterschaftstourismus, vor allem aus Industriestaaten mit einer teilweise restriktiveren Gesetzeslage in Länder mit geringerem Einkommen.
Neben grundsätzlichen ethischen Bedenken an Leihmutterschaft (Kinderhandel, Vermeidung emotionaler Beziehung zwischen Mutter und Kind während der Schwangerschaft, geplante Trennung des Kindes von erster Bezugsperson) ist an diesem Tourismus insbesondere bedenklich, dass viele dieser Länder die Wunscheltern nicht überprüfen und die Leihmütter durch Agenturen faktisch ausgebeutet werden. In der Ukraine sind dem Vernehmen nach Verträge üblich, in denen Abzüge bei Komplikationen in der Schwangerschaft drohen und kein Kontakt zwischen Leihmutter und Kind nach der Geburt vorgesehen ist.
Auch in den USA, wo in einigen Bundesstaaten Leihmutterschaft relativ weit verbreitet und sehr professionalisiert ist, werden vor allem Frauen mit geringem Einkommen Leihmütter. Dennoch nehmen Gerichte an, dass die Rechte der Leihmutter und des Kindes in den USA noch am ehesten geschützt werden.
In der Vergangenheit waren Länder mit geringem Einkommensniveau für den Leihmutterschaftstourismus sehr attraktiv, bis sich die bedenklichen Fälle so häufen, dass die entsprechende Regierung Maßnahmen dagegen trifft. So wurden in Thailand und Indien Vereinbarungen mit Ausländern über Leihmutterschaft verboten, nachdem regelrechte Babyfabriken entdeckt wurden, in denen sich die schwangeren Leihmütter aufhielten.
Der Leihmutterschaftstourismus funktioniert im Ergebnis,
weil die meisten Staaten durch Leihmutterschaft ausgetragene Kinder schließlich
doch einreisen lassen, wenn die Wunscheltern dort ansässig sind, auch wenn
Leihmutterschaft in dem Herkunftsstaat verboten wird.
Eigentlich müssten international durch die Zusammenarbeit
verschiedener Staaten mehr Maßnahmen getroffen werden, um
Leihmutterschaftstourismus zu verhindern. Artikel 35 der UN-Kinderrechtskonvention
sieht vor, dass alle unterzeichnenden Staaten angemessene nationale, bilaterale
und multilaterale Maßnahmen treffen müssen, um die Entführung, den Kauf und den
Handel von Kindern in jeglicher Form zu verhindern. Die Konvention ist fast von
allen UN-Mitgliedsstaaten mit Ausnahme der USA unterzeichnet worden.
3. Leihmutterschaft aus Sicht des Kindes
Die gezielte Trennung eines Kindes von der Person, die es
ausgetragen hat, widerspricht dem Interesse des Kindes. Der große Unterschied
zur Adoption ist dabei, dass das Kind bei einer Leihmutterschaft bewusst
gezeugt wird, um es an andere Menschen (meist gegen Bezahlung) abzugeben. Bei
einer Adoption wird dagegen auf eine Notlage der das Kind austragenden Person
reagiert und die annehmenden Eltern unter Berücksichtigung des Kindeswohls
ausgesucht.
3.1 Verstoß gegen die Menschenwürde
Wegen der vertraglich vereinbarten Abgabe gegen Geld ist das
Kind bei einer Leihmutterschaftsvereinbarung ein Handelsgegenstand. Wird das
Kind den Eltern nicht übergeben, erhält die Leihmutter auch kein Geld. Ein
handelbares Objekt zu sein, widerspricht der Würde und dem Achtungsanspruch
eines Menschen. Strafrechtlich ist die Ausbeutung und der Handel von Menschen
in den meisten Staaten verboten. Bei Leihmutterschaft wird dies – meist ohne
Angabe von Gründen – anders gesehen. Dabei sollte gerade die Zeugung eines
Kindes in der Absicht, es gegen Geld weiterzugeben, für Menschenhandel
sprechen.
Auch wenn ein Vertrag über die Übergabe des Kindes
geschlossen wird, ohne dass dafür Geld bezahlt werden soll, wird das Kind als
Vertragsobjekt betrachtet. Deshalb verstößt auch die nicht-kommerzielle
Leihmutterschaft gegen die Würde des Kindes.
3.2 Bewusste Verhinderung einer Beziehung zwischen
biologischer Mutter und dem Kind
Leihmutterschaft trennt bewusst die natürliche Beziehung
zwischen dem Kind und dem Elternteil, der es ausgetragen hat. Das gesamte
Konzept der Leihmutterschaft wird inzwischen so ausgestaltet, dass eine Bindung
zwischen der austragenden Person und dem Kind möglichst verhindert werden soll.
So werden die Kinder fast ausschließlich per Kaiserschnitt zur Welt gebracht
und die das Kind austragende Person darf es nicht stillen.
In den neun Monaten der Schwangerschaft entwickelt das Baby
eine Bindung zur austragenden Person, indem es die Stimme, den Herzschlag,
Gerüche und Geschmack in der Gebärmutter wahrnimmt. Diese Bindung wird bei der
austragenden Person bei normalen Schwangerschaften von Ärzt*innen und Hebammen
gefördert. Eine Leihmutter soll sich dagegen emotional von dem Kind abschotten,
damit sie es nach der Schwangerschaft abgeben kann. Das liegt nicht im
Interesse des Kindes. Babys können ein tiefes unterbewusstes Trauma erleiden,
wenn sie von der Person bewusst getrennt werden, die ihnen Schutz und
Sicherheit bietet. So ist eine Freigabe zur Adoption immer eine Notlösung
aufgrund tragischer äußerer Umstände.
3.3 Gespaltene und kommerzialisierte Mutterschaft kann für das Kind problematisch sein
Bei Leihmutterschaften wird genetische, biologische und
soziale Elternschaft bewusst getrennt. Ein durch Leihmutterschaft entstandenes
Kind kann fünf oder mehr Elternteile haben: einen das Kind austragenden
biologischen Elternteil, den genetischen Elternteil von dem die Eizelle stammt,
den genetischen Elternteil von dem der Samen stammt und einen oder mehrere
soziale Wunscheltern.
Die Trennung in biologische, genetische und soziale
Elternschaft kann zu Verunsicherung des Kindes führen, wer zu den Eltern zählt
und welchen Stellenwert diese innehaben – für das Kind selbst, aber auch für
andere Personen, mit denen das Kind in Kontakt kommt. Manche Wunscheltern
scheinen sich dieser Probleme durchaus bewusst zu sein: ein schwules
Wunschelternpaar wird in dem Buch „Kind auf Bestellung“ so zitiert, dass sie
sich entschieden haben, dem Sohn zu erzählen, dass die Leihmutter die Mutter
sei, um es nicht noch komplizierter zu machen.
Für das Kind stellen sich die gleichen herausfordernden
Fragen wie für andere Spenderkinder:
„Wie komme ich damit zurecht, dass mein genetischer oder biologischer
Elternteil mich – evtl. gegen Geld – abgegeben hat? Was mache ich, wenn der
weitere biologische oder genetische Elternteil möglicherweise keinen Wert auf
eine soziale Beziehung zu mir legt? Wie kann ich miteinander vereinbaren, dass
ich an meiner Abstammung interessiert bin, während sich meine Eltern wünschen,
dass vor allem die soziale Beziehung zählt? Welche Art von Beziehung kann zu
den genetischen Verwandten eingegangen werden?“
Bei nicht-kommerziellen Leihmutterschaften ist die Leihmutter meistens eine Verwandte der Wunscheltern. Das kann für das Kind jedoch schwierig sein, weil sich damit die Familiengrenzen verschieben. Für das Kind kann unklar sein, ob die Leihmutter die Tante / Oma oder die Mutter ist.
Auch wenn die ersten durch Leihmutterschaft entstandenen Menschen erwachsen geworden sind, gibt es bislang keine wissenschaftlichen Langzeitstudien über die Auswirkungen auf die Identitätsentwicklung und wie diese Menschen selbst den Umstand der Spaltung in einen genetischen und einen biologischen Elternteil und grundsätzlich ihre Entstehung erleben. Zwar gibt es Studien, nach denen Kinder und Jugendliche, die mit Leihmutterschaft entstanden sind, ihre Entstehungsweise grundsätzlich positiv sehen, psychopathologisch unauffällig sind und sozial funktionieren. Vom „sozialen Funktionieren“ kann jedoch nicht auf das tatsächliche Erleben der Spenderkinder geschlossen werden (siehe auch unser Beitrag „Wie gut geht es Spenderkindern wirklich“ sowie die beiden Blogs Son of a Surrogate und The other side of surrogacy)). Von durch Samenvermittlung gezeugten Menschen weiß man, dass die Entstehungsweise – wie auch bei adoptierten Menschen – häufig erst im Erwachsenenalter an Bedeutung gewinnt, wenn sie sich zunehmend von ihrer Herkunftsfamilie emotional lösen. Es gibt Hinweise darauf, dass – nicht nur in Deutschland – erwachsene Spenderkinder Keimzellvermittlung kritischer sehen, als dies von der Reproduktionsmedizin und Wunscheltern gewünscht ist.
Für die entstehenden Kinder ist es verletzend, wenn der
biologische Elternteil sie primär aus finanziellen Interessen bekommen hat, um
sie abzugeben. Das gilt auch für die sogenannte altruistische (also
nicht-kommerzielle) Leihmutterschaft, weil bereits eine Aufwandsentschädigung
einen starken finanziellen Anreiz darstellen kann.
3.4 Gesundheitsgefahren für das Kind
Babys, die mit Eizellen einer anderen als der austragenden Person gezeugt wurden, wie es bei Leihmutterschaft meistens der Fall ist, haben ein erhöhtes Risiko mit einem geringen Gewicht und zu früh zur Welt zu kommen. Das gilt selbst im Vergleich zu Babys, die durch eine In-vitro-Fertilisation gezeugt werden, bei der bereits höhere Gesundheitsrisiken bestehen als bei natürlichen Schwangerschaften. Diese Risiken werden mit Gesundheitsgefahren im späteren Leben verbunden wie Herzkrankheiten und Diabetes.
4. Leihmutterschaft als ethisches Problem
Auch aus einer allgemeineren ethischen Perspektive
beinhaltet Leihmutterschaft eine Vielzahl an ethischen Problemen: Ausbeutung
und Degradierung von Frauen, eine (teilweise sehr weitereichende) Bestimmung
über den Körper der austragenden Person und die Verlagerung der
Gesundheitsgefahren einer Schwangerschaft und Geburt.
4.1 Ausbeutung der das Kind austragenden Personen
Leihmutterschaft
ist wie Kinderarbeit ein Phänomen der Armut.
Die meisten
Personen, die für andere Menschen ein Kind austragen, gehören zu der ärmeren
Bevölkerungsschicht. Die “Dienstleistung” wird daher meistens primär aus
finanzieller Not angeboten – was angesichts der körperlichen Belastungen durch
eine Schwangerschaft und der damit verbundenen Fremdbestimmung nachvollziehbar
ist.
Auch in Industriestaaten wie den USA kommt Leihmutterschaft typischerweise nur für ärmere und weniger gebildete Frauen in Frage. Laut dem Bericht Surrogacy in America stammt die durchschnittliche US-Leihmutter aus der unteren Mittel- oder Unterschicht und besitzt eine niedrige Schulbildung und ein geringes Familieneinkommen. Aufsehen erregte der Bericht „Her Body, My Baby“ der US Lifestylejournalistin Alex Kuczynski aus dem Jahr 2008, in dem sie über den von ihr als Wunschmutter abgeschlossenen Leihmutterschaftsvertrag berichtet und in dem die Macht- und Geschäftverhältnisse zwischen weißer Auftraggeberin und schwarzer Leihmutter insbesondere durch die dazugehörigen Bilder deutlich werden.
Ein
erhebliches Macht- und Informationsgefälle zwischen Wunscheltern und der das
Kind austragenden Person gibt es insbesondere bei Leihmutterschaftstourismus in
Länder wie Indien, Kambodscha, Thailand und Nepal. So weist Eva Maria Bachinger
darauf hin, dass die meisten indischen Leihmütter Analphabetinnen seien und den
von ihnen abgeschlossenen Vertrag daher nicht lesen können. Die Verträge würden
meistens erst im vierten Schwangerschaftsmonat unterzeichnet, wenn die Frauen
nicht mehr zurücktreten könnten und faktisch gezwungen wären, nahezu beliebige
Bedingungen zu akzeptieren. Trete im Verlauf der Schwangerschaft ein Problem
auf, entschieden die Paare oder die Klinik über einen Abbruch.
Hiergegen wird oft vorgebracht, dass daher Leihmutterschaft in den Herkunftsstaaten der Wunscheltern zugelassen werden sollten, wo die Bedingungen reglementiert werden könnten. Das ist aber fraglich. Das Hauptmotiv für Wunscheltern, für reproduktive Maßnahmen ins Ausland zu gehen, sind laut einem Bericht des Europäischen Parlaments die damit verbundenen Kosten. Man geht dahin, wo es am billigsten ist, auch wenn die eigenen Gesetze liberal sind. Dafür sprechen Erfahrungen mit der Eizellvermittlung: Obwohl in UK die Abgabe von Eizellen zugelassen ist, gehen viele Britinnen hierfür nach Spanien, Tschechien und Griechenland aus, weil das Angebot größer ist und weil es günstiger ist.
Medizinisches Fachpersonal und Reproduktionskliniken
behaupten meistens, dass die Leihmütter vor allem altruistisch motiviert seien
und Menschen mit Kinderwunsch helfen wollen. Das sind jedoch typische
Verkaufsargumente, die den beunruhigenden Aspekt der Kommerzialisierung
verdecken sollen. Man möchte den Eindruck vermeiden, dass
man ein Kind kaufen kann. Von dieser Argumentation überzeugt ist aber letztlich
niemand: Würde man der Leihmutter und ihrer Selbstlosigkeit vertrauen, müsste
man keine Verträge mit ihr schließen, die notfalls gerichtlich durchgesetzt
werden können.
Wunscheltern weisen oft darauf hin, dass die Leihmutter ihnen selbst gesagt habe, dass sie sich über ihre Tätigkeit freue und auch nach der Geburt weiterhin Kontakt zu der Familie hat. Was eine Person, die Eizellen oder das von ihr ausgetragene Kind abgibt, zu Wunscheltern und dem medizinischen Fachpersonal sagt, ist aber wohl oft gut überlegt. Die Leihmütter sind auf ein gutes Verhältnis zu den Kunden angewiesen (insbesondere falls sie einen Kontakt zu dem Kind wünschen) bzw. auf eine gute Bewertung gegenüber der Agentur, falls sie weitere Folgeaufträge benötigen. Es ist eine Dienstleistung, bei der die Wunscheltern als Kunden ein gutes Gefühl behalten sollen. In Interviews wird deutlich, dass bei kommerzieller Leihmutterschaft vor allem finanzielle Motive bestehen und die austragenden Personen sehr bewusst Gefühle gegenüber dem Kind verhindern.
Bei der nicht-kommerziellen, oft auch schönfärbend als
„altruistisch“ bezeichneten Leihmutterschaft kann eine Aufwandsentschädigung
zwischen 12.000 und 20.000 Britischen Pfund, wie sie im Vereinigten Königreich
gezahlt wird, einen finanziellen Anreiz darstellen. Ob man hier noch von nicht-kommerzieller
Leihmutterschaft bzw. Altruismus sprechen kann, ist fraglich. Bei rein
unentgeltlicher Leihmutterschaft für nahe stehende Personen sollte außerdem der
erhebliche Druck nicht unterschätzt werden, der bei Leihmutterschaften durch
enge Verwandte auftreten kann. Wenn ein Geschwisterkind, das Kind oder eine
sehr nahestehende Person nur über eine Leihmutterschaft Eltern werden kann, werden
viele es schwierig finden, den Wunsch abzulehnen. Um solchen Druck zu
verhindern, besteht bei Organspenden durch Verwandte die Praxis, dass das
medizinische Fachpersonal anbietet, den Erkrankten mitzuteilen, dass der
Verwandte genetisch nicht passt. Die Bezeichnung als altruistisch passt auch
deshalb nicht, weil das beziehungslose Austragen und die Trennung des Kindes
nach der Geburt vom austragenden Elternteil nicht dem Wohl des Kindes dienen.
In der Regel finden sich nur wenige Personen, die bereit sind, ohne finanzielle Gegenleistung ein Kind für andere Menschen auszutragen. In dem Vereinigten Königreich wurden im Jahr 2020 insgesamt 413 Leihmutterschaften registriert, die Nachfrage übersteigt deutlich das Angebot. In Australien, wo ebenfalls nur nicht-kommerzielle Leihmutterschaft zulässig ist, wird die Zahl der Leihmutterschaften auf etwa 100 pro Jahr geschätzt. Häufig wird deswegen auch in Ländern, in denen nicht-kommerzielle Leihmutterschaft zulässig ist, die Forderung erhoben, auch kommerzielle Leihmutterschaft zuzulassen, weil die Nachfrage höher ist.
Eva Maria Bachinger beschreibt die Mechanismen
folgendermaßen: Die Nachfrage wird größer sein als das Angebot. Die
Nachfrage schafft das Angebot, wenn Geld fließt. Und eins ist sicher: die
größten Profiteure sind die Ärzte und Vermittler.
Manche fordern eine freie Entscheidung von Frauen, als
Leihmutter tätig werden zu können, als Selbstbestimmung von Frauen über ihren
Körper. Die Personen, die solche Meinungen vertreten, sind jedoch meistens
nicht diejenigen, die ihre Eizellen verkaufen oder Kinder für andere austragen
würden. Zumindest kommerzielle Leihmutterschaft ist überwiegend ein Phänomen
von Armut. Wunscheltern nutzen damit eine Notlage aus. Eine Entscheidung aus
materieller Not heraus ist zwar rational, aber nicht frei. Würde man
Leihmüttern die Möglichkeiten eröffnen, sinnvolle, erfüllende Aufgaben
anzunehmen, mit fairen Arbeitsbedingungen und zu akzeptablen Löhnen, würden sie
diese wohl annehmen. Die Realität ist, dass sie diese Möglichkeiten nicht
haben. Diese Tatsache mit Autonomie zu beschönigen, ist unverfroren und
zynisch. Auch bei einer nicht kommerziellen
Leihmutterschaft liegt ein erheblicher Druck auf Menschen nahe, Freunden/Geschwistern/Kindern den Kinderwunsch
zu erfüllen und für sie ein Kind auszutragen.
Hinzu kommt, dass es sich um eine Verpflichtung für
mindestens neun Monate handelt, aus der sich die Person, die das Kind austrägt,
nicht einfach lösen kann, vor allem wenn eine Schwangerschaft erst einmal
besteht. Eine solche Ausbeutung zu verbieten ist auch nicht bevormundend. Aus
gutem Grund ist auch der Verkauf von Organen verboten oder die Entscheidung,
sich versklaven zu lassen.
4.2
Bestimmung über den Körper der austragenden Person und Verlagerung der
Gesundheitsgefahren einer Schwangerschaft
Eine
Frau trägt und gebiert ihr Kind auch heuzutage und trotz Hightech Medizin unter
Einsatz ihres Lebens und ihrer Gesundheit.
Eine
Schwangerschaft ist emotional und physisch herausfordernd, jedoch normalerweise
mit der Vorfreude auf ein Kind verbunden. Für eine andere Person schwanger zu
sein, beinhaltet dagegen, sich für Monate für jemand anderen bereit zu halten
und Einschränkungen im Privatleben, der Gesundheit und der Arbeit hinzunehmen.
Dazu kommt, dass Leihmütter oft eine zusätzlich belastende hormonelle
Stimulation erhalten und mehrere Embryonen eingesetzt bekommen und daher oft
Mehrlingsschwangerschaften austragen.
Leihmütter müssen sich oft vertraglich verpflichten, einen bestimmten Lebenswandel zu führen, sich mit einer Fruchtwasserpunktion einverstanden zu erklären und den Fötus im Fall einer Behinderung abzutreiben. Aus Kalifornien sind Verträge bekannt, nach denen die austragende Person nicht ins Ausland reisen darf, ab der 20. Schwangerschaftswoche auch nicht außerhalb Kaliforniens, keine schweren Gegenstände heben darf (einschließlich ihrer Kinder) und nur nach ärztlicher Genehmigung Geschlechtsverkehr haben darf. Sie muss die Auftraggeber regelmäßig über die Schwangerschaft auf dem Laufenden halten, mailen, anrufen, treffen und Fotos schicken.
Personen, die mit fremden Eizellen schwanger werden, haben ein deutlich höheres Risiko für Schwangerschaftsvergiftung und hohen Blutdruck. Mehrere Leihmütter sind bereits an Schwangerschaftskomplikationen gestorben. Dieses Risiko wird in der Regel nicht thematisiert.
Viele Leihmütter berichten außerdem, dass die Wunscheltern und Agenturen sich nach der Geburt des Kindes nicht mehr um sie gekümmert haben, wenn es Folgekomplikationen gab. Als Russland die Ukraine im Frühjahr 2022 angriff, verhinderten ukrainische Leihmutterschaftsagenturen Medienberichten zufolge mit Drohungen, dass schwangere Leihmütter aus dem Kriegsgebiet flohen oder ließen sich von den flüchtenden Leihmüttern versichern, dass sie zum Geburtstermin zurück in die Ukraine reisen. Leihmütter wurden gezwungen, einen Tag nach der Geburt im Bunker auf eigene Faust nach Hause zu kommen.
5. Öffentlich gewordene problematische
Leihmutterschaftsfälle
Leihmutterschaftsvereinbarungen können zu schwierigen
Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten führen. Es wird immer Fälle
geben, in denen die Wunscheltern sich aus der Vereinbarung lösen möchten, eine
Abtreibung von der Leihmutter verlangen oder die Kinder nach der Geburt nicht
annehmen möchten. Auf der anderen Seite kann es auch Leihmütter geben, die gegenüber
dem Kind eine Bindung entwickeln und es nicht abgeben möchten. Das kann
bedeuten, dass Gerichte komplizierte und sehr emotionale Fälle über die
Herausgabe eines Kindes lösen müssen. Bekannt geworden sind folgende Fälle:
5.1 Leihmutter möchte das Kind nicht abgeben
Ein sehr naheliegender Konflikt ist, dass die Leihmutter das Kind nach der Geburt nicht abgeben möchte. Der erste berühmte Fall dieser Art geschah 1986 im US-Bundesstaat New Jersey und wurde als „Baby M“-Fall bekannt. Das Baby war auch das genetische Kind der Leihmutter, die es wegen der Ähnlichkeiten zu ihren Kindern nach der Geburt nicht abgeben wollte. Das Sorgerecht wurde in erster Instanz den Wunscheltern zugesprochen. Erst der Supreme Court of New Jersey nahm in zweiter Instanz eine Unwirksamkeit der vertraglichen Verpflichtungen an, sprach das Sorgerecht aus Gesichtspunkten des Wohls von Baby M den Wunscheltern zu, weil es zu dem Zeitpunkt bereits eineinhalb Jahre bei diesen gelebt hatte. Seitdem achten Agenturen darauf, fremde Eizellen zu verwenden.
In dem Fall Johnson vs. Calvert im US-Bundesstaat Kalifornien wollte eine Leihmutter im Jahr 1990 das genetisch mit ihr nicht verwandte Kind nach Auseinandersetzungen mit den Wunscheltern ebenfalls nicht abgeben. Alle Instanzen (und letztinstanzlich der Supreme Court of California 1993 entschieden, dass die Wunscheltern als die genetischen Eltern auch die rechtlichen Eltern des Kindes seien, weil sie die Intention zur Elternschaft gehabt hätten. Die Leihmutter sei dagegen nur eine Pflegemutter und Amme.
5. 2 Wunscheltern möchten das Kind nicht annehmen
Regelmäßig gibt es auch Fälle, in denen die Wunscheltern das durch Leihmutterschaft ausgetragene Kind nicht annehmen – meistens weil es behindert ist, zum Teil aber auch ohne Grund. Berühmt geworden ist der Fall „Baby Gammy“ im Jahr 2014, bei dem die australischen Wunscheltern den Jungen Gammy, der einen Herzfehler und das Down-Syndrom hatte, bei der thailändischen Leihmutter ließen und nur seine gesunde Zwillingsschwester nach Australien holten. Aber auch in der Ukraine gibt es mehrere Fälle von Leihmutterschaftskindern, die von den Wunscheltern nicht angenommen wurden.
In Australien wollte ein Paar ein durch Leihmutterschaft geborenes Kind nicht annehmen, weil die Reproduktionsklinik versehentlich den Samen eines fremden Mannes und nicht des Ehemannes verwendet hatte.
5. 3 Wunscheltern verlangen Abtreibung
In fast allen Leihmutterschaftsverträgen wird die Leihmutter verpflichtet, bei einer Schwangerschaft mit mehreren Kindern oder bei Krankheit der Kinder diese auf Verlangen der Wunscheltern abzutreiben. In den USA versuchte ein alleinstehender Wunschvater die Leihmutter zu einer Abtreibung von einem von drei Embryonen zu zwingen, weil er nicht drei Kinder haben wollte. Als sie sich weigerte, drohte er, sie finanziell mit einer Schadensersatzklage wegen einer Vertragserletzung zu ruinieren. In einem anderen Fall brachte eine Leihmutter das erkrankte Kind gegen den Willen der Wunscheltern zur Welt, die ihr 10.000 Dollar für eine Abtreibung zusätzlich anboten und sie verklagten. In einem Fall wollten die Wunscheltern ohne besonderen Grund keine Kinder mehr bekommen
5.4
Zweifel an der Eignung der Wunscheltern
Zum Teil beauftragen Menschen Leihmutterschaften, die vermutlich kein Kind hätten adoptieren dürfen. So war der Wunschvater in dem Baby Gammy Fall wegen Kindesmissbrauchs verurteilt. Gegen einen Wunschvater in den USA ermittelte das FBI wegen sexueller Gewalt gegen Minderjährige und Menschenhandel mit Kindern. Ein alleinstehender Japaner ließ 13 Kinder durch thailändische Leihmütter austragen, um seinen Kinderwunsch zu befriedigen.
6. Kommission zur Zulassung der „altruistischen“ (nicht-kommerziellen)
Leihmutterschaft in Deutschland
Die im Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2021 angekündigte
Kommission, die die Zulassung von „Eizellspende und altruistischer
Leihmutterschaft“ in Deutschland diskutieren soll, wird derzeit erst
eingesetzt. Wir hoffen, dass in dieser Kommission auch Personen vertreten sein
werden, die die Perspektive der betroffenen Kinder vertreten – und nicht nur solche,
die die Interessen von Wunscheltern und
der Reproduktionsindustrie repräsentieren.
Wir sind gespannt, welche Antworten die Kommission zu den
folgenden Fragen finden wird:
- Wie kann sichergestellt werden, dass eine
Leihmutterschaft tatsächlich nicht-kommerziell ist? Wer überprüft das?
- Soll eine Leihmutterschaft nur mit Eizellen und Samen
der Wunscheltern möglich sein oder dürfen auch Eizellen und Samen weiterer
Personen verwendet werden?
- Wenn es eine Aufwandsentschädigung geben soll,
wird die Höhe dann festgelegt? Wie wird sichergestellt, dass die
Aufwandsentschädigung für arme Personen nicht doch einen finanziellen Anreiz
darstellt? Wie wird sichergestellt, dass es keine zusätzlichen Zahlungen oder
anderweitigen Zuwendungen gibt?
- Erfolgt eine Aufwandsentschädigung für den
tatsächlichen Aufwand, d.h. z.B. für den Transfer des Embryos und ggf.
begleitende Hormonstimulation sowie für die eingegangenen Risiken und die
aufgewendete Zeit oder für die Übergabe eines Kindes?
- Soll für Leihmutterschaften geworben werden
können?
- Wie kann sichergestellt werden, dass die
austragende Person die Entscheidung frei trifft und nicht auf Grund von
sozialem Druck?
- Wie kann sichergestellt werden, dass die
austragende Person in ausreichendem Maße über die Gesundheitsgefahren
informiert wird, die mit jeder Schwangerschaft verbunden sind, sowie mit den
zusätzlichen Risiken einer Schwangerschaft mit fremden Eizellen?
- Kann die Person, die das Kind zur Welt gebracht
hat, sich entscheiden, dass sie Elternteil bleiben und das Sorgerecht ausüben
möchte? Wie kann verhindert werden, dass eine eventuelle Pflicht zur Rückzahlung
der Aufwandsentschädigung faktisch Druck ausübt, die Vereinbarung einzuhalten
und das Kind abzugeben?
- Gibt es Mechanismen zur Überprüfung, dass die
Übergabe an die Wunscheltern auch dem Kindeswohl entspricht?
- Kann es verantwortet werden, die geplante
Zeugung eines Kindes zu erlauben und rechtlich abzusichern, das nach der Geburt
absichtlich von seiner ersten, unmittelbaren Bezugsperson getrennt wird?
- Wie wird es gegenüber dem Kind verantwortet,
dass die Leihmutter in den neun Monaten Schwangerschaft keine emotionale
Bindung zu ihm aufbauen soll?
7. Links
Leihmuttterschaft /Eizellenspende aus Sicht des Kindes – Youtube Video von Spenderkinder-Helen, die in den USA entstanden ist.
Son of a Surrogate und The other side of surrogacy (zwei englischsprachige Blogs, in denen mit Leihmutterschaft entstandene Menschen von ihren Erfahrungen berichten)
Verein Stoppt Leihmutterschaft
The Center for Bioethics and Culture Network (CBC)
Das Geschäft mit dem Kinderwunsch – Film von Julia Kaulbars.
#BigFertility: It’s All About The Money
Breeders: A Subclass of Women? (2014)
Google Baby (2009) Dokumentarfilmüber Leihmutterschaft in Indien (Trailer)
Eva Maria
Bachinger, Kind auf Bestellung – Ein Plädoyer für klare Grenzen, Deuticke 2015.
Andreas Bernard, Kinder machen – Samenspender, Leihmütter,
Künstliche Befruchtung. Neue Reproduktionstechnologien und die Ordnung der
Familie. S. Fischer 2014.